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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Sie lehnten sich gegen das Geländer, schauten auf die gegenüberliegende Wand, ohne die Augen abwärts zu wenden, und sprachen über das Groteske, das weit unten brodelte.
    »Nichts zum Weihen dabei, was, Riß? Jedenfalls nicht für uns. Vielleicht für Quench? Ja, ich habe das Gefühl, Quench würde einige von denen hier für die Weihen aussuchen. Meint Ihr nicht auch?« Gekicher, Ellbogen in die Rippen des kleineren Zauberkünstlers. »Doch nichts für uns dabei. Schade. So geht es unsereinem … Sorgen und Überstunden, nur um den Standard zu halten …« Sie verschwanden im Korridor, Mavin und ich in der Gestalt der Langmänner dicht hinter ihnen. Sie hätten uns sehen können, wenn sie sich umgedreht hätten, aber sie taten es nicht. Sie nahmen unsere Anwesenheit überhaupt nicht wahr, gerade als seien sie die einzigen lebenden Wesen in diesem riesigen Labyrinth.
    Schließlich erreichten sie eine weitere Grube, vielleicht war es aber auch die gleiche wie zuvor, nur von einer anderen Seite. Neben mir bewegte sich Mavin unruhig. Die Zauberkünstler lehnten sich wieder an das Geländer. Diesmal starrten sie an die Decke fünfzig mannshoch über ihnen.
    »Na, die hier scheinen mehr zu taugen, stimmt’s, Riß? Das da mit den drei Beinen und den Tentakeln? Äußerst reizvoll. Davon muß ich unbedingt meinen Sohn, Tutor Flogshoulder, erzählen, für seine Forschung. O ja, das ist ein spannendes Beobachtungsobjekt. Es würde eine ordentliche Fußnote ergeben. Doch irgendwie … für die Weihen eignet es sich nicht so, oder, Riß?«
    Riß kicherte. »Überhaupt nicht, wertester Dekan«, erwiderte er kopfschüttelnd. »Zumindest nicht für Euren Geschmack und Standard. Nein … Bestimmt nicht. Für Quench vielleicht. Oder für Huribar. Nicht für Euch. Gewiß nicht …«
    Sie gingen weiter. Wieder folgten wir. Die Szene wiederholte sich noch dreimal. Ich beobachtete die beiden genau. Sie sahen niemals in die Gruben hinein, über die sie sprachen. Sie betrachteten immer nur die kahlen Wände. Es war ein Art Spiel, möglicherweise ein Ritual. Ich konnte Mavins Ungeduld spüren, aber das Spiel neigte sich jetzt seinem Ende zu. Sie waren an eine andere Sorte von Grube gelangt, die flacher und sauberer war, wo das eintönige Geräusch der Ventilatoren gedämpft klang und kein Wasser von der Decke tröpfelte. Diesmal schauten beide nach unten und schwiegen. Mavin und ich machten uns in einem Alkoven unsichtbar.
    »Aah, diese hier taugen!« Manacle, gierig wie ein Kind, das Süßigkeiten sieht. »Nichts Besonderes, aber besser als die anderen, die wir geprüft haben.«
    »Ja.« Riß voller Zustimmung. »Nicht vollendet, aber wer will schließlich an einem Ort wie diesem hier Vollkommenheit erwarten? Jedenfalls besser als die anderen, die wir gesehen haben …«
    Manacle stieß einen schrillen Pfiff aus, und wie aus dem Nichts tauchte ein Langmann neben ihm auf, aus einem Seitengang oder dem gegenüberliegenden Korridor. Man hörte gemurmelte Anweisungen. Der Langmann betrat den Käfig und entschwand meiner Sicht. Das Quietschen des aufsteigenden Käfigs fesselte unsere Aufmerksamkeit, als er sich quiekend wieder seinen Weg aufwärts suchte. Der Langmann stand darin, umgeben von vier kleinen Mädchen.
    »Nein, nein, nein!« schrie Manacle, die Stimme schrill vor Ärger. »Nicht die da, du Narr! Diese meinte ich, dort in der Ecke. Nimm die hier wieder mit und bring mir die andere.« Der Käfig sank erneut hinab, um mit einem Ersatz zurückzukehren, an dem ich keinen Unterschied entdecken konnte. Die Mädchen trugen weiße, nicht ganz saubere, gewickelte Röcke, über denen ihre schmalen Oberkörper flach wie die eines Säuglings wirkten. Riß und Manacle betrachteten sie mit gieriger Befriedigung. »Ja, diese hier sind richtig, stimmt’s, Riß? Nimm sie mit, Langmann. Wir werden diese Ungeheuer an der Tür weihen.« Damit wandten sie sich ab, nickend und blubbernd in einträchtiger Zufriedenheit.
    »Ungeheuer?« flüsterte ich.
    »Frauen«, entgegnete sie schroff. »Hast du sonst irgendwelche Frauen hier entdeckt? Die Zauberkünstler, ihre Diener, die Langmänner, alles männlich. Diese Kinder sind die ersten weiblichen Wesen, die ich gesehen habe.«
    »Aber wieso ›Ungeheuer‹? Auf mich wirkten sie völlig normal.«
    »Auf mich nicht«, sagte sie. »Los, das ist unsere Chance, durch die Türen zu kommen.«
    Sie führte ihren Plan so rasch aus, daß ich kaum Zeit hatte, mich genauso

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