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Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Titel: Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shani Boianjiu
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er wieder auf, ging zurück zur Wand und machte das Licht an. Es war ganz still im Zimmer.
    »Wie wär’s, wenn ich dich nur anschaue?«, sagte er. »Eigentlich bin ich sonst nicht –«, und er blieb an der Wand stehen.
    Das Mädchen antwortete nicht. Sie saß einfach auf dem Bett und schaute zu Boden. Ab und zu schaute sie auf, und Tom sah sie eine Ewigkeit lang nur an. Auf gewisse Weise war sie wunderschön, und sie bestand nur aus Augen.
    Das war damals, an Toms Geburtstag.

    Avishag hält sich die Hände vors Gesicht, bekommt aber schon bald kaum noch Luft, weil die Hände vom Hochklettern der Metallleiter zum Wachturm rostig riechen. Es ist Mittag, unter ihrem Helm ist es klitschnass und juckt, aber sie ist zu faul, sich zu bewegen. Außerdem darf sie den Helm beim Wachdienst nicht abnehmen.
    Gali beugt sich aus dem Turm raus und schaut aufs Handy. Avishag würde ihr gern sagen, dass sie bescheuert ist, dass sie beim Wachdienst kein Handy dabei haben dürfen, dass sie erwischt werden könnten. Aber sie lässt es, weil sie weiß, dass keiner sie hier erwischen wird. Im Grunde interessiert es keinen, was sie hier machen.
    Durchs Fernglas sieht Avishag zwei ägyptische Wachleute. Die Mädchen sollen eigentlich alle zehn Minuten durchs Fernglas schauen, aber oft genug greifen sie überhaupt nicht danach, ohne dass es irgendwer merkt. Die Ägypter schauen gerade nicht durch ihre Ferngläser, dadurch fühlt Avishag sich gut und überlegen. Sie glaubt, einer der beiden habe einen Oberlippenbart, aber genau kann sie es nicht erkennen, und der Gedanke daran bringt sie zum Lachen.
    Die Ägypter sind Männer, aber sie müssen überhaupt nichts bei sich tragen. Keine Weste, keine extra Munition, keinen Helm. Nur die leichte braune Uniform und ihr M16. Die haben auf ihren Gewehren nicht mal Vergrößerungsvisiere wie die Mädchen auf ihren M4. Avishag fängt langsam an, den Feind zu hassen, und das überrascht und amüsiert sie. Nicht wegen der drei Kriege und der Toten, nicht wegen der Landminen und Lügen und dem Ganzen, sondern weil sie nicht mal einen dämlichen Helm tragen müssen.
    Galis Finger bewegen sich schnell, tippen und löschen, schicken fast ab, löschen dann doch. Schweiß läuft ihr ins Gesicht, eine Fliege landet auf ihrer Nase, und sie nickt erst und schüttelt dann den Kopf, um den Gedanken, der ihr gerade gekommen ist, zu verscheuchen.
    Aber Avishag bekommt von alldem nichts mit. Sie schaut durch ihr Fernglas, ist mit sich beschäftigt, mit dem Feind und mit dem Oberlippenbart, und damit, dass sie wahrscheinlich gerade durchdreht, es aber irgendwie lustig findet und sie sich insgesamt fühlt wie immer.
    Nur Gali weiß, was wir wissen, weil sie auf ihrem Handy sieht, wie spät es ist. Die Mädchen haben noch genau sieben Stunden Dienst.

    Samir schaut auf Hamodys starke dunkle Hände, als dieser die Mokkakanne und den Aschenbecher vom Boden des Wachturms aufhebt und in den Rucksack packt. Er schaut zu, wie Hamody den Rucksack schwungvoll auf den breiten Rücken wirft, er schaut ihn an, als die beiden die Leiter hinunterklettern, und auch dann, als er leichtfüßig in den Sand springt und dabei kaum in die Knie geht.
    »Unsere vier Stunden sind um!«, sagt Hamody mit einem breiten Lächeln. »Sag mal, Samir, du bist nicht so der große Redner, oder?«
    Samir ist dankbar, dass an diesem Nachmittag außer ihnen nur sechs weitere Soldaten in den Duschen sind. Samir zieht sich noch nicht ganz aus, schaut aber Hamody zu, wie der seine Uniform auszieht. Samir schaut nach unten, und als Hamody die Socken auszieht, sieht er weiße Flusen, die zwischen Hamodys langen Zehen hängen bleiben.
    Erst als Hamody schon unter der Dusche steht, zieht Samir sich langsam aus. Zuerst zieht er das braune Hemd aus, das er vorsichtig zusammen- und auf die Metallbank legt, um ja die nassen Flecken unter den Ärmeln nicht zu berühren. Als er die Hose und auch die Unterhose ausgezogen hat, geht er schnell zur hintersten Dusche auf der linken Seite des Containers und fuchtelt auf seltsame und verwirrende Weise mit den Armen in der Luft herum.
    Er drückt den Hebel nach unten und dreht sich zur Wand, und dann geht er noch näher ran. Vorsichtig, damit es auch keiner sieht.

    »He, Avishag, könntest du für mich einen Blick auf die Ausweise hier werfen?«, fragt Gali.
    Der Transporter war pechschwarz, was seltsam war, und auch größer als die Kleinbusse, die die Mädchen am Grenzübergang normalerweise zu Gesicht bekamen.

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