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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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wenn uns das gelänge, was wäre damit gewonnen? Es bestünde erneut die Gefahr, daß das Wahre Kreuz den Ungläubigen in die Hände fällt.«
    Ich stimmte ihm zu und fragte: »Was schlägst du vor, Gilbert?«
    Er zog seinen Dolch und zeichnete mit der Spitze eine grobe Karte des Landes in den Sand. Ein länglicher Ring stellte den See Genezareth dar, an dessen Westufer er ein dickes Kreuz malte: Tiberias. Noch ein Stück weiter westlich ritzte die Dolchspitze ein zweites Kreuz in den Sand.
    »Hier ungefähr befinden wir uns«, sagte er. »Zwischen uns und Tiberias sind jede Menge sarazenischer Truppen unterwegs, wie wir in den vergangenen zwei Tagen gemerkt haben.«
    Er zog eine lange, fast gerade Linie nach Süden, bis hin zu einem großen, länglichen Gebilde: der Fluß Jordan und das Tote Meer. Ein Stück westlich der Stelle, wo der Jordan ins Tote Meer floß, entstand ein drittes Kreuz: Jerusalem.
    »Wir sollten uns strikt südwärts halten, bis der See Genezareth hinter uns liegt«, fuhr Gilbert fort. »Dann könnten wir versuchen, den Jordan zu erreichen und uns am Fluß ein Boot besorgen, das uns mit etwas Glück bis zum Toten Meer bringt, bis nach Jerusalem.«
    Udaut verdrehte schwärmerisch die Augen. »Beim Jordan denke ich an Wasser, an viel Wasser. Ich bin für deinen Vorschlag, Bruder!«
    Wir alle waren dafür, und beseelt von neuem Mut brachen wir auf.
    Wir durchzogen ein karges Gebiet, das von wellen-förmigen Erhebungen durchzogen und nur spärlich bewachsen war. Nach einer Wasserstelle hielten wir vergebens Ausschau. In der Mittagszeit errichteten wir aus unseren Waffen und Decken ein behelfsmäßiges Zelt, das uns ein wenig Schutz vor der größten Hitze gewährte.

    Als wir das Zelt am Nachmittag abbrachen und ich meine Decke hinter dem Sattel verstaute, hörte ich plötzlich einen Schmerzensschrei. Alarmiert fuhr ich herum und sah Ludwig von Kirchheim rückwärts taumeln und mit der rechten Hand seinen linken Arm halten.
    »Eine Schlange!« Er blickte mit weit aufgerissenen Augen auf den Boden. »Sie hat mich gebissen!«
    Ich war als erster bei ihm und sah eine rötlich-braun gefleckte Schlange mit einer spitzen Erhebung vorn am Kopf, die sich seitlich von dem Johanniter fortbewegte, indem sie in einem schnellen Rhythmus abwechselnd ein Stück des vorderen Leibes und den Schwanz anhob und wieder absetzte. Dieses zügige, fremdartige Da-hingleiten erhöhte noch meinen Abscheu vor dem Tier, das Ludwig offenbar versehentlich in seiner Mittagsru-he gestört hatte. Die Waffe, die ich am schnellsten zur Hand hatte, war die Streitaxt mit dem Wahren Kreuz.
    Diesmal zögerte ich nicht, sie zu gebrauchen. Mit zwei flinken Sprüngen holte ich die Schlange ein. Ein Schlag mit der Axt, und ihr Kopf flog im hohen Bogen durch die Luft. Der Schlangenleib bewegte sich noch ein Stück weiter, bevor er vor einem spitzen Felsen liegenblieb.
    »Recht so, Roland!« rief Udaut. »So hätte Adam schon mit der Schlange im Paradies verfahren sollen!«
    »Vielleicht hatte er keine Streitaxt«, sagte ich und betrachtete den Schlangenkopf mit der leicht gebogenen Zuspitzung. »Eine Hornviper, ein sehr giftiges Untier!«
    »Aber nicht immer verteilt sie ihr Gift«, sagte einer der Johanniter, Antoine de Barrault, der durch seine feingeschnittenen, fast weiblichen Gesichtszüge auffiel.
    »Wenn die Hornviper aufgeschreckt wird und sich verteidigt, beißt sie manchmal nur zu, ohne das Blut des Gebissenen mit ihrem Gift zu verseuchen. Vielleicht hat Bruder Ludwig Glück gehabt.«
    Es stellte sich heraus, daß Ludwig von Kirchheim kein Glück gehabt hatte. Die Schlange hatte ihn in den Arm gebissen, in der Nähe des Ellbogens, und schon bald zeigte sich eine starke Rötung und Schwellung, die auf eine Vergiftung hindeutete. Die Wunde schmerzte und blutete heftig. De Barrault, der sich von uns am besten mit Schlangenbissen auskannte, nahm eine der Kordeln, die seine Gewänder zusammenhielten, und band damit den verletzten Arm unterhalb der Schulter ab, damit das Gift nicht zum Herzen vordrang.
    Ich ging derweil zum nächsten Gebüsch und suchte ein paar besonders kräftige Äste, die ich abschnitt, um daraus eine Schiene für von Kirchheims Arm anzuferti-gen. Je ruhiger der Arm lag, desto besser, erklärte de Barrault.
    Simon de Lacey, ein sehr kräftiger Mann mit einem runden, fleischigen Gesicht, verfolgte unsere Bemühungen eher skeptisch. »Sollten wir die Wunde nicht aus-saugen, damit das Gift herauskommt?«
    De Barrault

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