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Das Vortex Fiasko

Das Vortex Fiasko

Titel: Das Vortex Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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irreparabler Schaden entstehen, wodurch weitere Raketenabschüsse unmöglich würden. Es kam dabei auf Millimeter und Millisekunden an. Die Männer – und drei Frauen – des Bunkers 17 waren auf absolute Genauigkeit angewiesen. Daher auch die Übungen, die in verschiedenen Variationen und auf verschiedenen Ebenen durchgeführt wurden, gelegentlich bis zu viermal täglich. Abgesehen von ihrem Eigenwert dienten sie dazu, die oftmals einschläfernde Routine im Bunker zu durchbrechen. Das Leben in einem Atomraketensilo war – bestenfalls – ein Wartespiel. Das Personal wurde ebenso häufig gewechselt wie die Mannschaften von U-Booten, auf denen lange Dienstzeiten ähnliche Auswirkungen hatten.
    Auf gesamter Breite der Station stürmten uniformierte Männer an Teare und Heath vorbei.
    »Abschußvorkehrungen beginnen in fünfundvierzig Sekunden …«
    »Also, Cap«, sagte Teare, »machen wir uns auf den Weg in die Disco.«
    Die Disco war Maj. Christian Teares Bezeichnung für die Abschußzentrale, das eigentliche Herz von Bunker 17, von wo aus eine jede oder auch alle Raketen aus ihren Silos geschickt wurden. Teare nannte sie so, weil die zahlreichen aufblitzenden Lampen und verschiedenfarbigen Knöpfe und Konsolen an eine jener Discos erinnerte, von denen fernzuhalten er sich immer bemüht hatte.
    Sie blieben am Eingang der Abschußzentrale stehen, und ein trübblauer Lichtstrahl tastete sie ab. Die Lampe über den stählernen Türen blitzte grün auf, doch der Zugang blieb ihnen verwehrt, bis Teare seinen Kommandoausweis in den richtigen Schlitz geschoben hatte. Im Falle eines tatsächlichen Red-Flag-Alarms würde die Disco innen und außen völlig abgeschirmt sein. Alle Sprechfunkverbindungen würden unterbrochen sein, um elektronische Störversuche, unterschwellige Beeinflussung oder Kontakt mit möglichen Saboteuren oder Spionen zu verhindern; auch sollte die Einsatzleitung sich nicht durch eventuelle Panik der Stationsbesatzung beeinflussen lassen. Selbst Teare würde sich trotz seines Kommandoausweises und aller Vollmachten keinen Zugang oder Funkkontakt verschaffen können. Während einer Übung kam es jedoch hauptsächlich auf die Beobachtung der Besatzung an, so daß eine kleine Abweichung von der Regel geduldet wurde. Im Ernstfall wurden bereits beim Yellow-Flag-Alarm sämtliche Kommunikationsverbindungen mit der Außenwelt unterbrochen und vollautomatisch auf den SAFE (Systems Attack Failsafe Evaluator)-Interzeptor umgeschaltet, ein Computersystem, das dann den gesamten Ablauf bestimmte.
    Dieser Interzeptor stellte eine direkte Kommunikationsverbindung mit NORAD in Colorado und dem Präsidenten in Washington dar. Er hatte den Zweck, zu verhindern, daß jemand, der außerhalb des Systems stand, einen nuklearen Angriff befahl. Dies bewerkstelligte das System, indem es die Code-Sequenzen hundertfach überprüfte, um sich zu vergewissern, daß sie auch echt waren. Es arbeitete im Binär-System mit Codes, die – so unglaublich sich dies anhörte – alle zehn Minuten geändert wurden.
    Über den Schutz gegen einen zufälligen Atomschlag hinaus nahm das SAFE-System alle Unsicherheiten aus den Kommunikationskanälen, indem es den höchstmöglichen Teil des menschlichen Elementes eliminierte. Natürlich würden noch immer Menschen die Raketen abschießen, doch der Befehl, den Red-Flag-Alarm auszulösen, konnte nur über den Interzeptor vom Computer kommen, und sobald er einmal ausgelöst worden war, verlief alles auf der Station vollautomatisch; die Gefahr menschlichen Versagens wurde grundlegend reduziert, da es keine Entscheidungen mehr zu treffen gab. Männer wie Teare waren von Anfang an gegen diese Einrichtung gewesen, doch niemand hatte sie gefragt. Andere Köpfe, die das System für vernünftiger hielten, hatten die Oberhand behalten und die Entscheidung getroffen, daß Amerika sich am besten verteidigen konnte, indem Computer einen größtmöglichen Einfluß erhielten und damit den Faktor ›menschliches Versagen‹ weitgehend ausschalteten. Teare wußte also, daß er zu einer Zeit, da es mehr denn je auf seine Fähigkeit ankam, Entscheidungen zu treffen, machtlos sein würde. Seltsam, welche Gedanken den hohen Befehlsstellen durch den Kopf gingen.
    Der Schlitz schluckte Teares Kommando-Ausweis und spuckte ihn wieder aus. Das schwere Sicherheitsschott glitt auf. Major Teare führte Captain Heath hinein.
    Die Disco war in einem dumpfen Rot erhellt, dem Farbkode für einen bevorstehenden

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