Das Vortex Fiasko
vergewissern, daß ihm niemand ins Ohr flüsterte, und stellte fest, daß er allein dort stand. Die Worte waren in seinem Verstand, kamen direkt aus dem Kopf des Mannes. Er wußte nicht wie, doch soviel wußte er. Er konnte die Gedanken des Mannes lesen und wünschte, er wüßte, warum die Gedanken des Mannes um ihn kreisten. Er sah wieder in die Richtung, in der der Mann stand.
Ich muß das Hauptquartier anrufen. Ich muß das melden, ich muß das sofort melden …
Was melden? fragte sich Davey. Warum folgte der Mann ihm? Was hatte er getan?
Davey hatte Angst. Irgend etwas stimmt hier nicht, und daß der Mann in der Nähe war, machte die Dinge nur noch schlimmer. Er mußte ihn loswerden, mußte aus dem Flughafen heraus. Er dachte daran, davonzulaufen und sein Heil in der Flucht zu suchen. Dann passierte etwas mit ihm. Er fühlte, wie sein gesamter Körper erzitterte, das Gefühl, mit dem eine weiche Feder sein Rückgrat hinaufgezogen wurde, ein Schaudern. Er hielt dem Blick des großen Mannes stand und entfernte sich von dem Wasserspender, ließ ein wenig von sich zurück, und die Augen des Mannes blieben daran haften.
Das war das erste Mal, daß er Das Schaudern empfand.
Davey verließ den Flughafen; dabei kam er sich seltsam, mächtig und ein wenig verängstigt vor. Er wußte nicht genau, was dort geschehen war; er wußte nur, daß beim letzten Mal, als er zurückgeschaut hatte, die Blicke des Mannes noch immer an dem Wasserspender klebten, wo Davey gestanden hatte. Doch er wußte, daß es noch mehr dieser Männer gab, wahrscheinlich sogar sehr viele, und er sich von ihnen fernhalten mußte. Er sprang in das erste Taxi, das er sah, und sagte dem Fahrer, er solle ihn in die Stadt bringen, in die Gegend am Times Square, wo ständig jede Menge Kids herumhingen. Sie würden eine perfekte Tarnung ergeben, sich Den Männern zu entziehen.
Als er sein Ziel erreicht hatte, stand das Taxameter auf 21 Dollar 95, und Davey erinnerte sich mit einem Schaudern daran, daß er nicht einmal halb soviel Geld in der Tasche hatte. Also gab er dem Fahrer zwei Ein-Dollar-Scheine und machte wieder Das Schaudern.
»Behalten Sie den Rest«, sagte er ein wenig zaghaft und wartete auf die Reaktion des Fahrers.
»Danke, mein Junge«, entgegnete der Fahrer und steckte die beiden Scheine in der vollen Überzeugung ein, es wären fünfundzwanzig Dollar.
Das Taxi fuhr davon. Davey ging weiter.
Stach das nicht alles aus?
Er wußte nicht, wie ihm geschah, doch es machte Spaß, und er beklagte sich nicht. Bei Gott, er hatte jede Menge andere Dinge, über die er sich beklagen konnte. Sein Vater war einen Monat, nachdem seine Mutter ihn in einem Überland-Bus nach Manhattan geboren hatte, davongelaufen. Und wie um den Kreislauf zu vollenden, war sie an einem trüben Abend kurz vor seinem fünften Geburtstag in der U-Bahn überfallen und ermordet worden. Er war bei Pflegeeltern ein- und ausgezogen, von denen einige nett, die meisten aber nicht so nett gewesen waren, und zweimal im Jahr war er nach San Diego geflogen, um seine Großeltern zu besuchen, die in einer Altensiedlung wohnten, in der es verboten war, daß Kinder ständig dort lebten. Nicht, daß diese Vorschrift Schuld daran gewesen wäre. Seine Großeltern liebten ihn nicht, zumindest nicht genug. Sie tolerierten seine Besuche als Unterbrechungen ihres lebenslangen Traums von einem bequemen Leben, den sie nun in einem zweigeschossigen gelben Haus inmitten einer Million anderer zweigeschossiger gelber Häuser drei gute Autostunden vom Ozean entfernt verwirklichten. Davey hatte es schon lange aufgegeben zu versuchen, das alte Paar zu überreden, irgendwo anders hinzuziehen und ihn aufzunehmen. Er nahm an, noch von Glück reden zu können, daß sie sich überhaupt erinnerten, wer er war, obwohl er oft bezweifelte, daß es sie überhaupt interessierte.
Also hatte er den Flug 22 bestiegen, um zu seinen neuesten Pflegeeltern zurückzukehren, einem durchaus netten Paar, das drei weitere wie ihn aufgenommen hatte, alle etwa fünfzehn Jahre alt. Die Gesellschaft tat ihr möglichstes, solche Kinder, die keiner adoptieren wollte, unter den Teppich zu kehren, damit das System über sie hinwegtrampeln konnte. Davey hatte es leichter als die meisten. Als er in die Pubertät gekommen war, hatte er sein knabenhaftes gutes Aussehen behalten, das ihn wahrscheinlich zum einzigen Fünfzehnjährigen in der Stadt gemacht hatte, der Schwierigkeiten hatte, sich Filme ansehen zu können, die erst ab
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