Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
müssen, dass der Arzt die Kanüle in den Hinrichtungskandidaten hackt und keine Ader findet?«
»Red nicht drüber.«
T. Perkins zog seinen Dartpfeil aus der Jackentasche. »Denk an all die Gelegenheiten, bei denen ihr demjenigen die Kanüle in den Hals stechen musstet oder wohin auch immer, weil der Verurteilte schlechte Adern hatte.« Beim Sprechen demonstrierte er mit dem Pfeil, was er meinte, und steckte ihn dann wieder in die Brusttasche.
»So oft passiert das nun nicht. Aber es kommt vor, das muss ich leider bestätigen.«
»Dann sag, Curtis habe entzündete Adern, er müsse mit Antibiotika behandelt werden, ehe das Todesurteil vollstreckt werden könne. Verschieb es nur um einen einzigen Tag, Bill. Bitte.«
»Das kann ich nicht, T., und das weißt du auch.«
»Okay. Du hast einen direkten Draht zum Gouverneur. Was die Hinrichtung heute Abend angeht, ist alles klar. Ruf ihn an und sag ihm, starke Indizien seien zutagegetreten, dass Bud Curtis unschuldig ist.«
»Ihm solche Behauptungen zu unterbreiten, steht mir nicht zu. Abgesehen davon ist das inzwischen nicht mehr Sache des Gouverneurs, T. Wir müssen das Ministerium für Innere Sicherheit anrufen.«
»Von mir aus auch das. Aber entschuldige, Bill, wen du anrufst, ist mir vollkommen egal, Hauptsache, du tust es. Jetzt! Bevor du den Anruf von unten bekommst.«
»Das kann ich nicht, T., das musst du selbst in die Hand nehmen. Ich finde die Indizien, die für seine Unschuld sprechen sollen, nicht ausreichend.«
»Bill, zum …! Was stimmt damit nicht?«
»Was du selbst angesprochen hast. Dass es nicht hinlänglich klar ist, wie der Revolver zu Toby O’Neill gelangt ist, und deshalb ist es nicht eindeutig. Der Tropfen auf der Linse ist rätselhaft, das gebe ich gern zu. Aber das kann so viel sein. Die Menschen haben sich in dem Moment auf den Boden fallen lassen.«
»Zum Teufel, Bill. Ja, entschuldige.«
Falso zog eine Schublade auf und nahm ein ordentlich zusammengefaltetes Taschentuch heraus. Damit würde er dem Delinquenten die Stirn abwischen, wenn er auf der Pritsche lag und um seine letzten Worte gebeten wurde. T. hatte das Ritual mehr als einmal miterlebt.
Falso betrachtete ihn ruhig. Seine grauen Augen wirkten plötzlich irgendwie erschreckend. »Hingegen finde ich es außerordentlich befremdlich, dass dieser Ben Kane, wenn tatsächlich er Toby O’Neill erschossen hat, auf die Lorbeeren dafür verzichtet, den Mörder niedergestreckt zu haben. Aber wenn du wirklich recht hast und tatsächlich dieser Kane Toby O’Neill den Revolver gegeben hat, habe ich wahrscheinlich die Erklärung gefunden, warum er sich anschließend nicht zu erkennen gab.«
T. hatte sich gerade eine Zigarette nehmen wollen, er erstarrte in der Bewegung. »Hast du? Sag schon, Bill … los!«
»Tragen die Sicherheitsbeamten Handschuhe?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Da hast du’s. Und das war für Ben Kane ein Problem, wenn er O’Neill den Revolver zusteckte. Denn soweit ich mich erinnere, war im Prozess nur von Bud Curtis’ und Toby O’Neills Fingerabdrücken auf dem Revolver die Rede.«
»Oh, verdammt.« T. saß ganz still und starrte ins Leere.
»Damit hast du womöglich die Erklärung dafür, wie die ganze Geschichte abgelaufen ist. Sunderland schob den Revolver aus seiner Jackentasche, indem er ihn von innen mit dem Futter anfasste. Deshalb war das Futter herausgestülpt, das haben wir ja gerade gesehen. Und Ben Kane, wo hat er gestanden? Direkt daneben, ja fast vor Sunderland, bereit, den Revolver mit einem Zipfel seines Jacketts in Empfang zu nehmen, sodass er ihn Sekunden später in O’Neills Tasche schieben konnte. Und so hinterließen weder Sunderland noch Ben Kane Fingerabdrücke auf dem Schießeisen.« Falso schob die Unterlippevor. »Aber ich möchte wissen, ob es nicht andere Spuren gibt, die über die Wanderung des Revolvers von Sunderland zu Kane und weiter zu O’Neill Auskunft geben könnten. Wie zum Beispiel ein kleiner Ölfleck, denn die Waffe war nicht benutzt. Aber ein geistesgegenwärtiger Agent wie Kane kann so etwas bedacht haben. Bei Leuten wie ihm geschieht das instinktiv. Deshalb hat er bestimmt auch das Wasserglas aufgehoben. Das ist Instinkt.«
T. nickte. Ja, so könnte es durchaus gewesen sein. Er hob den Kopf und sah Falso zu, als der aufstand und eine Strickjacke mit Reißverschluss über das kurzärmelige weiße Hemd zog. T. hatte ihn schon früher so gesehen, wenn jemand hingerichtet wurde. Vielleicht fror er dort unten in
Weitere Kostenlose Bücher