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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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ein fürchterliches Gemetzel werden. Dem wir vielleicht alle zum Opfer fallen. Das kann doch nicht richtig sein. Es muß doch etwas Besseres geben.«
    »Gerechtigkeit«, sagte Yarrel. »Himaggery sagte, wir sollten es damit versuchen.«
    »Das Wort kenne ich nicht«, erwiderte ich. Tatsächlich, ich hatte es noch nie im Leben gehört.
    »Wenige kennen es«, sagte Yarrel. »Es heißt einfach, daß die Regeln nicht mehr zählen, daß das Spiel nicht soviel bedeutet wie das, was über dem Spiel und den Regeln steht.« Er erzählte, was Himaggery gesagt hatte, was er selbst darüber dachte und wie er es sich auf dem Weg zur Großen Domäne in seinen Träumen ausgemalt hatte, vielleicht schon auf dem ganzen Weg seit seiner Geburt ausgemalt hatte, und seine Erzählung wurde immer leidenschaftlicher. Ich verstand nur ein Bruchteil dessen, was er sagte. Doch dieser Bruchteil genügte, um mich auf einen wichtigen Gedanken zu bringen. Wie wichtig, wußte ich in dem Moment selbst noch gar nicht.
    »Yarrel, wenn du das alles glaubst, warum versuchen wir dann nicht, das Spiel … aufzuhalten?«
    »Klar«, höhnte er. »Bitte Mandor, dich und Seidenhand laufen zu lassen. Bitte ihn, euch beide zu Himaggery gehen zu lassen und mit seinen üblen Plänen gegen den Zauberer aufzuhören. Bitte den Hochkönig. Windlow in Ruhe zu lassen. Bitte Dazzle, mit ihren Intrigen gegen Seidenhand aufzuhören. Bitte die Welt, sich zu ändern. Bitte darum, daß man meinen Leuten Gerechtigkeit widerfahren läßt. Los, auf!« Seine Stimme klang verbittert.
    »Es gibt welche, die müßten nicht bitten«, verteidigte ich mich. »Die Unveränderlichen, Yarrel. Sie müßten nicht bitten. Wenn sie hier wären, gäbe es kein Spiel.«
    Eine Zeitlang blieb es still. »Warum sollten sie kommen?« fragte er dann.
    »Vielleicht wegen dieser Gerechtigkeit, von der du gesprochen hast. Vielleicht weil die Tochter ihres Führers von Mandor, Huld und dem Pfandleiher umgebracht wurde. Die Mörder befinden sich hier. Vielleicht weil wir sie darum bitten. Ich weiß nicht, warum sie kommen sollten, aber ich weiß, daß sie es nicht tun werden, wenn niemand sie danach fragt, sie darum bittet …«
    »Und wie sollen wir, die wir hier gefangensitzen, sie bitten?«
    Dafür hatte ich bereits eine Lösung ausgedacht. »Ich habe eine Idee«, sagte ich und erzählte sie ihnen. Chance hatte verschiedene Einwände und Yarrel ein oder zwei Vorschläge. Als wir das Frühstück beendet hatten, zu dem wir länger gebraucht hatten als alle um uns herum, war unser Plan fertig und mein Herz ein bißchen leichter. Yarrel hatte mich einmal ohne Feindschaft angeblickt, beinahe wie früher. Die beiden marschierten zu den Ställen hinüber und ich zu meinem Aufseher, dem Gärtner, der vor Wut schäumte, weil ich nicht bereits vor der Morgendämmerung erschienen war. Swallow gaffte ihn mit einfältigem Grinsen an und ließ die zornigen Worte an sich abgleiten. Im nächsten Augenblick umfaßten seine Hände wieder den Griff des Schubkarrens, und er war auf dem Weg zum Misthaufen.
    Als er losmarschierte, die zweite Tagesfuhre Mist zu holen, gab ihm Chance von der Stalltür her ein Zeichen, und Peter erschien an der Oberfläche. Ich ließ den Schubkarren neben dem Abtritt stehen, damit es so aussah, als befände ich mich darinnen, und schlich zu den Zwingern. Einer der weiblichen Fustigare döste dicht am Zaun in der Sonne, und ich legte meine Hände auf sie, so lange, bis sie sich knurrend erhob. Diese Zeitspanne reichte. Daraufhin schlich ich mich zur Rückseite der Zwinger und sprang mit einem Satz über den Zaun, in der Gestalt eines Fustigars. Ich öffnete die Zwingertüren (was selbst mit Pfoten einfach war, wenn man nur den nötigen Verstand dazu besaß) und rannte wie ein Jäger auf der Jagd nach Bunwits zwischen den dösenden großen Tieren herum. Ich geriet völlig außer Rand und Band. Schaum quoll mir aus dem Maul, mein Grollen war ohrenbetäubend, als ich nach Flanken schnappte, heulte, biß und die Tiere zuerst in Panik versetzte und dann zu einer wilden Flucht durch die offenstehenden Zwingertüren trieb. Aus den Ställen drang das hohe schrille Wiehern von Pferden, die gleichermaßen in Angst und Schrecken versetzt wurden, und ich wußte, daß Chance und Yarrel dabei waren, die Pferde in eine ebenso halsbrecherische Panik hineinzutreiben wie ich die Fustigare. Diese fegten bereits wie eine heulende Meute über den Burghof, ich, immer noch nach Hinterläufen schnappend, zwischen

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