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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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wie in einen umgedrehten Insektenhaufen. Ein Käfig aus Metall stand neben der Grubenwand, dicke metallene Pfosten reichten vom Grubenboden bis zur Decke, und inmitten dieses Vierecks von Pfosten war ein kleinerer Käfig aufgehängt. Wir wurden hineingezwungen, die Tür schloß sich hinter uns, die Maschine schriekte, als wir in den Schwarm hinabgelassen wurden, wo Tausende von Geschöpfen wie wir selbst in unablässiger Bewegung waren. Die Tür öffnete sich, um uns herauszulassen, und wir gingen zögernd in einen Alptraum hinein. Neben mir hörte ich Mavins Stimme aus Dupies Kehle: »Götter des Spieles! Was ist das für ein Irrsinn?«
    Sie krochen über uns, sonderten Flüssigkeit ab, flappten, hoppelten oder stolperten in jeder nur denkbaren Art der Fortbewegung – und in keiner. Manche hatten Beine und andere nicht, oder drei, oder sechs. Manche hatten einen Kopf, andere zwei, einige keinen oder vier. Es gab Klumpen, die still dalagen, während Schatten über ihre Oberfläche huschten, andere, die in Geräten steckten, die den Fettwagon wie ein Beispiel einfachsten Erfindergeistes wirken ließen. Einige Dinge, tot und halbangefressen, lagen an der Wand der Grube. Mavin und ich drängten uns instinktiv an die Wand und lehnten uns dagegen. Ich schaute hoch und sah, wie die Langmänner mit verhüllten Köpfen auf uns herabspähten. Ich hatte niemals das Gesicht eines Langmannes gesehen, und ich fragte mich in diesem Augenblick, ob sie überhaupt Gesichter hatten. Einige der Geschöpfe um uns herum hatten keine. Ich merkte, wie Didir tief in mir zurückwich. »Verkehrtheit, Peter. Verkehrtheit. Vorsicht, Vorsicht.«
    In die Mauern der Grube waren schwarze Pfeilerbögen eingelassen, mit Öffnungen dazwischen, hinter deren dunklem Glas wir schwache Schatten entdecken konnten, schwarz auf schwarz. Eine Glocke bimmelte irgendwo, und die Geschöpfe begannen sich den Bögen zu nähern. Tröge standen dort, die sich mit einer dickflüssigen Brühe zu füllen begannen. Die Geschöpfe aßen. Ich sah zu, fühlte den Ort mit meiner Haut. Es war wie ein Wachtraum, ein Traum, von dem man weiß daß man daraus erwachen kann. Der Käfig rasselte aufwärts, kam dann wieder herunter. Ein Langmann war darin, und große Bündel fester Nahrung, stinkende Fleischkeulen, Säcke gedroschenen Korns. Der Langmann stieg aus dem Käfig, noch bevor er aufsetzte, und streute das Essen auf den Boden. Als der Käfig wieder hochfuhr, stürzten die Monster brüllend zwischen den Bogen hervor, um über das verstreute Essen herzufallen. Der Langmann hielt sich abseits von ihnen, drehte und wendete sich, bis schließlich glitzernde Augen unter seiner Kapuze die meinen trafen.
    »Fettmann«, keuchte er. »Ich bring dich um …« Er kam auf mich zu. Ich ließ ihn nahe herankommen, nahe genug, daß er von oben nicht gesehen werden konnte. Dann griff Wafnor nach ihm und hielt ihn fest, band ihn mit stählernen Armen, hielt ihn, während ich unter der Kapuze seine Augen suchte. Langmänner hatten Gesichter, jedenfalls ungefähre. Zumindest dieser hier besaß eines. Dieses Gesicht brannte vor Haß auf mich und die Dupies hinter mir. »Wer bist du?« fragte es schließlich. »Du bist nicht Fettmann.«
    »Nein«, gab ich zu. »Ich bin nicht Fettmann. Ich bin einer, der dich reden hören will, Langmann. Erzähl mir von diesem Ort hier, von diesen Zauberkünstlern, diesen Gruben …«
    Er wollte nicht, aber das war gleichgültig. Didir las ihn; Wafnor schüttelte die Worte aus ihm heraus; Trandilar umwob ihn mit ihrem Zauber. Die Glocke bimmelte wieder. Die Geschöpfe versammelten sich erneut vor den Pfeilerbogen, und ich schaute mit Wandleraugen hinter das dunkle Glas. Bleiche Mondgesichter unter viereckigen Hüten; junge Männer, schwarzgekleidet, aber mit weichen Kappen, die ihre Köpfe bedeckten, die Augen weitaufgerissen und die Finger emsig damit beschäftigt, Notizen auf kleine Papierblöcke zu kritzeln, schreibend und spähend, schreibend und spähend.
    »Was machen die da?« fragte ich.
    »Monster beobachten«, japste Langmann. »Das machen sie da. Deshalb sind sie hier, sagen sie.«
    Ich hielt das für eine Lüge, aber Didir und Trandilar glaubten, es sei die Wahrheit. Da man uns beobachtete, verhielten wir uns wie Monster, heulten, blubberten, schüttelten uns und hüpften, die ganze Zeit über hatten wir Langmann so fest im Griff, daß er sich nicht bewegen konnte. Die Beobachter hätten ihn nur stehend gesehen, den Kopf gesenkt, das Gesicht

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