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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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genauer angesehen hatte, »für ‘nen Marschall ist er aber noch reichlich jung. Na ja, Italien...!«
    Dieses Mal mußte Herr Schnürchen die Serviette zu Hilfe nehmen, um nicht an dem Schluck Rotwein zu ersticken, den er gerade zu sich genommen hatte. Was hatte er nur? Was sollten diese merkwürdigen Heiterkeitsausbrüche? Man quittierte sie mit einiger Verlegenheit und betretenem Schweigen. Dieser arme Herr Schnürchen schien leider weit über sein Alter hinaus senil zu sein...
    »Ach, bitte«, sagte er, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte, »aber mir ist der alte Hindenburg in die Unrechte Kehle gekommen. Halten Sie mich, bitte, nicht für ein wenig übergeschnappt oder sogar für total verrückt. Für unsere verehrte Frau Pütterich kann ich nur hoffen, daß wenigstens der Käse-Exporteur ein richtiger Exporteur ist. Der Marschall nämlich, der tatsächlich wie Vittorio de Sica aussieht, ist in Wirklichkeit ein Maresciallo, vermutlich bei den Carabinieri, da es meines Wissens diesen Rang nur bei ihnen gibt. Sicherlich sieht er in seiner schwarzen Uniform mit dem prächtigen Zweispitz auf dem Kopf hinreißend aus, aber seine Stellung entspricht leider trotz des pompös klingenden Maresciallo nur dem Rang eines Feldwebels...«
    »Nein!« stieß Frau Lobedanz hervor, »das kann doch nicht wahr sein!«
    »Doch, doch, es ist so, Sie dürfen es mir glauben.«
    Und da hatte nicht nur Frau Lobedanz Mühe, die Suppe im Munde zu behalten: »Ach, du liebe Güte«, ächzte sie, »sind das etwa diese komischen Schutzmänner, die immer zu zweit gehen und aussehen, als wären sie Angestellte von der Friedhofsverwaltung?«
    »Genau die!« bestätigte Herr Schnürchen erheitert. »Aber wir wollen doch unserer Frau Pütterich nicht die Illusion rauben, einem echten Generalfeldmarschall begegnet zu sein.«
    Otto Lobedanz hob sein Glas: »Auf Ihr Wohl, Herr Schnürchen!« rief er lachend. »Nehmen Sie’s mir nicht übel, zuerst habe ich wirklich gedacht, bei Ihnen stimmt es nicht ganz, aber jetzt merke ich, daß Sie es faustdick hinter den Ohren haben...«
    Es wurde eine richtig fidele Tafelrunde. Bevor die gebratenen Schollen aufgetragen wurden, waren die Karaffen bereits leer, und sogar Frau Lobedanz hatte nichts dagegen einzuwenden, daß ihr Otto den Glaskrug noch einmal füllen ließ. Herr Schnürchen blieb der einzige in der Runde, der auf eine neue Bestellung verzichtete, aber er hatte nichts dagegen einzuwenden, daß Otto Lobedanz ihm noch ein halbes Gläschen Rotwein einschenkte. Zwischen Suppe und Fisch kam Frau Pütterich »auf einen kurzen Sprung« zu ihrer Gesellschaft herüber, um sich für ihre Treulosigkeit zu entschuldigen. Sie hatte einen kleinen Zacken im Krönchen, denn Signor Minetti, der Parmesan-Exporteur, der aus Erfahrung wußte, daß Werbungskosten sich bezahlt machen, hatte eine Flasche Asti spumante auffahren lassen.
    »Na, Frau Pütterich«, sagte Otto Lobedanz zwinkernd, »daß sich die Anakonda in einen leibhaftigen Marschall verwandeln würde, das hätten Sie wohl auch nicht geglaubt, wie?«
    »Erinnern Sie mich bloß nicht daran«, kicherte Frau Pütterich, »das war vielleicht ein Schreck! Und plötzlich das Geschrei unter mir...Ich wußte gar nicht, wo es her kam. Aber ich muß sagen,
    Kavaliere sind diese Italiener. Da können sich unsere Männer eine Scheibe von abschneiden...«
    »Na, na, na!« protestierte Herr von Berg, und Herr Blumm unterstützte ihn lebhaft.
    »Anwesende sind immer ausgeschlossen. Aber wenn ich an meinen seligen Pütterich denke, der konnte schon manchmal recht ekelhaft sein. Ein richtiger kleiner Giftnickel. Aber das kam bei ihm vom Magen...«
    Drüben knallte der Pfropfen der zweiten Asti-Flasche ins Weinlaub.
    »Der Marschall schießt Salut«, sagte Herr Schnürchen und erntete für seine Bemerkung einen Lachsturm.
    »Ach nein«, kicherte Frau Pütterich, »der Sekt geht auf Konto des Käsehändlers. Das ist ein richtiger Treibauf. Komisch, nicht, daß Glatzenmänner immer so was Stürmisches an sich haben...Der Marschall ist ja ganz Zurückhaltung und Würde. Wie der de Gaulle! Nur schade, daß er kaum ein Wort Deutsch spricht...«
    Am Marschalltisch klingelte Signor Minetti, der muntere Parmesan-Exporteur, mit zwei Gläsern. Frau Pütterich winkte zu den Herren hinüber und rief ihnen zu, daß sie sogleich käme, und mit einem Klopfgruß auf die Tischplatte verabschiedete sie sich eilig von ihrer Gesellschaft.
    Als Fräulein Sonntag die letzten Sätze von Frau

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