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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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die ihnen doch verhaßt sein sollten?«
    »Wissen wir denn, ob sie Muslime sind? Wir schlie-
    ßen es aus ihrer Kleidung und der Farbe ihrer Haut, doch wir können uns auch täuschen.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen, Onkel.«

    »Warte einen Augenblick«, sagte er, nahm die Laterne vom Tisch und ging in die Bibliothek.
    Während ich im Dunkeln saß und zuhörte, wie mein Onkel in den wild auf dem Boden verstreuten Büchern herumsuchte, dachte ich an Ourida. Und wie jedesmal in den vergangenen beiden Tagen schlich sich dabei Furcht in mein Herz. Bei unserer ersten Begegnung im Tempel hatten die Ritter sie töten wollen. Wenn wirklich sie hinter der Entführung steckten, konnte Ourida längst tot sein. Andererseits machte mir die Tatsache Hoffnung, daß die Entführer, wenn sie Ourida töten wollten, das gleich an Ort und Stelle hätten tun können. Onkel Jean kehrte zurück, stellte die Laterne wieder auf den Tisch und legte ein schweres Buch daneben, in dem er zu blättern begann. Ich erkannte, daß es sich um eine Geschichte der Kreuzzüge handelte.
    »Ah, ja, das ist die Stelle«, sagte er und setzte seine Brille auf. »Hör zu, Bastien : Zur Vergrößerung ihrer militärischen Stärke und um sich den Gegebenheiten des Heiligen Landes anzupassen, warben die Templer eine leichte Reiterei aus Einheimischen an, Turkopolen genannt, weil jene ganz nach Art der türkischen Reiterei kämpfen sollten. Bedingung war, daß zumindest ein Elternteil eines jeden Turkopolen dem christlichen Glauben angehörte. Vermutlich wurde diese Regelung gelockert, als ein zunehmender Bedarf an Soldaten entstand. Ausrüstung, Bewaffnung und Kleidung der Turkopolen waren sehr nach orientalischer Art gehalten. «
    Er klappte das Buch zu und nahm mit einer schwung-vollen Bewegung die Brille von seiner Nase. »Was sagst du jetzt?«
    »Ich verstehe noch nicht ganz, was …«
    »Aber denk doch mal nach! Wenn die Templer damals schon Muslime anwarben – und nichts anderes meint der Verfasser mit der Lockerung der Regeln –, wieso sollten das nicht auch die heutigen Ritter vom Verlorenen Kreuz tun? In unserem Fall setzen sie sie nicht als Reitertruppe ein, sondern als Spione und Mörder. Die Ritter können sich schlecht unter Menschen bewegen, ohne aufzufallen. Vielleicht sind diese heutigen Turkopolen, wie wir sie mal nennen wollen, Christen oder die Nachfahren von Christen wie damals ihre Vorgänger. Vielleicht sind es aber auch Muslime, die ihren Propheten für Geld oder was auch immer verraten haben. Zumindest können wir nicht ausschließen, daß Kreuzritter sich muslimischer Helfer bedienen!«
    »Wie haben Sie doch neulich zu Maruf ibn Saad gesagt? Der Zweck heiligt die Mittel.« Ich seufzte. »Aber selbst wenn wir davon ausgehen, daß Ourida in der Gewalt der Ritter vom Verlorenen Kreuz ist, wie finden wir sie?«

    »Im Augenblick weiß ich darauf leider keine Antwort, Bastien. Aber ich werde darüber nachdenken, das verspreche ich dir. Für heute allerdings haben wir unsere Köpfe mehr als genug angestrengt. Laß uns schlafen gehen und Kräfte sammeln für das, was vor uns liegt!«
    Ich dankte meinem Onkel für sein geduldiges Zuhö-
    ren und die Unterstützung, die ich von ihm erfuhr. »Ei-ne Bitte habe ich noch.«
    »Ja?«
    »Behalten Sie das, was ich Ihnen heute abend erzählt habe, für sich! Ich käme mir sonst Ourida und Jussuf gegenüber wie ein Verräter vor.«
    »Du hast mein Wort darauf.«
    Bevor ich in mein Zimmer ging, stand ich noch lange an der zerstörten Gartentür und starrte in den Nachthimmel über Kairo, der immer noch von einem Feuer-schein überzogen war. Mit jedem Atemzug nahm ich den Brandgeruch in mich auf – und noch viel mehr: den Geruch von Zerstörung und Tod.

33. KAPITEL
    »Hüte dich vor den Griechen
    und ihren Geschenken!«
    m Verlauf der beiden folgenden Tage normalisierten I sich die Verhältnisse in Kairo bis zu einem gewissen Grad. Der Aufstand war zusammengebrochen, und die französischen Truppen durchkämmten die Stadt auf der Suche nach den Anführern. An allen wichtigen Straßen und Kreuzungen standen Posten, die jeden aufhielten, der auch nur entfernt nach einem Orientalen aussah.
    Sonderkommandos sammelten die über die ganze Stadt verteilten Leichen ein und räumten die vielen Barrikaden beiseite, die ein geregeltes Vorankommen ernsthaft be-hinderten. General Bonaparte zog die Zügel straffer und setzte den Großen Diwan, den er ursprünglich mit der Verwaltung der Stadt beauftragt hatte, ab,

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