Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Vizepräsidenten angegriffen.«
»Und umgebracht?«
»Nein, es geht ihm gut. Ich hatte keine Waffe.«
»Sie können bleiben, bis es hell wird. Dann müssen Sie wieder verschwinden.«
Doggie nickte.
»Hier sind Sie nämlich nicht sicher«, fuhr Josephine fort. »Die Milizen sind schon zwei Mal hier gewesen. Die halten sich im Wald hinter dem Hof versteckt.«
»Haben sie Ihnen etwas angetan?«
»Gott im Himmel, nein! Die Milizen doch nicht! Fürchten muss man sich vor den Soldaten. Gestern waren sie hier und haben die Telefonkabel durchgeschnitten. Wahrscheinlich rechnen die damit, dass die Milizen früher oder später hier auftauchen. Und das werden sie wohl auch.« Sie merkteauf. »Da, jetzt schießen sie wieder. Sind schon näher als gestern.«
Doggie hielt einen Moment die Luft an, nahm aber nur Stille wahr. Die alte Frau musste ein Gehör haben wie ein Luchs.
»Die Soldaten haben mir geraten, von hier zu verschwinden«, erzählte Josephine. »Aber wohin denn bitte? Hier in der Gegend kenne ich niemanden mehr, und nach New York will ich auch nicht, in diesen Sündenpfuhl. Das ist ja schlimmer als Sodom und Gomorrha, schon immer gewesen, amen! Also bleibe ich hier. Herr Jesus, mein Erlöser, wird mir beistehen.«
In dem Moment klopfte es an der Tür. Draußen stand der sichtlich verärgerte Fahrer.
»Hier haben Sie die zweitausend zurück, suchen Sie sich einen anderen Dummen, der Sie nach Washington fährt. Ich werd’s jedenfalls nicht tun.«
»Wie bitte? Aber wer soll mich denn sonst fahren? Hören Sie, tut mir leid, das mit dem Tank …« Doggie versuchte, ihm die zweitausend wiederzugeben.
»Suchen Sie sich einen anderen Dummen.« Er wandte sich an Josephine und fragte, ob sie ihm Putzsachen leihen könne.
»Wie viel wollen Sie?« Doggie griff in die Plastiktüte mit dem Geld.
»Ich scheiß auf Ihr Geld, ich fahr Sie nicht.« Er schnappte sich Mopp und Eimer und verschwand damit im Milchtank.
Doggie saß vor einer Tasse mit dünnem Tee und überlegte, was sie jetzt tun sollte. »Kennen Sie jemanden, der mich nach Washington fahren könnte, wenn die Sperrstunde vorbei ist?«
Josephine schüttelte den Kopf.
»Sie haben gesagt, dass die Telefonleitungen gekappt wurden. Heißt das, dass Sie jetzt überhaupt kein Telefon haben? Auch kein Handy?«
Die Alte lachte nur.
Doggie biss sich auf die Lippe. Vor zwei Stunden hatte sie Onkel Danny angerufen, weil sie ihn für neutral hielt – nur um herauszufinden, dass er der Lebenspartner von Bugatti war. Doggie wusste nicht, wie im Ausnahmezustand mit Überwachung und Abhörung umgegangen wurde – darüber sprach man im Weißen Haus nicht –, aber sie ging davon aus, dass so einflussreiche Journalisten wie John Bugatti unter Beobachtung standen. Und das bedeutete, dass man nicht nur von ihrer Verabredung mit ihm im Teehaus am frühen Nachmittag auf der Achten Straße in Washington wusste, sondern auch, dass sie sich derzeit in Virginia aufhielt. Warum sonst sollte das Handy im selben Moment klingeln, in dem sie das Gespräch mit Onkel Danny beendete? Wer sollte es sonst sein? Rosalie würde nicht mitten in der Nacht anrufen, und sie war schließlich die Einzige, die Doggies neue Handynummer hatte. Natürlich könnte es auch einer von Frank Lees Kumpeln sein, aber das glaubte Doggie nicht. Dennis zufolge hatte Frank das Handy so gut wie nie benutzt.
Nein, sie war felsenfest davon überzeugt, dass man sie angerufen hatte, um sie orten zu können.
Jetzt beruhig dich mal, ermahnte Doggie sich selbst. Woher sollen sie denn bitte wissen, dass du bei Rosalies Schwester bist? Sie können nur wissen, dass du im Süden Virginias bist. Und der ist groß.
Aber wenn der Secret Service angerufen hatte, dann wusste man in Washington, dass das Handy Frank Lee gehört hatte. Und dann würde man früher oder später bei Rosalie auftauchen und sie gnadenlos in die Mangel nehmen. Zwar war Rosalies ältester Sohn James aus freien Stücken zur Polizei gegangen und hatte dort gemeldet, dass Doggie bei ihnen gewesen war, während sein kleiner Bruder Dennis sie zum Milchtankwagen an der Washington Bridge gefahren hatte. Aber dass Doggie Frank Lees Handy hatte, musste Verdacht erregen.
Rosalies Schwester saß am Fenster und starrte hinaus RichtungWald. »Darf ich Sie Josephine nennen?«, fragte Doggie vorsichtig, doch die magere Frau antwortete nicht.
»Sie müssen mir helfen, Josephine. Können Sie jemanden auftreiben, der mich nach Washington fährt? Ich bezahle auch
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