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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Unbekannten, dem Fremden. Wer Angst hat, will sich schützen und greift den an, den er fürchtet, selbst wenn er von ihm gar nichts zu befürchten hat. Deshalb sind wir bestrebt, andere Sprachen und andere Sitten zu lernen.
    Unterrichte Rabja, wenn du magst.«
    »Das will ich gern tun, aber vorher möchte ich dir wenigstens ein paar Fragen stellen, Jussuf. Du mußt verstehen, daß ich …«
    Er hob die rechte Hand, ganz kurz nur, aber in der Geste lag etwas Gebieterisches, und ich verschluckte den Rest meines Satzes.
    »Ich verstehe dich, und doch muß ich dir die Bitte abschlagen. Sei mir nicht gram, Musâfir; morgen ist der Tag für deine Fragen, heute braucht Rabja einen Freund.«
    »Dann füge ich mich deinem Wunsch, Jussuf«, seufzte ich.
    »Oder soll ich sagen, deinem Befehl?«
    Er lächelte hintergründig. »Wo einer die Wünsche des anderen achtet, bedarf es keiner Befehle.«
    Damit ließ er Rabja und mich allein und verschwand in seinem Zelt.
    Ich nahm die Kleine bei der Hand und ging mit ihr zu einem großen Stein, auf dem wir beide Platz fanden.
    Eine gewaltige Palme schirmte uns gegen die Nachmit-tagssonne ab. Wind spielte in den Palmwedeln, und auch die Schatten am Boden bewegten sich. Aber da war noch etwas, ein graubraunes Tier, eine Eidechse, die wir wohl aufgescheucht hatten und die sich mit flinken Bewegungen unter den großen Stein zurückzog.
    »Eidechse« war das erste französische Wort, das ich Rabja beibrachte. »Stein«, »Zelt« und einige weitere folgten. Rabja stellte sich durchaus geschickt an, wenn ihre Aussprache auch noch sehr zu wünschen übrigließ, und ich hoffte, daß es nicht nur lehrreiche, sondern auch unbeschwerte Stunden für sie waren.
    Ich selbst mußte immer wieder an den unterirdischen Tempel – die Zuflucht – denken. Vor meinem inneren Auge waren die Räume angefüllt mit grausam zugerich-teten Leichen. Zuweilen, wenn ich Rabja ansah, erschauerte ich, denn mir war, als blickten mich mit den Augen des Mädchens die vielen Toten an.

17. KAPITEL
    Die Abnaa Al Salieb
    ie Bilder der Toten im Wüstentempel verfolgten D mich bis in den Schlaf; im Traum hörte ich sogar ihre Schreie. Oder waren es die Todeslaute der tapferen Husaren, die im Kampf gegen die Kreuzritter gefallen waren? Mein Traum warf die Laute, die Bilder, die Orte wild durcheinander, aber immer spielte der Tod eine Rolle. Als ich erwachte, fühlte ich mich beklom-men und niedergeschlagen. Eine düstere Ahnung ergriff mich: Das Sterben hatte noch lange kein Ende gefunden!
    Zum Frühstück brachte Muna mir einen frischen, noch warmen Brotfladen und eine Schale mit einem süßlich schmeckenden Brei. Dazu trank ich Ziegen-milch, die ebenfalls noch warm war. Ich war hungrig und ließ es mir schmecken. Während ich herzhaft kaute, fiel mein Blick auf einen Kleiderstapel neben meinem Lager, der gestern abend noch nicht dagele-gen hatte. Zweifellos waren die Kleider für mich bestimmt, und dafür war ich angesichts des erbar-mungswürdigen Zustands meiner eigenen Garderobe dankbar.
    Ich wusch mich und zog die Sachen an, die mich, jedenfalls äußerlich, in einen Beduinen verwandelten: weiße Baumwollhosen, ein langes, ebenfalls weißes Hemd und ein hell-dunkel gestreiftes Obergewand.

    Dann entdeckte ich noch ein helles Tuch, das ich nach Beduinenart zum Schutz gegen die Sonne über den Kopf legte und mit Bändern aus Kamelhaar befestigte.
    Kaum war ich fertig, trat Jussuf ein und wünschte mir einen guten Tag. »Fühlst du dich kräftig genug für einen Gang durch unser Lager, Musâfir? Dabei können wir uns unterhalten. Ich habe nicht vergessen, daß viele Fragen in dir brennen.«
    Nur zu gern schloß ich mich ihm an. Vor dem Zelt stellte ich mit Erstaunen fest, daß die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Obwohl unruhig, war mein Schlaf doch von langer Dauer gewesen.
    Jussuf erriet meine Gedanken. »Du mußt dich für dein spätes Erwachen nicht schämen. Lange zu schlafen tut dir gut, denn es läßt dich wieder zu Kräften kommen. Deshalb gibt der Hakim dir auch diesen Trank.«
    »Welchen Trank?«
    »Den er dir selbst verabreicht hat. Du hast ihn auch schon vorher eingeflößt bekommen, und Muna mischt abends etwas davon in dein Essen. Er fördert den Schlaf, beflügelt allerdings auch die Träume. Die deinen scheinen vergangene Nacht sehr wild gewesen zu sein.«
    »Ich habe vom Tod geträumt«, erwiderte ich und er-zählte von dem, was mich im Traum heimgesucht hatte. »Du bist kein Mann des Krieges, auch wenn

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