Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)
Stoffwechsels. Ich werde mir auch den Kopf rasieren, damit die Wärme, die durch den erhöhten Blutfluss zu meinem Kopf erzeugt wird, besser abstrahlen kann.
Und dann ist da noch das wichtigste Ziel: die Muster zu entschlüsseln. Um mein Denken noch weiter voranzubringen, sind künstliche Implantate die einzige Möglichkeit. Was ich brauche, ist eine direkte Verbindung zwischen Geist und Computer mit der Möglichkeit mentaler Downloads, aber dafür muss ich eine neue Technologie erfinden. Herkömmliche Computertechnik reicht für diese Aufgabe nicht aus; was mir vorschwebt, erfordert Strukturen im Nanobereich, die auf neuronalen Netzen aufbauen.
Sobald ich die Sache in ihren Grundzügen erdacht habe, lasse ich meinen Geist auf mehreren Ebenen gleichzeitig arbeiten: Ein Teil erschafft eine Mathematik, die das Verhalten der neuronalen Netze nachbildet; ein weiterer entwickelt eine Methode, die die Entstehung von Nervenverbindungen auf molekularer Ebene in einem sich selbst regulierenden, biokeramischen Milieu nachahmt. Ein dritter Teil entwirft eine Strategie, um die industrielle Forschung und Entwicklung in die richtigen Bahnen zu lenken, damit die Dinge produziert werden, die ich benötige. Ich darf keine Zeit verlieren: Ich werde bahnbrechende technische und theoretische Neuerungen einführen, damit mein neuer Wirtschaftszweig sofort durchstarten kann.
Ich habe mich in die Außenwelt begeben, um noch einmal die Menschen zu beobachten. An die Stelle der stummen Sprache der Gefühle, wie ich sie früher kannte, ist eine Matrix mathematischer Gleichungen getreten, die miteinander verknüpft sind. Zwischen den Menschen, Dingen, Institutionen, Ideen verlaufen Feldlinien, die einzelnen Menschen gleichen auf tragische Weise Marionetten. Jeder existiert für sich, in einem Netz gefangen, vor dem er die Augen verschließt – wenn die Menschen wollten, könnten sie sich wehren, doch so wenige von ihnen tun es.
Gerade sitze ich an einer Bar. Drei Hocker rechts von mir sitzt ein Mann, für den dies eine vertraute Umgebung zu sein scheint. Er sieht sich um und bemerkt ein Paar in einer schummrigen Nische. Er lächelt, winkt den Barkeeper zu sich her und beugt sich vor, um leise über das Paar zu sprechen. Ich brauche nicht zuzuhören, um zu wissen, was er sagt.
Unbekümmert und ohne mit der Wimper zu zucken, lügt er den Barkeeper an. Ein zwanghafter Lügner – er schwindelt nicht, weil er sich ein aufregenderes Leben wünscht, sondern weil er Spaß an der Leichtigkeit hat, mit der er andere täuschen kann. Er weiß, dass der Barkeeper nicht bei der Sache ist und nur Interesse vortäuscht – das entspricht den Tatsachen –, aber er weiß auch, dass der Barkeeper ihm dennoch auf den Leim geht, und auch das entspricht der Wahrheit.
Meine Empfänglichkeit für die Körpersprache anderer Menschen hat einen Grad erreicht, wo mir diese Beobachtungen ohne visuelle oder auditive Wahrnehmung möglich sind: Ich rieche die von seiner Haut ausgeschwitzten Pheromone. In einem gewissen Maß nehmen meine Muskeln sogar die Anspannung seiner Muskeln wahr, vielleicht anhand des elektrischen Feldes, das sie erzeugen. Die Informationen, die über diese Kanäle hereinkommen, sind zwar nicht präzise, aber ich kann die übermittelten Eindrücke gut hochrechnen; sie machen das Geflecht reichhaltiger.
Normale Menschen nehmen diese Eindrücke höchstens unterschwellig wahr. Ich werde mich bemühen, mich mehr auf sie einzustimmen, vielleicht kann ich dann versuchen, meine eigenen Signale bewusst zu kontrollieren.
Inzwischen kann ich die Gedanken von Menschen manipulieren, durch ähnliche Techniken, wie sie in der Werbung angewendet werden. Seit ich die Signale beherrsche, die mein Körper aussendet, ist es mir möglich, bei anderen Menschen genau kalkulierte Reaktionen hervorzurufen. Durch Pheromone und Muskelanspannung kann ich Menschen dazu bringen, mit Furcht, Angst, Mitleid oder sexueller Erregung zu reagieren. Es reicht auf jeden Fall, um Freunde zu gewinnen und Menschen zu beeinflussen.
Sogar Veränderungen, die von selbst weiterlaufen, sind möglich. Indem ich eine bestimmte Reaktion an das Gefühl der Zufriedenheit binde, kann ich wie beim autogenen Training eine positive Rückkopplungsschleife erzeugen – der Körper des Gegenübers verstärkt die Reaktion dann ganz von selbst. Ich werde das bei Firmenchefs anwenden, um mir Unterstützung für die von mir benötigten Wirtschaftszweige zu verschaffen.
Ich träume nicht mehr im
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