Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
wie sie es stets taten, und er auf der Suche nach Visionen ein langes Schweigen entstehen ließ. Schließlich öffnete er die Augen und erzählte, was er herausbekommen hatte.
    An einem dieser Tage sagte er: »Peter ist nicht in unmittelbarer Gefahr, Himaggery. Allerdings ist er sehr verzweifelt und einsam. Er hat alle Hoffnung aufgegeben.«
    Seidenhand, die sich ebenfalls im Zimmer aufhielt, sagte sofort: »Wir müssen zu ihm. Sofort. Ihr übrigen könnt derweil überlegen, was ihr weiter unternehmen wollt …« Himaggery protestierte, wurde aber von dem alten Mann unterbrochen.
    »Nein. Verbiete es ihr nicht, Himaggery. Vielleicht ist das gar kein schlechter Plan. Heiler werden im allgemeinen respektiert, sind fast immer sicher. Sie könnte mit Yarrel und Chance gehen – eine Heilerin mit zwei Dienern. Könnt Ihr so tun, als wärt Ihr Diener?« Die Frage war an Yarrel gerichtet, dessen Stolz er kannte.
    »Ich kann nicht so tun«, erwiderte Yarrel. »Ich kann es sein.« Und er verbeugte sich vor Seidenhand, als ob er ihr Reitknecht wäre. »Wenn Seidenhand ihre Rolle ebenfalls lernt …«
    »Auf jeden Fall«, gelobte sie.
    Also machten sich die drei nach Bannerwell auf, nicht über die hohen Pässe des Hidamangebirges, über die ich gekommen war, sondern am westlichen Ufer des Mittelflusses entlang, vorbei an den Vorgebirgen und geradewegs in das Tal des Flusses Banner. Bevor sie aufbrachen, nahm Himaggery Yarrel beiseite und erzählte ihm von einigen Visionen, die Windlow in letzter Zeit gehabt hatte.
    »Es wird bald keine Große Domäne mehr geben, mein Junge. Ein großes Spiel … Seidenhand darf davon nichts erfahren, denn man wird sie in Bannerwell LESEN. Chance und dich werden sie in Ruhe lassen, weil sie annehmen, daß ihr von solchen Dingen keine Ahnung habt. Aber es ist wichtig, daß du Bescheid weißt, damit du rechtzeitig Schritte unternehmen kannst …«
    Während die drei die Leuchtende Domäne verließen, schmiedete Himaggery weiter Pläne. Mertyn war auf dem Schiff unterwegs, Mandor wütete, ich hockte in meinem steinernen Gefängnis, träumte mich woanders hin oder hoffte auf den Tod. Alle von uns dachten an mich. Keiner dachte an Dazzle.
    Diese jedoch kehrte von ihrem Auftrag zurück, und die Entdeckung, daß Seidenhand in der Zwischenzeit dagewesen und wieder abgereist war, versetzte sie in ungeheure Wut. Sie platzte fast vor Ingrimm und Rachegedanken gegen alle, die sie verdächtigte, ihr Unrecht getan zu haben, und Borold lieh ihren Phantastereien ein offenes Ohr. Nachts, in einer stillen Stunde, brachen die beiden auf, Seidenhand zu verfolgen. Vielleicht hegten sie Mordgedanken. Vielleicht fürchtete sich Dazzle vor Himaggerys Reaktion, wenn sie Seidenhand in aller Öffentlichkeit verletzte, und plante nun eine indirekte Rache. Niemand wußte, was in ihrem Kopf vorging, außer daß sie Seidenhand gegenüber nichts Gutes im Schilde führte.
     
    Die Zeit verstrich. Ich wußte von alldem nichts. Ich kannte nichts anderes als fortdauernde Verzweiflung und Leid.
    Eines Tages aber saß ich auf der Pritsche in der Zelle, wo man mich angekettet hatte, die Zelle dämmrig und voll Schatten durch die Fackel, die rauchend im Gang vor der Gittertür brannte. Draußen stand der Wächter, halb am Einnicken, aber immer wieder hochschreckend, und es war still wie der Mond, als ich plötzlich aus dem Augenwinkel eine flackernde Bewegung wahrzunehmen glaubte. Da ich von Stein umgeben war, konnte sich nichts bewegt haben, und ich drehte verwundert den Kopf zur Seite. Ein Portierer hob sich für einen Augenblick vor dem Fels ab. Er warf mir einen scharfen Blick zu und verschwand. Ich dachte, meine Phantasie hätte mir einen Streich gespielt, und ich hätte mir die schlanke Form in der enganliegenden waschledernen Tracht mit der heruntergezogenen Kapuze, diese fast nackt wirkende Silhouette, nur eingebildet. Doch wie konnte ich mir diesen hastigen, verstohlenen Blick einbilden? Die Angelegenheit klärte sich sofort auf, denn der Wächter stieß einen lauten Schrei aus und rannte in die Halle davon. Er hatte es auch gesehen.
    Huld und Mandor erschienen, Huld mit schweren Stiefeln durch meine Gedanken trampelnd, in meinem Geist schürfend und kratzend bei dem Versuch, etwas zu finden, wo nichts mehr vorhanden war; Mandor wütend und schimpfend, sein grauenerregendes Gesicht durch die Wut noch scheußlicher verzerrt. Ich würgte, schwieg und ließ die beiden gewähren. Was hätte ich sonst tun können? Jedesmal wenn

Weitere Kostenlose Bücher