Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Medien plötzlich von Arbeitsniederlegungen betroffen werden? Meines Erachtens liegt das in der gegenwärtigen Situation durchaus im Bereich des Möglichen. Haben wir in dem Fall vor, Mitarbeiter aus den Ministerien die Arbeit übernehmen zu lassen? Denn wenn dem so ist, dann glaube ich ehrlich gesagt, dass wir der Gnade oder Ungnade der lokalen Radiosender und der Piratensender ausgeliefert sind.«
Der Präsident sah ihn geduldig an. »Zu dem Zeitpunkt wird es keine Piratensender mehr geben, Wesley.«
»Okay. Worauf ich hinauswill, ist Folgendes. Wir können uns nicht damit begnügen, Pressemitteilungen über den Zustand der Dinge herauszugeben. Wir werden genötigt sein, derPresse auch Geschichten zu geben, die den Lesern den Glauben vermitteln können, nicht alles sei von unserer Seite her manipuliert und damit vorhersehbar.«
»Wie zum Beispiel – ?«
»Zum Beispiel, dass es für die gegenwärtige Entwicklung eine zeitliche Begrenzung gibt.«
»Das wird kommen, Wesley. Der Besuch des englischen Premierministers ist ein erster Schritt.«
»Ja, Mister President, aber könnten wir denn nicht zukünftig versuchen, unsere Informationen zu nuancieren? Hier und da einen Fehler einräumen und andere Fälle aufgreifen und sie positiv beleuchten? Ich meine, wir sollten versuchen, das Augenmerk ein wenig auf kleine alltägliche Geschichten zu lenken. Ansonsten werden die Menschen das Vertrauen in die Medien vollends verlieren, und das zu Recht.«
Thomas Sunderland betrachtete ihn aus schmalen Augen. »Wesley Barefoot, haben Sie dazu konkrete Vorschläge? Dann schicken Sie sie uns bitte in unser Büro – «
Hier fiel Jansen dem Vizepräsidenten ins Wort. »Ich weiß, woran Sie denken, Wesley, und Sie haben recht. Das ist eine ausgezeichnete Idee. Geben Sie der Presse jeden Tag eine kleine gute Nachricht. Schicken Sie die Vorschläge an Sunderlands Büro, er wird das jeweilige Thema für den Tag auswählen.«
Wesley nickte. Das war doch immerhin etwas. »Danke, Mister President. Morgen, finde ich, sollten wir eine Geschichte darüber haben, dass die Kontrollen gelockert werden. Das ist das, was die Menschen hören wollen. Der englische Premierminister ist den Menschen gleichgültig, solange sie nur ihr altes Leben wiederbekommen. Dann verhalten sie sich ruhig.« Er atmete tief durch. Es war lange her, seit er etwas ähnlich Sinnvolles ausgesprochen hatte. Wesley empfand für einen winzigen Augenblick Genugtuung, als er erlebte, wie sein Präsident anerkennend nickte. Aber das Glücksgefühl hatte nur eine Millisekunde Bestand – solange er vergessen konnte, dasser nun endgültig zum Lakaien geworden war. ›Dann verhalten sie sich ruhig‹, hatte er gesagt. Aber was war damit denn eigentlich gewonnen? Und war das wirklich das, was er wollte? Hatte er wirklich davon geträumt, die Bürger dieses Landes gründlich zu manipulieren, wenn er erst mal im Weißen Haus angekommen war? War das etwa sein Ziel gewesen?
Jansen nickte. »Gut, Wesley. Dann schreiben Sie, dass sich nächste Woche die Verteilung der Lebensmittel normalisieren wird.«
»Es tut mir leid, Mister President. Die Idee ist gut, aber ich glaube nicht, dass wir ein solches Versprechen halten können«, sagte Billy Johnson. »Die Straßen sind zu unsicher, und bis die Miliztruppen endgültig bekämpft sind, können Wochen vergehen. Es kann immer wieder zu Anschlägen von Verrückten kommen.«
»Ja. Aber damit haben wir zumindest unseren Willen ausgedrückt, nicht wahr? Wenn etwas Unerwartetes passiert, ist das nicht unsere Schuld.« Er wandte sich an seinen Pressesprecher. »Okay?«
Wesley wusste nicht, was er antworten sollte.
»Die Idee ist ausgezeichnet«, sagte Lance Burton. »Aber wir könnten zum Beispiel auch damit anfangen, die Große-Bruder-Ordnung für Drogenabhängige und Gewaltverbrecher zu erwähnen. Das ist eine sogenannte gute Nachricht, und das wird klappen.«
Der Präsident deutete auf Wesley und kniff ein Auge zu. Das war also akzeptiert.
»Wesley und ich erstellen gleich heute Nachmittag eine Liste mit Themen von kleinen Alltagsgeschichten für die nächste Woche«, ergänzte Lance Burton. Wesley wollte protestieren, aber Lance legte seine Hand auf Wesleys und hielt sie fest.
Jansen lächelte. »Gut! Und was Bud Curtis betrifft, so ist der Fall ausdiskutiert. Zurzeit ist die Stimmung nicht geeignet für Lockerungen im Rechtswesen. Der Vizepräsident hat geradedie Ergebnisse einer Untersuchung erhalten, in denen dargelegt wird,
Weitere Kostenlose Bücher