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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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unartikulierten Schrei ausgestoßen?
    Vor allem die Verteidigung hatte sich ausführlich der Frage gewidmet, warum Toby O’Neill Jansens Frau erschossen hatte und nicht Jansen selbst. Warum hatte er die schöne, populäre, hochschwangere Mimi Jansen erschossen, wenn Senator Jansen eine genauso gute Zielscheibe gewesen war?
    Perkins wusste natürlich, dass kranke Hirne nicht rational arbeiteten. Vielleicht nährte O’Neill einen Hass auf solche für ihn unerreichbaren Frauen, wer konnte das schon wissen. Trotzdem fand Perkins es seltsam, dass sie das Opfer geworden war. Die Theorie der Staatsanwaltschaft baute ja darauf auf, dass Bud Curtis Toby O’Neill auf den Mord programmiert hatte. Curtis’ Hasstiraden hätten sich immer mehr auf den Senator als auf seine Frau bezogen. Aber wer schoss aus so kurzer Entfernung einen halben Meter daneben? War es wirklich ein Fehlschuss gewesen, hatte O’Neill wirklich den Mann und nicht die Frau erschießen wollen?
    T. Perkins löste den Blick vom Bildschirm und starrte vor sich hin. Fehlschuss. Das war ein gutes Wort, klang nicht gefährlich. War es aber.
    Er wandte sich wieder dem Computer zu und öffnete zum dritten Mal an diesem Abend den Ordner mit den Videodateien. Fünf stammten von der Überwachungskamera im Mittelgang und dauerten je drei Minuten. Zwei Clips von zwei beziehungsweise zehn Minuten Länge waren von NBC4. In den ersten drei Clips sah man Toby O’Neill ungeduldig bei dem verhüllten Gemälde stehen, daneben ein wie versteinert wirkender Secret-Service-Mitarbeiter in grauem Anzug. Der Wicht benahm sich wirklich unangenehm: Er bohrte in der Nase, kratzte sich im Schritt, zog ein Taschentuch aus der Tasche, putzte sich die Nase und wartete dann wieder. Ob er eine Schusswaffe bei sich hatte, war unmöglich zu sehen.
    Der vierte Clip zeigte die Szene, die man sich so oft angesehen hatte: Das Gefolge kommt herein, bleibt bei dem Gemälde stehen, Bud Curtis spricht mit Mimi Jansen und verschwindet, dann die Schießerei und die gesamte anschließende Verwirrung.
    Perkins richtete sein Augenmerk auf jeden Einzelnen in diesem Video: Bugatti, den designierten Präsidenten, die schwarz und grau gekleideten Leibwächter, die Gäste, die zukünftige First Lady, den zukünftigen Justizminister, Sunderland und Wesley. Gleich nach dem Schuss sah man plötzlich in vielen Händen Schusswaffen. In O’Neills und in denen der Sicherheitskräfte. Die Körpersprache des Attentäters verriet seinen Schmerz, als er getroffen wurde. Der Schuss, der ihn traf, musste erstaunlich präzise gewesen sein, wenn man die chaotischen Umstände bedachte, unter denen er abgefeuert wurde. Allerdings weit weniger erstaunlich, wenn der Schütze von vornherein wusste, wen er niederstrecken sollte!
    T. Perkins nickte mehrfach gedankenversunken. Wenn er dort gewesen wäre, hätte er gezögert, zu schießen. So viele aufgeregte Menschen liefen durcheinander, da wäre ihm das Risiko, einen Unschuldigen zu treffen, viel zu groß gewesen.
    Er zündete sich eine Zigarette an, dann sah er sich den vierten Clip noch einmal an. Die Perspektive der Kamera war ungünstig, es war schwer, etwas wirklich eindeutig zu sehen. Die Menschen standen in dem kleinen Raum sehr dicht beieinander. Zum Beispiel konnte Perkins nicht ausmachen, ob jemand O’Neill in dem Moment, in dem er schoss, geschubst hatte. Das wäre ja eine mögliche Erklärung für einen Fehlschuss gewesen.
    Er öffnete den fünften Clip, der in dem Moment einsetzte, als Bud Curtis wieder hereinkam. Klar und deutlich war zu erkennen, wie er in der Tür stand, vor der sich einige Gäste in Panik auf den Boden geworfen hatten, während andere die Flucht ergriffen. Curtis hatte kein Wasserglas bei sich, machte aber eine undefinierbare Handbewegung, dann fasste er sich mit beiden Händen an den Kopf. Der Drehung seiner Schulter nach musste er in dem Moment Jansen erblickt haben, der sich über seine am Boden liegende Frau beugte. Sein Gesicht konnte man nicht sehen, aber seine Körpersprache drückte den Schock eindeutig aus. Auf dem Boden lagen mehrere von Querschlägern getroffene Menschen, einige Sicherheitsbeamte eilten zur Hilfe, andere forderten über die Mikrofone an ihren Revers weitere Hilfe an.
    Die Szene war interessant, aber wenig aufschlussreich.
    Perkins öffnete den sechsten Clip, den der Live-Übertragung des Fernsehsenders. Erst wurden die Fahnen im Mittelgang gezeigt, dann etwa eine Minute leicht verwackelte Aufnahmen über die Köpfe

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