Das Wagenrennen
sich noch einige Zusammenstöße, und zur Verblüffung der Menge gewinnt Lila Paradies mit einer halben Länge Vorsprung.
Geraune macht sich breit, und der größte Teil davon stammt von mir.
»Wie soll man eine vernünftige Wette platzieren, wenn schon an der ersten Ecke die Räder vom Wagen fallen?«, beschwere ich mich und stehe auf, um den Wagenlenker übel zu beschimpfen, als er auf einer Trage vorbeigetragen wird.
»Orgk-Schätzchen!«, schreie ich. »Wer hat dir eingeredet, dass du Wagen lenken kannst?«
Meine fünfzig Gurans sind mittlerweile auf zweiundzwanzig zusammengeschmolzen. Makri hat erstaunliche einhundert Gurans mit Lila Paradies gewonnen und besitzt jetzt einhundertneunundzwanzig. Ich habe aber selten erlebt, dass ein Buchmacher so ungern hundert Gurans herausrückt.
Der Besitzer von Odem des Drachen taucht an der Rennstrecke auf und beaufsichtigt die Bergung seines zertrümmerten Wagens.
»Komm nur her, dann zerlege ich dich auch!«, schreie ich ihn an.
»Betrügerischer Hurensohn!«, kreischt eine Frau hinter mir und schwingt ihren Bierkrug. Ihre Gefährten müssen sie zurückhalten, damit sie nicht auf die Rennbahn springt und den Wagenbesitzer angreift.
»Die Einwohner von Turai mögen es wohl nicht, wenn sie verlieren«, bemerkt Makri.
»Damit hast du verdammt Recht, das tun wir nicht«, knurre ich.
Ich bin nicht in der Stimmung für Makris philosophische Beobachtungen. Also bahne ich mir den Weg zur Bierbude und kaufe mir etwas zu trinken. Makri bringe ich kein Bier mit. Sie hat gerade hundert Gurans gewonnen. Soll sie sich doch selbst eins kaufen.
»Es gefällt mir hier«, erklärt Makri, als ich zurückkomme. »Auf wen setzt du im nächsten Rennen?«
Die Sonne brennt vom Himmel. Im Stadion ist es jetzt so heiß wie in der orgkischen Hölle, und die Menge wird unruhig. Was wir jetzt dringend brauchen, ist ein beliebter Favorit, der einen klaren Sieg nach Hause fährt, keinen Haufen von albernen Außenseitern, die alle Preise absahnen. Die Frau hinter mir ist besonders gereizt. Ich nicke zustimmend, als sie die Wagenbesitzer beschuldigt, ein abgekartetes Spiel zu treiben und die ehrlichen Wetter um ihr sauer verdientes Geld zu betrügen. Ich glaube, ich kenne sie aus ZwölfSeen, und plaudere mit ihr über die Verlogenheit von Wagenbesitzern, während wir auf das nächste Rennen warten.
Ich bemerke erleichtert, dass Feldherr, einer unserer besten Wagen in Turai, am Start ist. Sicher, die Wetten stehen eins zu eins, und ich werde nicht viel gewinnen, aber wenigstens bin ich dann wieder im Rennen. Feldherr ist eine todsichere Wette. Ich setze zwanzig Gurans auf ihn.
Makri entscheidet sich für Ernsthaftigkeit der Liebe, ein nutzloses Wrack von einem Wagen, das von vier verkrüppelten Pferden mehr recht als schlecht gezogen und von einem Mann gefahren wird, der sein letztes Rennen irgendwann während der Orgk-Kriege gewonnen hat. Es ist auch einer von Magadis’ Wagen und eher ein schlechter Scherz. Die Buchmacher bieten sechzehn zu eins, und selbst bei diesem Einsatz gibt es abgesehen von Makri ein paar, die darauf setzen. Sie behauptet, ihr gefiele der Name, und setzt allein auf den Klang dreißig Gurans.
»Du wirfst dein Geld weg. Ernsthaftigkeit der Liebe könnte nicht einmal ein Rennen gewinnen, wenn alle anderen Wagen von einem Drachen gefressen würden.«
Nachdem Feldherr das Ziel nicht erreicht und Ernsthaftigkeit der Liebe einen ungefährdeten Sieg einrollt, bin ich nicht der Einzige, der auf den Zehenspitzen steht und seine Missbilligung hinausschreit.
»Betrüger! Gauner!«, brüllt die Menge, und das ist längst nicht die rüdeste Beleidigung. Überall werden wütend die Fäuste geschwungen, und Kissen und zerrissene Wettformulare regnen auf die Rennbahn herunter. Die Zivilgarde baut sich vor der aufgebrachten Menge auf. Die Möglichkeit eines Aufstands macht sie sichtlich nervös. Die Unzufriedenheit ist greifbar. Das Stadion ist gerammelt voll mit Wettern, die ihr schwer verdientes Geld den Bach hinunterschwimmen sehen, während ein völlig unwahrscheinlicher Kandidat nach dem anderen bei den Rennen siegt. Es ist nur gut, dass Melis, die Reine, einen so integren Ruf hat. Würden die Menschen sie nicht für vollkommen unbestechlich halten, wäre längst der Verdacht auf zauberische Einmischung laut geworden. Und selbst so werden misstrauische Blicke in Melis’ Richtung geworfen und einige verleumderische Beschuldigungen gegen sie gemurmelt. Natürlich kommen die
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