Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
Vom Netzwerk:
Nachttisch gelegt hatte, aß eine und genoss es, wie die Schärfe meine Atemwege freibrannte. Dann hielt ich dem rettenden Engel das Tütchen hin. Sie nahm gleich drei, kaute einige Male, dann atmete sie sehr tief durch die Nase ein und hauchte so etwas wie:
    »Scharf.«
    »Ja.«
    Sie sah sich, unter weiteren tiefen Atemzügen, das Tütchen an und sagte: »Wasabi. «
    »Sie haben sich sicher schon Sorgen gemacht«, sagte ich. Sie sah mich an, nickte, und ich merkte, wie ich mich sofort besser fühlte. Wie gut es doch tat zu reden. »Und das ist sicherlich nicht ganz unberechtigt. Ich freue mich sehr, dass Sie hier sind. Ich habe sogar ein wenig darauf gewartet. Dafür, dass wir uns noch nicht kennen, haben wir ja schon relativ viel miteinander zu tun gehabt.« Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, hustete aber nur. »Sie ahnen sicher, dass ich jetzt mit dem Roman ... «
    »Machen Sie sich keine Sorgen.« Der rettende Engel des Verlags sprach mit deutschem Akzent. Ich verstummte. Wer war diese Frau? War sie etwa doch nicht vom Verlag, sondern ein wahnsinniger Fan, der mich verfolgte?
    »Es freut mich, dass alles auf gutem Wege ist«, sagte sie. Und dann: »Ich hätte übrigens nicht damit gerechnet, dass Sie mich erkennen. «
    »Warum denn nicht?«
    »Nun ja, viele Autoren kennen ihre Übersetzer nicht.« Rettender Engel - von wegen! Im Gegenteil. Wäre sie doch bloß ein durchgeknallter Fan gewesen, der aus Deutschland hierhergereist war. So was passierte gelegentlich, und ich konnte damit umgehen, aber nun wäre ich am liebsten aufgesprungen, weggerannt. Das war nun wirklich die Krönung. Meine deutsche Übersetzerin, deren Namen ich nicht wieder vergessen hatte, seit dem Tag, an dem ich ihren Brief bekam.
    Ich hatte sie mir anders vorgestellt. Älter. Alt. Mit strenger Brille, nicht so hübsch, nicht so schüchtern, nicht so lächelnd und erst recht nicht mit einer Mütze der Chicago White Sox. Wie sie wohl reagierte, wenn sie einen meiner Fehler gefunden hatte? Schimpfte sie? Oder schüttelte sie nur mild lächelnd den Kopf?
    »Das ist doch selbstverständlich«, sagte ich und wollte sie auch anlächeln, doch es reichte nur für ein halbes Grinsen. Ich musste das möglichst schnell zu Ende bringen, ohne dass das Gespräch auf den Brief kam oder, noch schlimmer, auf meinen Roman.
    »Nun ja, wil lkommen in Chicago«, sagte ich.
    »Danke. Ich wollte nur mal Hallo sagen.«
    »Das haben Sie doch bereits«, sagte ich in einem Ton, dessen Schärfe offensichtlich nicht bei ihr ankam, denn sie kicherte und ihre vor Kälte geröteten Wangen schienen noch röter zu werden.
    »Na ja«, sie zögerte. Als ich ihren Blick erwiderte, wusste ich, dass sie es jetzt gleich tun würde. Nach meinem Roman fragen. »Und wie gefällt Ihnen die Stadt?«, fragte ich.
    »Ich hatte sie mir etwas wärmer vorgestellt. In Ihren Romanen ist das Wetter immer so gut. Ich weiß ja nicht, wie das in dem neuen ... «
    »Und Sie wohnen in der schönen Stadt Hamburg?«, fragte ich, denn das hatte auf dem Briefumschlag gestanden.
    »Nicht mehr. Ich bin aufs Land gezogen. Nach Nordfriesland.«
    »Wie schön.« »Waren Sie mal da?«
    »In Nordfriesland? Nein.« »Ich meine, in Deutschland.« »Nein.«
    »Ich habe mir gerade einen alten Bauernhof gekauft. Mit Strohdach. Kommen Sie mich doch mal besuchen, wenn Sie sich erholen wollen, sobald der neue ... «
    »Das wäre reizend. Deutschland, da gibt es bestimmt viel zu sehen«, sagte ich und stand auf.
    »Hier«, sagte sie und griff hektisch in ihre Handtasche, aus der sie eine Visitenkarte hervorzog. Meike Urbanski lit. Übersetzerin, stand darauf. »Das ist noch mit der alten Adresse, aber meine Handynummer ist auch drauf. Falls Sie mal in der Gegend sind.«
    »Das mache ich auf jeden Fall«, sagte ich und wollte mich schon verabschieden, da sagte sie: »Ich würde mich gerne mal länger mit Ihnen unterhalten. Oder auch kürzer.«
    »Oh, liebend gerne, aber im Moment ... «, sagte ich, da sprang sie ebenfalls auf und stand nun direkt vor mir. Um irgendwie Abstand zu schaffen, hielt ich das Tütchen mit den Wasabinüssen zwischen uns, doch sie winkte ab.
    »Ich muss auch weg. Termine. Wie wär's mit morgen?« »Das wäre machbar. Unter Umständen.«
    »Um sechs, im Caribou auf der LaSalle Street?«
    »Gern, wie schön«, sagte ich, dann war ich sie los. Morgen um sechs, im Caribou - einen Teufel werde ich tun! Ich konnte es mir ruhig mit ihr verderben. Nach diesem Brief hatte sie es nicht

Weitere Kostenlose Bücher