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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Großen Spiel, das um Bannerwell vorbereitet wurde. Die Öfen im Burghof waren glühendrot, ihre Öffnungen klafften wie monströse Münder, bereit, die Bewohner von Bannerwell zu fressen. Heizer, die sich schwarz vor den Flammen abhoben, arbeiteten neben den Öfen. Mehr als einmal sah ich Gestaltwandler im Schlachtgetümmel aufblitzen und wieder verschwinden, Portierer vor und hinter den Reihen der Waffenträger auf den Zinnen, sah Feuer vom Himmel herabregnen, einen Himmel voller Drachen, Feuerdrachen und gigantischen Formen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Und drüben, weit entfernt am Rande meines Gesichtsfeldes, am Waldrand, standen die Bauern mit Heugabeln, Sicheln und Steinen in den Händen. Ich wachte schweißgebadet auf und rang nach Luft. Die finsterste Stunde der Nacht war angebrochen. Ich erhob mich vorsichtig und verließ die Ställe, ging durch die Gärten bis zu dem kleinen Obstgarten, hinter dessen niedrigen Mauern der Hang steil zum Fluß hin abfiel.
    Ich brauchte jemanden, der sich besser auskannte als ich. Wenn ich ihn fände, was würde ich tun? Ihn töten wegen der Gedanken, die auf der Oberfläche seines Geistes schwammen? Wahrscheinlich würden sie sich nur um sein Abendessen, seine Geliebte oder seine Gicht drehen, und ich wäre immer noch nicht schlauer als zuvor. Ich mußte unbedingt herausfinden, was ich tun sollte, und hatte keine Ahnung wie. Also probierte ich in der Dunkelheit zwischen den Bäumen mein Talent aus.
    Nach einer Weile hatte ich keine Schwierigkeiten mehr. Ich stellte fest, daß ich alles werden konnte, was ich mir vorstellte, jeder Holzkopf wie Swallow, männlich oder weiblich, obwohl ich mir im letzten Fall über die Gestalt nicht in allen Einzelheiten schlüssig war. Ich konnte mich in Grimpt zurückverwandeln oder in einen anderen, der nicht wie Grimpt aussah oder roch, aber dessen kleine Talente besaß. Die Küchenkatze miaute im Gras, und ich legte meine Hände auf sie, um in ihre Gestalt zu schlüpfen, brach den Versuch aber nach wenigen Sekunden mit wild klopfendem Herzen und voller Panik ab. Das Gehirn der Katze war zu klein. Sobald ich mich darin befand, schloß es sich um mich und drückte mich zusammen, immer mehr, bis ich zerquetscht wurde. Kam es daher, weil das Tier so klein war? Laß das andere herausfinden, dachte ich. Bei einem Wesen dieser Größe würde ich es nicht mehr versuchen.
    Zum Zeitpunkt als ich in der Dämmerung den Hahn vom Misthaufen krähen hörte, wußte ich, warum man sagt, daß Wandler keine menschliche Form annehmen können. Wäre es nicht aus Panik geschehen, hätte ich nicht Windlows Kraut und mein ureigenes Erbe besessen, hätte ich mich nie und nimmer in Grimpt verwandeln können. Nur Unwissenheit hatte mich dazu veranlaßt, so etwas wie Swallow zu erfinden. In der Finsternis der Nacht fand ich heraus, daß ich mich in alles verwandeln konnte, wenn nur das Muster übereinstimmte, wenn ich die Hand darauflegte und es irgendwie ›lesen‹ konnte. Vorbei also mit dem Traum, mich in einen Portierer zu verwandeln und mich über die Burgmauern zu portieren oder Seidenhand als Waffenträger aus dem Fenster in die Freiheit zu tragen. Ich konnte weder ein Drache werden, weil ich das Muster dafür nicht besaß, noch ein Prinz oder ein Tragamor, bevor ich jemanden mit dieser Gestalt angefaßt hatte. Was im Moment mein Todesurteil bedeuten würde und für Swallow äußerst gefährlich wäre. Grimpt? Vielleicht konnte ich mich in ihn zurückverwandeln. Es gab sicher noch mehr Kleidung in dem schmutzigen Loch, wo der Mann gehaust hatte.
    Doch es gab andere, größere Geschöpfe, die Swallow anfassen konnte. Pferde zum Beispiel. Oder die großen Fustigare in den Zwingern, die man zur Jagd verwendete. Es gab einige Möglichkeiten, also gut. Ich kehrte zum Heuboden zurück, redete mit Chance und sagte ihm, daß ich Schlaf brauchte. Meine Stimme klang bestimmt, und ich bettelte nicht um Unterstützung. Das ließ mein Stolz nicht zu. Wenn Yarrel mir nicht helfen wollte, würde ich mir selbst helfen.
    Der letzte Gedanke, bevor ich einschlief, war trotzdem die Erinnerung daran, wie Yarrel sagte, ich würde vielleicht ein Talent entwickeln, um dessen willen er mich hassen würde. Ich wußte, daß das bereits geschehen war, und dieser Gedanke war in keiner Weise tröstlich. Ich ließ Peter von ihm hinweg in die wartende Dunkelheit sinken und Swallow in die Ruhe des Schlafes herauf kommen. Das Tageslicht lag nur noch wenige Stunden entfernt. Es würde

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