Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)
abzuschätzen, wie viel er wohl über mich herausgefunden hat. Angesichts meiner Umprogrammierung scheint es nicht genug, aber vielleicht stehen ihm Observierungsmethoden zur Verfügung, die ich nicht kenne. Der Vorsprung, den er durch die Erforschung der Außenwelt hat, ist mir nur allzu bewusst.
Sein Bedauern ist deutlich spürbar. Er kann seinen Plan nicht ausführen, ohne weitere Opfer in Kauf zu nehmen – den Tod normaler Menschen, aus strategischer Notwendigkeit, und den von einigen seiner geistig erweiterten Helfer, die der Versuchung erliegen würden, mehr zu erreichen, und ihm dadurch in die Quere kämen. Nachdem er das Befehlswort bei ihnen angewendet hat, wird Reynolds sie – oder auch mich – vielleicht zu Inselbegabten mit eng umrissenen Aufgaben und eingeschränkter Fähigkeit, sich selbst zu programmieren, umfunktionieren. Für seinen Plan sind diese Opfer unumgänglich.
Nein, nur ein Heiland.
Normale Menschen würden vielleicht einen Tyrannen in ihm sehen, weil sie ihn mit ihresgleichen verwechseln, und ihren eigenen Entscheidungen haben sie schon immer misstraut. Sie begreifen nicht, dass Reynolds für die Aufgabe der richtige Mann ist. Was ihre Belange betrifft, ist sein Urteil unfehlbar, und als Mensch mit erweitertem Geist teilt er nicht ihren Hang zu Habsucht und Machtgier.
Mit theatralischer Geste hebt Reynolds die Hand und streckt den Zeigefinger aus, als wollte er ein Argument vorbringen. Ich habe nicht genug Informationen, um das Vernichtungskommando für ihn zu generieren, daher bleibt mir im Moment nur die Verteidigung. Falls ich seine Attacke überlebe, habe ich vielleicht noch Zeit, um selbst anzugreifen.
Mit erhobenem Zeigefinger sagt er: »Verstehe.«
Zuerst verstehe ich nicht. Auf einmal aber doch, und es ist entsetzlich.
Der von ihm konzipierte Befehl ist kein gesprochenes Wort; es ist überhaupt kein sensorischer Trigger, sondern löst etwas im Gedächtnis aus. Der Befehl besteht aus einer Kette von für sich genommen harmlosen Empfindungen, die Reynolds wie Zeitbomben in meinem Gehirn ausgelegt hat. Die mentalen Strukturen, die infolge dieser Erinnerungen entstanden sind, zerfallen nun zu einem Muster und bilden eine Gestalt , die meine Auflösung bestimmt. Wie von selbst steigt das Wort in mir auf.
Augenblicklich arbeitet mein Geist schneller denn je. Wider Willen nähere ich mich einer tödlichen Erkenntnis. Ich versuche, die Assoziationen aufzuhalten, doch die Erinnerungen lassen sich nicht unterdrücken. Unerbittlich vollzieht sich der Prozess, als Folge meines Bewusstseinszustands, und wie jemand, der aus großer Höhe herabstürzt, bin ich gezwungen zuzuschauen.
Millisekunden verstreichen. Mit meinen eigenen Augen sehe ich mich sterben.
Ein Bild aus dem Supermarkt, als Reynolds an mir vorbeigegangen ist. Das psychedelische Hemd des Jungen; Reynolds hat die Oberfläche umprogrammiert, um eine Suggestion in meinem Kopf zu hinterlassen und so dafür zu sorgen, dass meine mit Zufallselementen umprogrammierte Psyche weiterhin empfänglich blieb.
Keine Zeit mehr. Ich kann mich nur noch willkürlich, hektisch umprogrammieren. Ein Akt der Verzweiflung, bei dem ich mich womöglich selbst verstümmele.
Die seltsamen, modulierten Klänge, die ich beim Betreten von Reynolds’ Wohnung vernommen habe. Ich habe die tödliche Erkenntnis aufgesogen, noch ehe ich eine Abwehr aufgebaut hatte.
Meine Psyche zerreißt, doch immer noch nimmt das Ergebnis an Klarheit, die Auflösung des Bildes an Schärfe zu.
Ich selbst, als ich den Simulator konstruiere. Dass ich dieses Gebilde zum Zweck der Verteidigung erdacht habe, hat mich erst in die Lage versetzt, die Gestalt zu erkennen.
Ich kapituliere vor seiner größeren Genialität, die für sein Vorhaben nur das Beste verspricht, denn Pragmatismus ist einem Heiland weit dienlicher als Ästhetizismus.
Ganz kurz frage ich mich, was er wohl tun wird, wenn er die Welt gerettet hat.
Ich begreife das Wort , begreife seine Wirkungsweise, und damit löse ich mich auf.
Geteilt durch null
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Teilt man eine Zahl durch null, ist das Ergebnis nicht unendlich. Das kommt daher, dass die Division als die Umkehrung der Multiplikation definiert ist: Wenn man etwas durch null geteilt hat und es danach mit null multipliziert, erhält man als Ergebnis wieder die Ausgangszahl. Doch unendlich mal null ergibt null und nichts anderes. Es gibt nichts, das man mit null
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