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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
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seiner Drogensucht, dem Entzug, der Heilung; in seinem schwarzen Yamamoto-Anzug mit der silbernen Krawatte wurde er zum Hohepriester aller geläuterten Hallodris, der sich nun mit dem unausweichlichen Altem abgefunden hatte, geheiratet hatte und gute Werke für Aids-kranke tat. Schließlich fragte Stephen Fry mich, was das Altem so mit mir machte, und mir fiel nichts Besseres ein, als einen Jahrhundertroman anzukündigen und mir damit diese ganze Misere einzubrocken. Seitdem hatte ich nichts mehr geschrieben.
    Danach waren wir noch etwas trinken gegangen. Ich hatte Elton John überredet, ins Shareditch Hause auf der Briek Lane zu gehen, wo wir auf der Dachterrasse auf einem Sofa Platz nahmen, dessen schwarz-weiße Streifen nach nur wenigen Gläsern Hendrick's Gin-Tonic mit Elton Johns Anzug verschmolzen. Eigentlich ein schöner Abend, obwohl Elton John etwas viel über seine Charities redete. Je mehr Mineralwasser er trank, desto betrunkener fühlte ich mich. Als er mich dann noch auf seine White- Tie-and-Tiara-Spendengala einlud, wurde es mir zu viel:
    »Du scheinst das wirklich ernst zu meinen mit diesem ganzen Gutmenschgerede«, sagte ich in einem Ton, dessen Schärfe uns beide überraschte.
    »Natürlich meine ich das ernst, Henry.«
    »Die ganzen Stars mit Suchtproblemen, denen du hilfst, in der Betty-Ford-Clinic einen Entzug zu machen, die Aids- und Krebskranken, denen du hilfst, das ist doch alles nur dazu da, um dich menschlicher erscheinen zu lassen.«
    »Ich bin me nschlich, deswegen tue ich das« , sagte er in einem Ton, der mich für einen Moment überlegen ließ, ob ich ihn beleidigt hatte.
    »Bringt dich ja auch immer wi eder ins Fernsehen«, sagte ich.
    »Im Fernsehen bin ich ohnehin. Ich mache das, weil es mir gut tut, der Welt etwas zurückzugeben, die mir so viel gegeben hat. Das will doch jeder.«
    »Ich schreibe, das g ibt der Welt genug«, sagte ich.
    »Der Welt mag das genug sein. Aber ist es dir genug?«
    »Ich passe nicht auf solche Galas. Ich würde den ganzen Abend Witze über kranke Kinder machen.«
    »Ich dachte, ihr Amerikaner seid für Galas immer zu haben.« »Ich auf einer Gala. Na, bravo. Und dann schreibe ich den Text zu einem Lied, du setzt dich ans Klavier und singst dazu:
    Ein krankes Kind im Wind?« Eine Sekunde lang dachte ich, Elton John würde aufstehen und gehen, doch er setzte sich nur gerade hin. Dann lächelte er mich an, geduldig und sehr wohlwollend:
    »Henry LaMarck. Es geht auch eine Nummer weniger glamourös, wenn dir das lieber ist. Ich habe einen Secondhand-Laden, in dem meine abgelegten Outfits verkauft werden. Für einen guten Zweck.«
    »Ich kaufe nie secondhand. Und außerdem bist du viel kleiner als ich und etwas ... «, daran, dass ich mir auf die Zunge biss, bevor ich das Wort »füllig« gesagt hatte, wusste ich, dass ich noch nicht heillos betrunken war.
    »Henry, du sollst da nichts kaufen. Du sollst es dir ansehen. Sollst sehen, wie viel Spaß es macht, gute Dinge zu tun. Ich komme mit.«
    »Du würdest da mit mir hingehen? Das ist doch bestimmt voller Fans von dir. Voller Menschen.«
    »Warum sollte ich etwas gegen Menschen haben, nur weil ich einer der größten Popstars des Jahrhunderts bin?«
    »Des letzten Jahrhunderts«, sagte ich. Elton hielt mir sein Glas hin, und als ich mit ihm anstieß, sagte er:
    »Touche.«
    Wir wandten uns anderen Dingen zu: Filmen, Essen, über Männer redeten wir kaum.
    Die Rechnung kam in eigens für die Bar entworfenen roten Umschlägen. Wir teilten uns die Zeche, dann nahm er die Rechnung, schrieb seine Telefonnummer auf die Rückseite, tat sie in den roten Umschlag des Shoreditch Hause und klebte ihn zu.
    »Wenn du irgendwann doch mal meinen Laden sehen willst, ruf mich an. Elton's Closet heißt er.«
    Langsam kam ich wieder zu Atem. Auf der anderen Seite der North Clark Street sah ich ein Paar: rüstig, um die siebzig, Hand in Hand. Junge Paare haben mich nie sehnsüchtig gemacht, aber das ... Ich sah dem Paar hinterher, bis ihre Umrisse langsam unscharf wurden. Aus dieser Entfernung hätten es auch zwei Männer sein können. Und ich einer von ihnen. Und der andere? Jaspers Bild erschien vor meinem inneren Auge. Natürlich. Mein Kontakt zu Jasper würde nicht zu einem Jahrhundertroman führen. Als er die Frau getroffen hatte, die aus den Farnen kam, war es mir klar geworden. Ich war nicht inspiriert, sondern verliebt. Hatte sein Bild in der Tribune gesehen, und ein pummeliger nackter Engel aus einem

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