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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Anspannung der Männer war mit Händen zu greifen.
    Vollkommen beherrscht wandte Curtis sich an seinen Zellennachbarn. »Keine Panik, Daryl, ich komme bald wieder. Und dann kriegst du deine Zigaretten.«
    Der schwarze Mann grinste breit und einfältig. Und wahrscheinlich zum letzten Mal.
    Curtis folgte T. mit rasselnden Trippelschritten, T. zog ihn an der Zelle vorbei, die gerade geleert worden war, und an den Zellen, in denen die Inhaftierten orangerote Overalls mit dem schwarzen Schriftzug »Staatsfeind« auf der Brust trugen. Das mussten die Milizenanhänger sein. So verbittert, wie sie aussahen, waren sie wohl bald an der Reihe.
    »Gib mir deine Smith & Wesson, Sheriff«, zischte einer von ihnen. »Dann bereite ich den Wichsern gleich einen netten Empfang!«
    »Wirf das Schwein einfach zu uns rein«, rief der Nächste. »Dem werden wir’s schon besorgen.«
    T. wich den durch die Zellentüren ragenden Armen aus und studierte im Gehen die Schlüssel am Bund. Mindestens fünf sahen so aus, als könnten sie an dieser Tür passen. Er probierte den ersten aus. Fehlanzeige. Dann den zweiten. Passte auch nicht. Als er den dritten hervorfummelte, erhob sich der Häftling in der ersten Zelle von seiner Pritsche und kam zur Zellentür.
    »T.? T. Perkins? Bist du das?«
    T. drehte sich um und sah einem blassen, mageren Mann in die Augen. Er erkannte ihn sofort, schließlich kannte er ihn schon sein Leben lang. Dieser Mann hatte, bis das Landin diesen Zustand geraten war, niemals auch nur einer Fliege etwas zuleide getan. Aber Jim Wahlers hatte in seinem Billardkeller eine Waffensammlung gehabt, mit der er den Gipfel des Mount Rushmore hätte wegsprengen können. Jim Wahlers, sein alter Dartkumpel, Bestatter in Highland County.
    »Jim, zum Teufel, was machst du denn hier?«
    »T.! Kannst du meiner Frau sagen, dass ich hier bin? Bitte! Keiner weiß, wo ich bin. Nicht einmal mein Verteidiger.«
    T. spürte, wie der Schweiß auf seinen Handflächen eiskalt wurde. Die Lippen seines alten Freundes bebten, aus seinen Augen sprach schiere Verzweiflung. »Jim! Warum bist du hier? Etwa wegen deiner Waffensammlung? Das kann doch nicht sein! Was hast du getan, Jim?« Er steckte den dritten Schlüssel ins Schloss und drehte vorsichtig. Er passte.
    Jim atmete tief durch und umklammerte die Gitterstäbe. Der eben noch ohnmächtige Ausdruck seines Gesichts wurde hart auf eine Weise, wie T. es noch nie an ihm gesehen hatte. »Die Schweine sagen, ich hätte Angriffe auf Militärtransporte organisiert. Hätte ich’s doch bloß getan, verdammt!«
    T. erinnerte sich an einen Zwischenfall, bei dem sich Jim der Leiche eines Majors gegenüber so pietätlos verhalten hatte, dass T. schockiert gewesen war. Er hatte Angehörige der U. S. Army als Schweine beschimpft. T. hatte das damals unter »Stammtischgeschwätz« verbucht, aber nun kamen ihm doch Zweifel. Bei der Überprüfung von Jims Waffensammlung hatte er milizenfreundliche, gewaltverherrlichende Plakate an den Kellerwänden gesehen. Er wusste nicht, wer Jim wirklich war, und er hatte keine Zeit, diese Frage für sich zu beantworten. T. wandte sich ab, drehte den Schlüssel ganz herum und öffnete die Tür.
    »Der Teufel soll dich holen, du Scheißbulle!«, brüllte Jim Wahlers, und sofort stimmten alle anderen mit ein. »Scheißbulle! Scheißbulle!« Sie schrien so laut, dass T. es noch hören konnte, nachdem die Tür hinter ihnen zugefallen war.
    T. zog Curtis mit sich, sah zur nächsten Kamera hinauf und tippte sich zum Gruß an den Hut. Er musste unbedingt ganz normal tun und hoffen, dass das Personal in der Todeskammer nichts von dem Tumult im Gang mitbekommen hatte.
    Curtis konnte kaum Schritt halten: Natürlich behinderten ihn die Fußfesseln, aber er war auch sichtlich geschwächt.
    »Kommen Sie, Curtis. Gleich haben wir’s geschafft. Sie können sich ausruhen, wenn wir hier raus und auf der Landstraße unterwegs sind.«
    »Warum tun Sie das hier, Perkins?«, keuchte Curtis.
    »Warum? Weil ich das Wasserglas in Ihrer Hand gesehen habe, obwohl es gar nicht da war, und weil ich … weil ich einen Ausweg entdeckt habe.«
    Der Blick, mit dem Curtis ihn jetzt ansah, erinnerte T. ganz klar an Doggie. Während der Prozessphase hatte sie abends auch oft so geguckt. Hin- und hergerissen zwischen der Frage, wie es bloß so weit hatte kommen können, und dem Versuch, Hoffnung auszustrahlen. In Curtis’ Blick mischte sich dazu aber auch eine Ruhe, die T. nur selten sah. Vermutlich war Curtis

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