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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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den Honours-Standard bringen, und als ich nach Auckland kam, wo bereits alle die üblichen Sitzungen der verschiedenen Vereinigungen stattgefunden hatten, stellte ich fest, daß ich zur Vizepräsidentin der Studentenverbindung und Präsidentin des >Common-Room Clubs< gewählt worden war sowie in sämtliche anderen Komitees. Wollte ich nicht jedermann gegen mich aufbringen, blieb mir nichts weiter übrig, als diese Verpflichtungen auf mich zu nehmen und gleichzeitig so hart wie möglich zu studieren. Meine eigene Schuld aber war es, daß ich nicht widerstehen konnte, eine tragende Rolle in dem Capping-Play zu übernehmen, das jedes Jahr aufgeführt wurde. Und diesmal wurde Professor Egerton ernsthaft ärgerlich.
    »Wenn Sie all das unternehmen wollen, dann bleibt Ihnen unmöglich ausreichend Zeit für Ihr Studium. Ich nehme an, es ist Ihnen klar, daß ich sehr wohl meine Unterschrift für Ihren Stipendiumsausweis verweigern kann, wenn ich finde, daß Sie ihn nicht verdienen?« Es war zum erstenmal, daß ich ihn so reden hörte, und ich reagierte entsprechend.
    »Ich arbeite ohne Unterbrechung und werde das auch weiterhin tun«, erklärte ich kampflustig, und er zuckte ungläubig die Achseln. Immerhin gab er am Ende des Jahres mit der für ihn charakteristischen Großmut zu, daß ich mein Wort gehalten hatte. Ich hatte tatsächlich hart gearbeitet.
    In diesem Jahr lebten wir in einem gemieteten Haus in der Stanley-Bay, weil mein Bruder ein Haus in Mt. Eden gekauft hatte und im kommenden Jahr heiraten wollte. Meine Mutter und meine Schwester planten nach England zu reisen, um meinen Großvater, der endlich aus Persien zurückgekehrt und sich in Hertford zur Ruhe gesetzt hatte, zu besuchen. Ich nahm damals immer das früheste Boot und mußte jedesmal den ganzen Weg hinunter zum Landeplatz rennen, meine Bücher und meinen Lunch, der zu Hause gekocht und nur auf einem kleinen Gaskocher im Garderoberaum aufgewärmt werden mußte, unterm Arm. Zu jener Zeit war an eine Cafeteria überhaupt noch nicht zu denken, und um in die Stadt zu gehen, hatte ich keine Zeit. Gewöhnlich kam ich mit dem Neun-Uhr-Boot am Abend erst wieder nach Hause.
    Obwohl ich auf diese Weise fast zwölf Stunden täglich an der Uni verbrachte, mußte ich noch zusätzlich Zeit für Französisch finden. Professor Walker tat sein Bestes für mich. Ich war seine einzige Honours-Studentin, und er opferte unendlich viele Stunden, um mich auf den erforderlichen Stand zu bringen.
    Englisch war ein Vergnügen für mich, denn es behandelte die viktorianische Periode, und das war immer mein Steckenpferd gewesen.
    Mit der zusätzlichen Belastung durch die verschiedenen Komitees und Ämter war es natürlich mehr als anstrengend. Doch ich war jung und auf einmal, zum erstenmal in meinem Leben, ehrgeizig. Ich wollte diesen >First Class< haben, insbesondere, da Professor Egerton es für möglich hielt, allerdings ironisch hinzugefügt hatte: »Der Examinator ist ein alter Mann und Ihr Stil außerordentlich besänftigend. Ich habe außerdem bemerkt, daß er um so flüssiger wird, je weniger Sie den Stoff beherrschen... Ja, in Englisch könnten Sie es vielleicht schaffen. Später einmal sollten Sie schreiben. Aber hüten Sie sich vor Ihrer fatalen Leichtigkeit.«
    Meine fatale Leichtigkeit... Wie oft habe ich mich an diese Warnung erinnert! Leichtigkeit und Gewandtheit im Stil waren immer mein Verderben geblieben durch all die Jahre meiner schriftstellerischen Tätigkeit und der Grund dafür — jedenfalls tröste ich mich jetzt in meinen alten Tagen damit daß ich niemals etwas Besseres, etwas Bleibendes geschaffen habe, etwas, das mehr die unvergleichliche Ermutigung vergolten hätte, die ich durch Professor Egerton erhielt.
    Während der Augustferien, das herannahende Examen vor Augen, begann ich verzweifelt nach einer Möglichkeit zu suchen, mehr Zeit und mehr Ruhe für mein Studium zu erübrigen. Die Lösung lag auf der Hand. Meine Schwester und ich übersiedelten für mehr als drei Wochen nach Paihia und ließen uns in dem alten Pfarrhaus nieder, das immer noch meinem Onkel John Clarke gehörte. Weg von all den Leuten und ihren Zerstreuungen vergrub ich mich in meine Arbeit. Wir lebten völlig improvisiert, schliefen auf dem Fußboden, aßen in der Hauptsache Konserven, die wir mitgebracht hatten, badeten trotz der Kälte heroisch jeden Tag und hielten streng mein Arbeitsprogramm ein. Tim, selbstlos und anpassungsfähig wie immer, genoß den Frieden und die Ruhe,

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