Das Vortex Fiasko
Wahl.
»Hinein«, sagte der Mann von der Straße zu ihnen. Er blieb ein paar Schritte hinter ihnen und vereitelte damit von vornherein einen jeden Angriff, den sie vielleicht im Sinn haben könnten. Eindeutig ein Profi, wahrscheinlich ein Söldner, und darüber hinaus ein sehr guter mit Kampferfahrung. Von Goss scheute keine Unkosten.
Eine große Holztür öffnete sich vor ihnen, und sie stiegen ein paar zu der Tür führende hohen Stufen hinauf. Bane und Trench gingen weiter, ein halbes Dutzend Mann direkt hinter ihnen, und fanden sich in einer geräumigen Halle wieder, die von einem Herdfeuer erwärmt wurde. Sie roch alt, sauber und ländlich, wies holzgetäfelte Wände und einen Parkettboden auf. Die Halle war ein wahres Meisterwerk eines Innenarchitekten.
Der Mann mit der kalten Stimme ging an ihnen vorbei und öffnete die Tür zu einem ebenso geräumigem Wohnzimmer, das üppig mit Ledermöbeln ausgestattet war, die perfekt mit dem Holz an den Wänden harmonierten.
»Wir werden Sie hier durchsuchen«, sagte er und sah erst Bane, dann Trench in die Augen. »Wenn wir etwas finden, ist hier Endstation für Sie.«
Bane hielt dem Blick des Mannes ein wenig länger stand und musterte ihn noch, als dieser ihn abwandte. Es handelte sich in der Tat um einen Profi, der schon oft – und gut – getötet hatte.
Bane und Trench unterwarfen sich einer gründlichen, gekonnt ausgeführten Durchsuchung, die jedoch nichts ergab. Diese Prozedur beruhigte sie eher, als daß sie ihnen Sorgen bereitete, denn sie reduzierte beträchtlich die Möglichkeit, daß es sich um eine ausgeklügelte Falle handelte, die Chilgers gelegt hatte. Natürlich konnte er das Spiel bis zum bitteren Ende treiben und herauszufinden versuchen, was sie wußten und von ihrem Wissen weitergegeben hatten – und an wen. Doch Bane bezweifelte dies. Ihren letzten Erfahrungen nach zu urteilen entsprach dies nicht dem Stil des Colonels. Es war zu subtil.
Nach der Durchsuchung wurden Bane und Trench zu einer gebohnerten Treppe geleitet, die zum ersten Stockwerk hinaufführte.
»Ich überlasse das Reden Ihnen, Wintermann«, flüsterte Trench, als sie nebeneinander hinaufgingen. »Es ist für unseren Freund von Goss weniger verwirrend, wenn er sich nur mit einem von uns beschäftigen muß. Ich bleibe Ihr stiller Teilhaber.« Sie hatten den Kopf der Treppe erreicht. »Und wachsam.«
Der Söldner führte sie einen schmalen Gang entlang, in dessen Mitte sich eine Tür befand.
»Bitten Sie sie hinein«, wies eine Stimme hinter der Tür an, nachdem der Söldner geklopft hatte.
Der Mann stieß Bane und Trench hinein, folgte ihnen und wollte die Tür schon schließen, als die Stimme aus dem hinteren Teil des Raumes erneut erklang. »Lassen Sie uns allein. Wenn ich Sie brauche, werde ich Sie rufen.«
Der Söldner zuckte die Achseln, musterte Bane ein letztes Mal und ging.
»Ich habe Sie erwartet, Mr. Bane.«
Dr. Otto von Goss trat aus den Schatten. Abgesehen von einer einzelnen Sechzig-Watt-Birne wurde das Zimmer von einem lauten Kaminfeuer erhellt, an dem er gesessen hatte. Es warf ein unheimliches Licht; die Flammen knisterten und tanzten, und ihre Umrisse zeichneten sich auf den Wänden ab.
»Eigentlich«, fuhr von Goss fort, »habe ich schon viel früher mit Ihnen gerechnet.«
Der Professor machte einen Schritt in das trübe Licht, und Bane konnte ihn zum ersten Mal betrachten. Von Goss war groß und ungewöhnlich hager; über seinem schmalen, eckigen Gesicht hatte sich sein Haar zu einigen wenigen ergrauten Strähnen zurückgebildet, von denen eine auf seine Stirn fiel und die Brauen berührte. Er trug eine dicke, stahlumrandete Brille, die den kränklichen, grauen Farbton seiner Haut nur noch betonte. Otto von Goss sah wie ein Sterbender aus, oder zumindest wie ein Mann, der sich mit dem Tod abgefunden hatte, seine Ankunft vielleicht sogar freudig erwartete. Bane schaute zum ersten Mal hinab und sah den schwarzen Handschuh, der die linke Hand des Professors bedeckte. Er ließ sie schlaff hinabbaumeln, fast, als hätte er vergessen, daß sie überhaupt dort war.
Von Goss trat auf Bane zu. »Wir müssen uns über vieles unterhalten«, sagte er und reichte ihm seine gesunde Hand.
»Dann wissen Sie, warum wir gekommen sind«, erwiderte Bane, schüttelte die Hand und stellte fest, daß der Griff des Professors trocken und schwach war.
»Meine Quellen haben mich über Ihre Unternehmungen der letzten Tage informiert, über die Fragen, die Sie gestellt
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