Das war eine schöne Reise
herausbekommen hatte, und ließ seine Tasche beim Aufbruch auf dem Tisch liegen.
»Hallo, Herr Schnürchen«, rief Herr von Berg und tippte ihm auf die Schulter, »wollen Sie Ihr Portemonnaie zum zweitenmal liegenlassen?«
Herr Schnürchen drehte sich um und starrte Herrn von Berg an: »Wie bitte? Was sagten Sie soeben?«
»Sie haben Ihre Geldtasche liegenlassen, Herr Schnürchen!« rief Fräulein Sonntag, die erst durch Herrn von Berg darauf aufmerksam gemacht worden war, daß der alte Herr sein Geld um ein Haar zum zweitenmal losgeworden wäre, denn der Tisch stand unmittelbar neben der Promenade, auf der sich Menschenströme in beiden Richtungen bewegten. »Sie sollten Ihr Geld wirklich wie unsere Frau Pütterich sicherer verwahren.«
»Ja, das finde ich auch...«, murmelte Herr von Berg und überreichte Herrn Schnürchen die kleine braune Tasche.
»Schrecklich, schrecklich«, seufzte Herr Schnürchen und verwahrte das Portefeuille in der Brusttasche, »es wird immer schlimmer mit mir und meiner Vergeßlichkeit. Ich danke Ihnen, Herr von Berg, ohne Sie wäre ich dieses Mal in die größten Verlegenheiten geraten...«
»Wirklich ein Glück für Herrn Schnürchen, daß Sie die Tasche entdeckt haben, Herr von Berg«, meinte Fräulein Sonntag und ließ es gern geschehen, daß Herr von Berg ihr die Badetasche abnahm, denn die kleine Wunde am Fuß schmerzte beim Auftreten noch immer und ließ sie ein wenig hinken.
Im Speisesaal und auch draußen unter der schattigen Pergola wurden die Vorspeisen, winzige Appetitbissen, die Frau Lobedanz mißtrauisch betrachtete, bereits ausgeteilt, als Fräulein Sonntag mit ihren Begleitern in der Villa Annabella eintraf. Der Platz von Frau Pütterich war leer, sie saß mit Marschall Vivaldi und Signor Minetti jenseits der Brunnenschale an einem kleinen Tisch und fütterte die Herren von ihrem Teller mit zierlich gerollten Salamischeiben und sauren Mixed pickles.
»Wie geht es Ihnen, Fräulein Sonntag?« fragte Otto Lobedanz.
»Der Apotheker hat mir etwas Jod auf die Wunde gepinselt und ein Pflaster drübergeplebt«, antwortete sie und nahm zwischen Herrn Schnürchen und Herrn von Berg Platz.
Der tüchtige Vittorio, weißbeschürzt, nahm die Getränkewünsche der Gäste entgegen. Otto Lobedanz zögerte mit der Bestellung, aber als er hörte, daß sogar Herr Schnürchen einen Viertelliter Roten nahm, kümmerte er sich nicht um die mahnenden Kniestöße seiner Mutter, mit dem Geld sparsamer umzugehen, und ließ einen halben Liter Vino rosso kommen.
»Wer soll das alles trinken, Otto?«
»Wir beide natürlich!«
»Du weißt doch, daß ich keinen Wein vertrage!«
»Dieser leichte Landwein bekommt Ihnen ganz gewiß, Frau Lobedanz«, mischte sich Herr Schnürchen ein, »und außerdem ist er billiger als das Mineralwasser.« Er sah sich im Kreise um: »Ich vermisse Frau Pütterich. Sie wird doch nicht verlorengegangen sein...«
»Verlorengegangen...«, kicherte Frau Lobedanz, »das wohl gerade nicht. Frau Pütterich hat Anschluß gefunden. Haben Sie sie denn nicht gesehen? Aber drehen Sie sich jetzt nicht um, Herr Schnürchen, sie sitzt hinter dem Springbrunnen mit zwei Italienern zusammen...«
»Donnerwetter!« sagte Herr von Berg, »gleich mit zweien?«
»Laß sie doch, Mama...«
»Aber ich lasse sie ja, ich will Herrn Schnürchen doch nur erzählen, was er am Strand versäumt hat...«
Als ob Frau Pütterich geahnt hätte, daß von ihr die Rede war, erhob sie sich ein wenig von ihrem Stuhl, rief >Huhu!< und winkte zum Tisch herüber. Frau Lobedanz setzte ein strahlendes Lächeln auf und winkte zurück. Und während die dicke Gemüsesuppe auf den Tisch kam, erzählte sie der amüsierten Runde, wie Frau Pütterich zu ihrer Bekanntschaft gekommen war: »Und denken Sie bloß, der Dicke mit der Glatze, der ist ja nur Exportkaufmann für Parmesankäse, aber der andere, der wie Vittorio de Sica aussieht, ist ein richtiggehender Marschall! — Was haben Sie, Herr Schnürchen?«
Herr Schnürchen hatte soeben einen Löffel voll Suppe zum Munde geführt, er legte den Löffel hastig ab und preßte die Hand vor die Lippen. Er war nahe daran gewesen, sich zu verschlucken, aber schließlich gelang es ihm doch, Fleischbrühe und Gemüsebröckchen hinunterzubringen.
»Lieber Gott«, ächzte er, »ein richtiger Marschall... Das ist zu viel...«
»Wie unser alter Hindenburg!« fügte Frau Lobedanz hinzu.
»Kaum zu glauben«, murmelte Herr Blumm, der sich den Marschall Vivaldi inzwischen
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