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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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legten einen wilden Twist auf die Planken.
    »Ach, du liebe Güte«, stöhnte er, »wollen Sie etwa tanzen?«
    »Beruhigen Sie sich, die spielen auch sicherlich mal was für ältere Herren, einen Tango oder einen Slowfox —, aber vorläufig bin ich mit der Orangeade zufrieden, zu der Sie mich eingeladen haben. Was trinken Sie?«
    »Dasselbe...«
    »Gut, dann winken Sie den Cameriere heran und bestellen Sie >due aranciate<, die Strohhalme heißen paglia, aber die bringt er hoffentlich ohne Extraeinladung mit.«
    Die Spritze mit dem Tango für ältere Herren, die sie ihm verpaßt hatte, wurmte ihn ein bißchen, aber das war nun einmal ihre Art, und er wünschte sich nichts mehr, als wenigstens einen kleinen Teil von ihrer Keßheit zu besitzen.
    »Sie sind doch nicht etwa eingeschnappt?« fragte Fräulein Sonntag und berührte mit der Spitze des Zeigefingers seine Hand.
    »Ach, Fräulein Sonntag«, sagte er und schälte den Strohhalm für die Orangeade, die der Kellner auf einem silbernen Tablett zwischen sie gestellt hatte, aus seiner Hülle, »ich habe mir nur eben gewünscht, nicht ganz so schwerfällig zu sein, wie ich nun einmal bin. Ich möchte von Ihrem Temperament nur einen Fingerhut voll haben...«
    »Reden Sie sich bloß nichts ein, Herr Lobedanz. Oder fischen Sie etwa nach Komplimenten? So schwerfällig, wie Sie sich hinstellen, sind Sie nämlich gar nicht. Ich jedenfalls finde Sie goldrichtig. Und was mein Temperament betrifft, um das Sie mich so beneiden, das hat mir schon Kummer genug gemacht. Ich besitze ein loses Maulwerk, das ist alles, und leider geht es mir meistens im unpassenden Moment los. Aber das werden Sie ja schon selber bemerkt haben...«
    »Davon habe ich nichts bemerkt!« sagte er heftig. »Ich finde Sie wunderbar, Fräulein Sonntag! Wahrhaftig, Sie sind das hübscheste und netteste Mädchen, dem ich je begegnet bin! Und wenn ich daran denke, daß dieser Urlaub in zwei kurzen Wochen zu Ende geht, dann könnte ich mich direkt über die Fensterbrüstung hinweg ins Wasser stürzen und ersäufen...«
    »Um Himmels willen, Herr Lobedanz«, rief sie und legte die Hand auf seinen Arm, als wolle sie ihn von seinem fürchterlichen Vorhaben abhalten, »das hört sich ja fast wie eine Liebeserklärung an...«
    »Lachen Sie mich ruhig aus, ich hab’s nicht besser verdient«, sagte er mit dem Gefühl, bei ihr nun endgültig verspielt zu haben, denn hatte sie ihm nicht erst vor drei Minuten erklärt, daß ihr nichts widerlicher sei als jener Draufgängertyp, der bei einem Mädchen gleich in der ersten Stunde der Bekanntschaft zu landen versuchte? »Es ist eine Liebeserklärung — auf meine Art...«
    »Lieber Gott!« sagte sie, von soviel Tempo überwältigt, »und da redet dieser Mensch sich ein, schwerfällig zu sein!« Sie griff nach ihrem weißen Handtäschchen, fischte einen Fünfhundert-Lire-Schein heraus und verließ den Tisch wortlos, aber in dem Moment, als er ihr nachstürzen wollte, um sie zurückzuhalten, sah er, daß sie um die Tanzfläche herum zu dem kleinen Podium ging, auf dem die Musiker saßen, und dem Akkordeonspieler das Geld in die Hand drückte. Er starrte ihr verblüfft entgegen, als sie zu dem Tischchen zurückkehrte.
    »Ich dachte schon, ich hätte Sie beleidigt und Sie wollten mir davonlaufen«, sagte er kurzatmig.
    »Wie kommen Sie denn darauf?« fragte sie kopfschüttelnd. »Wenn Sie mich für das hübscheste und netteste Mädchen halten, das Ihnen jemals begegnet ist, so ist das doch keine Beleidigung, sondern ein Kompliment, und solche Komplimente kann ich gar nicht oft genug hören.«
    »Ach, Fräulein Sonntag...!«
    »Ich heiße Maria, aber bei meinen Freunden werde ich schon von Kindheit an immer nur Sonni genannt. Manche schreiben’s mit I und manche mit Y...Sie dürfen sich aussuchen, was Ihnen besser gefällt, Herr Lobedanz.«
    »Sonni...«, sagte er mit einem Ausdruck, als verginge ihm der Name wie eine Füllung eines köstlichen Konfekts auf der Zunge, »das paßt wunderbar zu Ihnen! Und ich heiße Otto... «
    »Das habe ich bereits gehört«, sagte sie, und auf ihrer kurzen Nase krausten sich zwei kleine Fältchen, »und ich werde mich schon daran gewöhnen.«
    Die Band beendete den Bossa Nova. Die Paare klatschten müde und blieben abwartend auf der Tanzfläche stehen. Und dann intonierte der Bandleader mit seiner Harmonika den scharfen Rhythmus eines uralten Tangos. Zwei rote Lippen und ein roter Tarrangona... Von den zehn Paaren gingen drei angewidert zu ihren

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