Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Burton und ein paar andere Mitarbeiter aus dem direkten Umfeld des Präsidenten zu der Aussage zu bewegen, Jansen habe das Land vorsätzlich in die Katastrophe gelenkt, doch da spielten sie nicht mit. Die Zeugenaussagen ließen nur zwei sichere Schlüsse zu. Zum einen: Präsident Jansen war unglaublich schlecht beraten worden. Zum anderen: Der Mord an seiner Frau hatte ihn so mitgenommen, dass man ihm für seine gesamte Amtszeit Unzurechnungsfähigkeit attestieren konnte.
Aber was in aller Welt sollte man mit ihm machen? Sollte ein Mann, der so viel Leid und Elend erfahren, aber auch verursacht hatte, freigesprochen werden? Unmöglich, da waren sich alle einig. Demonstrationen, auf denen eine harte Strafe für den ehemaligen Präsidenten gefordert wurde, breiteten sich aus. Einige Tage lang schien der neue Frieden dadurch gefährdet zu sein. Doch dann griff Präsident Lerner ein und erließ für Jansen unter Hinweis auf seine Unzurechnungsfähigkeit eine Amnestie.
Der Kongress schrie Zeter und Mordio. Manche meinten zu wissen, Lerner habe die Amnestie nur deshalb erlassen, weil er in Wahrheit mit Jansens Reformen sympathisierte. Andere behaupteten, die Jagdhütte, in der Lerner sich versteckt hatte, gehöre den Jansen’s Drugstores. Doch Lerner hatte an die Amnestie Bedingungen geknüpft. Jansen musste das Land verlassen und durfte nie wieder politisch aktiv werden. Das beendete sämtliche Diskussionen.
Präsident Lerners Position wurde durch diese Entscheidung weiter gestärkt.
»Ist es hier nicht wunderbar?« Doggie stupste T. Perkins mit ihren nackten Füßen an. »Was sagst du, T.?«
T. ließ die Reling los und drehte sich zu ihnen um. »Ich sage, verdammt blau isses hier!«
Wesley lachte und fasste sich dabei an die Brust. So froh erauch war, wieder etwas zu lachen haben – es tat immer noch weh.
»Alles gut, Liebling?«, erkundigte sich Doggie.
Wesley nickte. Ja, alles gut. Besser ging’s gar nicht. Schließlich saßen sie hier, unter diesem federleichten Himmel. Sie lebten. Und Doggie wollte ihr Leben mit ihm teilen. Die Vergangenheit konnte ruhen.
Wehmütig betrachtete Wesley seine Mitreisenden. Rosalie, die ihren Blumenhut festhielt, und T., auf dessen Wangen sich schon ein leichter Sonnenbrand zeigte. Die Gruppe war seit ihrer Chinareise vor so vielen Jahren deutlich kleiner geworden.
»Woran denkst du, Wesley?«, wollte Rosalie wissen.
»An uns. Und an John. An alle, die damals mit in China waren.«
Rosalie nickte. »Ich glaube, dass unterm Strich alles gut wird. Natürlich ist noch vieles im Argen, aber es ist doch auch ganz schön beeindruckend, welche Wirkung einige der Reformen gezeigt haben. Verstehst du, was ich meine?«
Wesley nickte.
»T.?« Rosalie stupste T. an, sodass ihm die Asche von der Zigarette fiel.
T. Perkins nickte ihr und Doggie zu, die mit geschlossenen Augen die Sonne genoss.
Wesley hatte Doggie noch nie eine solche Ruhe ausstrahlen sehen. Er nahm ihre Hand. Ja, alles würde gut werden.
Rosalie lachte. »Ich bin jedenfalls froh, dass meine Jungs eine Arbeit gefunden haben. Mein Arbeitgeber Mo Goldenbaum hat ihnen zwei gute Jobs im Hafen angeboten, die wagten sie nicht abzulehnen. Sonst hätte man ihnen bestimmt deutlich schlechtere Jobs zugeteilt.« Sie lächelte breit. »Jetzt bezahlen sie mir sogar Kostgeld, ist das zu glauben?« Sie lachte wieder. »Ja, ja, es hat sich was getan in unserem Land. Oder etwa nicht?«
Wesley nickte. Allein in den letzten fünf Wochen war unglaublich viel passiert. Präsident Lerner machte seinen Job überraschend gut. Wer ihn früher für einen bürokratischen, unbeholfenen Südstaatendemokraten gehalten hatte, musste seine Ansicht revidieren.
Lerners Kurs stand auf Versöhnung. Die Gerichtsverhandlungen nach den Anhörungen waren nüchtern verlaufen, die Ermittlungen waren unerwartet zügig vorangebracht worden, und wenn man den rabiatesten Flügel im Kongress ausnahm, herrschte endlich wieder ein gewisser Konsens. Gut, als sich herausstellte, dass Jansen ausgerechnet auf eine dem Jansen-Konzern gehörende Tropeninsel verbannt werden sollte, war Unmut aufgekommen. Ansonsten aber brachten alle dem neuen Präsidenten Respekt entgegen. Manche sagten gar, er sei der geborene Staatsmann.
Wesley sah aufs Meer hinaus. Die Inseln der Niederländischen Antillen lagen weit verstreut. Welche davon mochte Jansen wohl als Exil dienen?
»Ja«, sagte er schließlich. »Die Sache hat trotz allem auch ihr Gutes gehabt.« Ein neues Amerika war
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