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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Tischen zurück.
    »Kommen Sie, Otto, das ist unser Tanz, den habe ich extra für uns beide bestellt.« Und sie erhob sich und blieb zwei Schritte vom Tisch entfernt in abwartender Haltung stehen, »aber gehen Sie nicht zu stürmisch vor«, fuhr sie fort, als er den Arm um ihre Taille legte, »für einen Tango ist mein Rock zu eng, und ich möchte nicht, daß es eine Katastrophe gibt.«
    Er war nicht gerade Europameister in den lateinamerikanischen Tänzen, aber er beherrschte ein paar Figuren recht ordentlich, und vor allem, er hatte Platz genug, um nicht mit anderen Paaren zu karambolieren, wenn er Sonny Sonntag — er hatte sich für das apartere Y entschieden — in einen kühnen Drehschritt hineinwirbelte.
    »Ich habe noch nie mit einem Mädchen getanzt, das sich so leicht führen ließ wie Sie, Sonny...«
    »Und ich wollte Ihnen gerade sagen, daß Sie ein kleiner Tiefstapler zu sein scheinen — Sie tanzen ja prima...«
    »Wirklich?«
    »Wirklich! Und ich garantiere Ihnen, daß ich Ihnen die neuen Sachen in einer Viertelstunde beibringe.«
    »Das hatten Sie mir schon im Zug versprochen...«
    »Und das halte ich auch!«
    Die Musik legte eine kurze Pause ein, und Otto Lobedanz führte Fräulein Sonntag zum Tisch zurück. Die Aranciata war schal geworden...
    »Darf ich Ihnen noch eine bestellen, Sonny?«
    »Auf keinen Fall, sonst sind wir pleite, ehe der Urlaub begonnen hat. Die Preise hier sind nämlich mächtig gesalzen.« Sie warf einen Blick auf ihre winzige Armbanduhr: »Ach, du lieber Himmel, zehn nach sieben! Da wird es aber höchste Zeit für uns, zu gehen, wenn wir zum Abendessen zurechtkommen wollen.«
    »Mir eilt es überhaupt nicht...«
    »Aber mir eilt es, Ottle, denn ich möchte mich mit deiner Frau Mama nicht gleich am ersten Abend anlegen. An die hast du wohl überhaupt nicht mehr gedacht, wie?«
    Das unerwartete Du versetzte ihm einen Schlag in die Magengrube, als ob er mit einem Fahrstuhl zehn Stockwerke emporgeschossen würde. Er wurde ganz blaß...
    »Na, siehst du, Ottle, jetzt wirst du aber ganz klein...«
    »Ach, das hat doch mit meiner Mutter nichts zu tim...!«
    »Sondern womit?«
    »Daß Sie — daß du zu mir du gesagt hast — o-o-o-oder hat das nichts zu bedeuten?«
    »Es geschah aus Versehen«, antwortete sie mit einem kleinen Lachen, »aber da es nun einmal geschehen ist, meine ich schon, wir sollten dabei bleiben. Natürlich nur, wenn wir unter uns sind, denn wie ich deine Mutter kenne, würde sie hinter unserer Freundschaft weiß Gott was vermuten und womöglich aus den Pantoffeln kippen...«
    »Na, da würde ich der Frau Lobedanz, geborenen Kühlmann, aber etwas flüstern!«
    »Pluster dich nicht auf, Ottle«, warnte sie. »Wenn du gescheit bist, flüsterst du ihr nichts und läßt sie nichts merken! Denn wenn sie etwas spannt, fürchte ich, gibt es einen Riesenkrawall, und wir beide haben in den nächsten vierzehn Tagen nichts zu lachen. Und das wollen wir doch schließlich, nicht wahr?« Und dabei nahm sie seine Hand, zog sie zu ihrem Mund und biß ihn, ehe er sich’s versah, in den kleinen Finger. »Und jetzt rufst du den Ober herbei und zahlst!«

VII

    Die kleine Sechs-Personen-Gesellschaft, die der Zufall in einem Abteil zusammengeführt hatte, schien schon am ersten Tag auseinanderzubröckeln, denn bei dem gemeinsamen Abendessen blieben bereits drei Plätze leer. Frau Pütterich hatte sich von ihren italienischen Verehrern im Auto von Signor Minetti nach Riccione entführen lassen. Auch Herr von Berg hatte sich verflüchtigt. Daß Fräulein Sonntag durch einen Hintereingang ins Haus geschlüpft war, wußte Otto Lobedanz allein, und auch er erschien mit fünfminütiger Verspätung zu der auf halb acht angesetzten Abendmahlzeit. Dafür schienen Herr Blumm und Fräulein Lenz einander nähergerückt zu sein.
    »Wo hast du nur so lange gesteckt, Otto?« fragte ihn seine Mutter vorwurfsvoll. »Wenn Herr Schnürchen nicht so nett gewesen wäre, mich in ein Café zu führen, wäre ich den ganzen Nachmittag mutterseelenallein herumgeirrt.«
    Herr Schnürchen blinzelte ihm zu.
    »Entschuldige schon, Mama, aber zuerst habe ich verschlafen, und dann habe ich dich gesucht und nicht gefunden, und dann habe ich mich eine Weile in Rimini umgesehen…«
    »Ein Betrieb hier, daß einem schwindlig werden kann. Dieses Hin und Her und Auf und Ab von Menschen! Der reine Ameisenhaufen...«
    Er sah sich am Tisch um, als entdecke er erst jetzt die Lücken: »Herr von Berg scheint sich selbständig

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