Das Vortex Fiasko
Gestalt verdeckte die letzten Szenen von Casablanca; statt dessen war nun seine Silhouette auf der Leinwand. Bis auf den Filmvorführer war der Raum schon leer.
»Soldat«, wandte Teare sich an ihn, »ich möchte morgen früh eine Mitteilung auf meinem Schreibtisch liegen haben, die den Einsatz von mehr Erstaufführungen verlangt. Diese alten Schwarz-Weiß-Schinken gehen mir allmählich auf die Nerven.«
Der Soldat ließ den Film zurückspulen. »Casablanca ist ein Klassiker, Sir.«
»Aber ich bin nie dort gewesen, und mir gefällt dieser Bursche nicht, der aus dem Mundwinkel spricht, als hätte er Kieselsteine im Mund.«
Der Soldat zuckte die Achseln.
Capt. Jared Heath, Einsatzleiter von Bunker 17, erschien auf der Schwelle des kleinen Kinosaals und salutierte schnell.
»Habe gleich für Sie Zeit, Cap«, sagte Teare zu ihm. »Wie wäre es, wenn wir noch einmal Der Clou vorführen?« fragte er den Filmvorführer.
»Sir, den haben wir in den letzten neun Monaten achtmal gezeigt.«
»Hab' ich mir doch gedacht. Wir sind einen Monat im Hintertreffen.«
»Jawohl, Sir«, stimmte der Filmvorführer zögernd zu.
Teare wandte sich an Captain Heath. »An die Arbeit, Cap.«
Die beiden Männer traten in den hell erleuchteten, aber antiseptischen Gang zwanzig Meter unter dem Erdboden in den Vorgebirgen von Montana. Die aufblitzenden roten Lampen hätten jeden Normalsterblichen bald in den Wahnsinn getrieben. Doch die Männer – und drei Frauen – von Bunker 17 hatten sich an sie gewöhnt.
»Zeigen Sie mir den Einsatzbericht«, forderte Teare.
Heath warf einen Blick auf seinen Aktendeckel. Er war ein athletisch gebauter Schwarzer mittlerer Größe mit einer kurz geschnittenen Afro-Frisur, wirkte neben Teare jedoch wie ein Zwerg. Als Einsatzleiter des Bunkers war er der Stellvertreter des Majors; in seine Verantwortung fiel es, alle Vorkehrungen bezüglich eines Red-Flag-Alarms zu treffen. Einige hohe Tiere hatten die Stirnen gerunzelt, als Heath in gehobener Stellung hierher versetzt worden war – ein ehemaliger Bürgerrechtler und Südstaatler –, sich jedoch bald wieder beruhigt. Heath und Teare hatten sich schnell miteinander angefreundet, was sich auch durch die ständige Einsatzbereitschaft von Bunker 17 bewies.
»Alle Systeme zeigen Grün, Major«, informierte Heath ihn, während sie die breiten, gewundenen Gänge entlangschritten, die direkt dem Raumschiff Enterprise hätten entstammen können. »Ortung, Waffen, Kommunikationsverbindungen, Sicherheitssystem – alles ist in Ordnung.«
»Abschußvorkehrungen beginnen in einer Minute«, dröhnte eine dumpfe, programmierte Stimme über Lautsprecher.
Captain Heath sah auf die Uhr. »Genau im Zeitplan«, informierte er Teare.
Zwanzig Meter über ihnen war überall auf dem Gebiet des Landwirtschaftsgeländes, das als ihre Tarnung diente und Unbefugten den Eintritt in die Basis verwehrte, sechzig Zentimeter dicke Stahltüren zurückgeglitten. Sobald erst einmal Red-Flag-Alarm gegeben war, war der Bunker praktisch hermetisch von der Außenwelt abgeschottet. Selbst alle Luftschleusen waren geschlossen worden, um einer möglichen chemischen Vergiftung durch feindliche Kräfte vorzubeugen. Das Bunkerpersonal bekam nun die Atemluft aus riesigen Tanks, die im Kern des Komplexes untergebracht waren. Dieser Vorrat würde sieben Tage reichen. Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme waren an allen möglichen Fluchtwegen und Ausgängen bewaffnete Wachen postiert worden. Teare hatte sie selbst ausgesucht; es handelte sich ausschließlich um Männer, denen er in die Augen sehen konnte.
»Abschußvorkehrungen beginnen in fünfundfünfzig Sekunden …«
Captain Heath und Maj. Christian Teare schritten an drei Wachen vorbei, die auf ihren Posten salutierten, und betraten dann das erste Silo, um eine Stichprobe zu machen.
»Sprengköpfe geschärft und bereit, Major«, meldete der Sergeant in dem Silo-Raum. »Alle Systeme bereit. Alle Kontrolllampen grün.«
»Abschußvorkehrungen beginnen in fünfzig Sekunden …«
Bunker 17 enthielt insgesamt sechsunddreißig Silos, verteilt auf einen Umkreis von fast einem Kilometer. Sobald die letzten Raketen gestartet waren, würden auch diese mit dreifach geschichtetem Blei und Stahl versiegelt werden, aber weniger aus Sicherheits-, denn aus Schutzgründen. Die Hitze, die bei den Raketenzündungen und -Starts freiwurde, erreichte über eine Million Grad Fahrenheit. Ohne diese Schutzschilde konnte an der eigentlichen Basis ein
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