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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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böse, so etwas zu tun. Ich sah mich selbst in Sicherheit und dachte über euch nicht mehr nach, über keinen von euch. Wie eitel und schlecht von mir, euch mit so wenig Schutz auf diesen Weg zu geleiten …«
    Wir beruhigten ihn, trösteten ihn, aber mir war bange. Natürlich, sie verfolgten Windlow, aber meines Erachtens drohte ihm nur, daß man ihn in seinen Garten zu seinen Vögeln zurückbrachte. Und mir? Gut, irgend jemand suchte mich wegen irgend etwas, aber ich konnte mir nicht vorstellen, einen anderen derartig gekränkt zu haben, daß ich deshalb ernsthaft in Gefahr schwebte. Bei Seidenhand lagen die Dinge anders. Ihr mochte ein schreckliches Schicksal drohen, denunziert von einer neidischen Schwester, von ihr und dem Bruder jemandem gegenüber des Verrats bezichtigt, der auf ein bloßes Wort hin töten und seinen Irrtum erst später bedauern würde. Windlow hatte recht gehabt. Der Hochkönig war ein karger, harter Mann, der zuerst seinen Ängsten glauben würde. Ich wollte nicht, daß ihm Seidenhand in die Hände fiele.
    Windlow riß sich zusammen, und wir begannen Pläne zu schmieden, Pläne, die möglicherweise nur wenig Aussicht auf Erfolg hatten. Doch es war besser, als nichts zu tun und hilflos in feindliche Fänge zu geraten. Es wurde beschlossen, daß wir uns trennen und jedes Pferd einen eigenen Weg durch die verwinkelten Schluchten nehmen sollte. Während wir ritten, wollten wir uns auf ein einfaches Springerspiel konzentrieren. Es war ein Spiel, das Kinder spielten und das wir alle kannten, gespielt mit zwei Waffenträgern auf einem sonst leeren Brett. Wenn wir unsere Gedanken von anderen Dingen oder von Angst freihielten, konnte der Dämon, der uns folgte, uns nicht auseinanderhalten. Wir würden ihm alle gleich erscheinen, und vielleicht würden sich die Verfolger auch trennen oder einen Weg wählen und die anderen nicht beachten.
    Am Mittag dann – denn es war nicht einfach, sich lange Zeit nur auf diese Gedanken zu konzentrieren – wollten wir uns ganz still an einen der Berghänge setzen, wo immer wir uns auch gerade befanden, und eines der Blätter kauen, die Windlow uns gab, um ›eins zu werden mit Wind und Blatt‹. Ich hatte kein großes Vertrauen, daß ich das zustande bringen würde, aber Windlow meinte, das Kraut würde es schaffen, wenn wir nicht dagegen ankämpften. »Laßt einfach los«, sagte er. »Laßt alles um euch herum gehen. Dann werden eure Verfolger euch verlieren und vorbeireiten.«
    Wenn uns das gelänge, bestünde die Aussicht, daß die Verfolger vorbeireiten und wir uns hinter ihnen verbergen würden, durch massive Bergwände vor ihrer Suche geschützt. So lautete unser hastig entworfener Plan, der mehr von Glück und Entschlossenheit abhing als von Können, denn wir besaßen keine Übung in dieser Art tiefer Meditation, die Häscher so dicht auf unseren Fersen.
    »Schlecht vorbereitet oder nicht, wir müssen weiter«, sagte Windlow. »Noch einen Tag länger, und wir hätten überhaupt keine Fluchtmöglichkeit mehr gehabt. Wir müssen weiter.« So wandten sich Yarrel und Windlow nach links, dem weitesten und bequemsten Weg zu. Chance und Seidenhand nahmen den von hohen Steilwänden begrenzten schmalen Weg nach Westen. Ich ritt ostwärts. Wenn die Karten nicht logen, mußten alle diese Wege in das Lange Tal führen und wir uns dort wiedertreffen – falls wir uns überhaupt trafen. Als wir auseinandergingen, war ich mir darüber nicht sehr sicher, und Yarrels ziemlich mitleidiger Blick, den er mir über die Schulter zuwarf, vergrößerte meine Zuversicht nicht.
     
    Mein Weg führte mich zwischen felsigen Hügeln an Kolonien pfeifender Erdmännchen vorbei, die mein Vorüberreiten mit Alarmrufen begleiteten. Ich schenkte ihnen keine Beachtung, sondern war völlig mit dem Waffenträgerspiel beschäftigt, wobei ich versuchte, mir Sprung für Sprung die Felder zu merken, auf die bereits gezogen worden war. Nur ab und zu mußte ich diese Gedanken unterbrechen, um das Pferd daran zu erinnern, daß es weiterlaufen sollte. Ein oder zweimal schaute ich zum Himmel hinauf, um den Stand der Sonne festzustellen. Ich ging tatsächlich völlig in dem Spiel auf und war weitaus besser imstande, mich nur darauf und auf sonst nichts anderes zu konzentrieren, als ich es je für möglich gehalten hatte.
    Und so passierte mir etwas Dummes. Erst später verstand ich, was geschehen war. Ich befand mich in einer sehr verwinkelten Schlucht. Kurz vor Mittag sah ich die Sonne aus dem rechten

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