Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)

meinen sich selbst verstärkenden Reaktionsschleifen erfahren, aber sie hat ihm ermöglicht, ein genaueres Abbild meines Geistes zu erstellen.
    Eine Möglichkeit, die ich durchaus in Betracht gezogen habe. Ich baue meine Psyche neu auf und integriere dabei Zufallselemente, um mich unberechenbar zu machen. Die Gleichungen meines Geistes haben nun nur noch wenig Ähnlichkeit mit denen meines normalen Bewusstseins, wodurch ich alle Vermutungen, die er über mich angestellt hat, unterlaufe und die Wirkung seiner psychischen Waffen zunichtemache.
    Ich produziere das Äquivalent eines Lächelns.
    Reynolds lächelt zurück. Unvermittelt strahlt er nur noch Schweigen aus. Er will etwas sagen, doch ich kann nicht vorausberechnen, was es sein wird. Dann kommt es, flüsternd: »… über Selbstzerstörungskommandos nachgedacht, Greco?«
    Sobald er es ausspricht, füllt sich in meinem Bild von ihm ein leerer Fleck und fließt über, wobei die Bedeutung dieser Information auf alles, was ich über ihn weiß, ein neues Licht wirft. Er meint das Wort : den Terminus, der, einmal ausgesprochen, den Geist des Zuhörers zerstört. Reynolds behauptet, dass der Mythos wahr ist, dass in jeden Geist ein solcher Auslöser eingebaut ist; dass es für jeden Menschen einen Satz gibt, durch den er katatonisch, zu einem sabbernden Idioten wird. Und er sagt, dass er das Wort für mich kennt.
    Sofort blende ich allen sensorischen Input aus und lenke ihn in einen isolierten Speicher des Kurzzeitgedächtnisses um. Dann erschaffe ich einen Simulator meines Bewusstseins, der alle Eindrücke empfängt und in gedrosseltem Tempo weiterleitet. Als Metaprogrammierer werde ich die Gleichungen der Simulation auf indirektem Weg überwachen. Erst wenn ich sicher bin, dass die sensorischen Eindrücke ungefährlich sind, werde ich sie selbst empfangen. Falls der Simulator zerstört wird, ist mein Bewusstsein abgeschottet, und ich kann anschließend die einzelnen Stufen des Zusammenbruchs nachvollziehen und daraus Vorgaben für die Neuprogrammierung meiner Psyche ableiten.
    Als Reynolds meinen Namen zu Ende gesprochen hat, bin ich bereit; was er als Nächstes sagt, könnte das Vernichtungskommando sein. Ab jetzt empfange ich den sensorischen Input mit einer zeitlichen Verzögerung von hundertzwanzig Millisekunden. Ich überprüfe meine Analyse des menschlichen Geistes, wobei ich gezielt nach Hinweisen suche, die seine Behauptung untermauern.
    Gleichzeitig antworte ich beiläufig und unbekümmert.
    
    Meine Suche fördert etwas zutage. Ich verfluche mich selbst: Es gibt eine kaum sichtbare Hintertür im Bauplan der Psyche, für deren Wahrnehmung mir die notwendige Denkart fehlte. Während meine Waffe aus der Introspektion erwächst, kann nur ein Meister der Manipulation eine Waffe wie die seine schaffen.
    Reynolds ist klar, dass ich meine Abwehr hochgefahren habe; ist sein Killerwort so konzipiert, dass es sie umgehen kann? Immer noch versuche ich, die Funktionsweise des Vernichtungskommandos nachzuvollziehen.
     Offenbar hat er keine Angst davor, dass ich eine Abwehrstrategie ersinnen könnte, wenn ich genug Zeit habe.
     Wie selbstgefällig er ist. Hat er wirklich so leichtes Spiel mit mir?
    Inzwischen kann ich theoretisch beschreiben, wie der Auslöser bei normalen Menschen wirkt. Einen Geist unterhalb der hyperkritischen Schwelle könnte ein einziger Befehl ausradieren, doch für einen erweiterten Geist wäre ein nicht näher bestimmbares Maß an Anpassung nötig. Die Löschung würde sich mit bestimmten Symptomen ankündigen, bei denen mein Simulator mich warnen könnte, doch das gilt nur für einen Vorgang, den ich auch kalkulieren kann. Das Vernichtungskommando ist aber per Definition die mathematische Gleichung, die meine Vorstellungskraft übersteigt. Wird mein Metaprogrammierer zerbrechen, wenn er den Zustand des Simulators erkennt?
     Ich beginne mit der Berechnung, was für ein speziell angepasstes Zerstörungskommando nötig wäre.
    
    Das Wort zu erschaffen ist eine gewaltige Aufgabe, das liegt auf der Hand. Die Erzeugung des Auslösers erfordert eine genaue Kenntnis meines Geistes; ich versuche