Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug
Zeit darauf kamen sie herbei, drei an der Zahl, geführt von Yarrel sowie von einem Leittier.
»Es liefen nur diese drei frei herum«, sagte er. »Ich hatte Angst, im Burghof, wo die übrigen Pferde im Stall stehen, entdeckt zu werden. Diese hier sind mir brav wie Lämmer und ohne viel Aufsehen gefolgt, aber es bedeutet, daß je zwei von uns auf einem Pferd reiten müssen. Chance, du und Seidenhand nehmt den Rotbraunen, er ist ausgesprochen stämmig. Ich reite mit Windlow auf dem Grauen. Peter, für dich bleibt der Schimmel übrig. Du bist der leichteste von uns, und es ist ein kleines Pferd. Ich würde mich nicht wundern, wenn es Onagerblut in sich trüge. Wie dem auch sei – zu zweit zu reiten, geht immer noch schneller, als einzeln zu laufen.«
Wir stimmten ihm zu, sattelten die Tiere und führten sie durch die Bäume hindurch, so lautlos wie Eulenschatten. Erst als wir an den Wegrain kamen, der die Grenze zwischen Turm und Wald markierte, saßen wir auf. Im gleichen Augenblick hörten wir einen laut schmetternden Ton wie von einer bronzenen Trompete, der aber nur einmal ertönte und dann vom Wind davongetragen wurde. Wir warteten lange Zeit in ängstlichem Schweigen ab, ob er sich wiederholte. Schließlich ritten wir fort in dem Glauben, daß unser Aufbruch unbemerkt geblieben sei, und überließen es Yarrel, unseren Weg durch die Wildnis zu finden – den langen Weg nach Norden zum See Yost und der Leuchtenden Domäne.
Wir wären schneller geritten, wenn wir etwas von dem Aufruhr hinter uns gewußt hätten. Ein Reiterzug war von der Hohen Domäne gekommen, mit Dazzle, Borold und dem Pfandleiher, dem ich bereits zweimal entkommen war, und einem Dämon von beträchtlicher Macht. Die Trompete hatte Wächter von den umliegenden Hügeln herbeigerufen. Wir wurden lange Zeit, bevor wir es merkten, bereits verfolgt, und so ritten wir durch Mondlicht und Schatten die dunklen Nachtstunden hindurch, geleitet von den Anhaltspunkten, die Yarrel auf dem abschüssigen Weg erkennen konnte, orientierten uns am Flußlauf und warteten auf das Tageslicht, um irgendeine Wegmarke zu finden, die uns auf den richtigen Weg bringen würde.
Vor unserem Aufbruch aus dem Turm hatte Chance noch einmal über den Karten gebrütet, und so konnte er Yarrel einige Hinweise geben – wo Norden lag, wo sich die Bergketten und Täler befanden. Jeder von uns wußte, daß Chances Mühe vielleicht umsonst gewesen war. Die Karten konnten richtig oder falsch sein, so wahr, wie die Fähigkeiten eines Menschen sie nur irgend machen konnten, so falsch, wie seine Bedürfnisse sie zu zeichnen, es erforderten. Niemand, der Karten kaufte, konnte wissen, welches Spiel der Kartenmacher spielte.
Der Dämon hinter uns konnte uns weder sehen noch berühren, und deshalb konnte er unsere Gedanken nicht aus der Landschaft herausfiltern. Er konnte bloß ein grobmaschiges Netz auswerfen, um herumwandernde Impulse aufzufangen, Zeichen von Angst vielleicht oder irgendeinen Gedanken, den sich ein Verfolgter über seinen Verfolger machte, um daraus die Richtung zu erkennen, in der er weitersuchen mußte. Obwohl wir es nicht wußten, konnte er uns eine Zeitlang nicht finden, weil wir hinter einer felsigen Hügelkette verschwunden waren und uns dadurch außerhalb seiner Reichweite befanden. Am Fuß des ersten langen Abhanges angekommen, gerieten wir in ein Labyrinth kleiner Schluchten, das sich wie ein verdrehtes Seil immer weiter abwärts wand, zwischen ausgespülten hohen Felswänden hindurch. Auf diesem kurvenreichen Pfad waren wir doppelt geschützt. Der Dämon mußte seinen Weg verlassen und den höchsten Berg im Westen erklimmen, um uns zu LESEN. Doch nachdem er dies getan hatte, war es für ihn ein Kinderspiel, uns zu finden. Von diesem Zeitpunkt an waren die Verfolger doppelt so schnell wie wir.
Der Morgen kam. Wir rasteten, um das bißchen Proviant zu essen, das wir mitgenommen hatten, und als Yarrel den alten Mann auf die Erde legte, öffneten sich seine Augen in überraschter Alarmbereitschaft. »Ich sehe etwas«, sagte er. »Sie sind hinter uns her. Wir werden verfolgt.« In seiner Stimme schwang beinahe Panik mit.
Seidenhand schüttelte ihn vorsichtig und berührte sein Gesicht. »Habt Ihr unsere Ankunft in der Leuchtenden Domäne GESEHEN? Habt Ihr uns zusammen mit Himaggery GESEHEN?«
Er nickte, immer noch überrascht und irgendwie beschämt. »Ich habe mich selbst dort gesehen, meine Liebe. So vermutete ich … Oh, wie falsch, etwas zu vermuten. Wie
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