Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
haben doch gerade erst angefangen. Wer weiß, vielleicht haben wir acht Jahre Zeit, aber auf jeden Fall können wir in den nächsten vier Jahren den Boden bereiten. Ich finde, wir sollten uns jetzt dem Text zuwenden und sehen, welche Punkte aktuell zu gebrauchen sind und welche nicht.«
»Gesamtziel? Wessen Gesamtziel? Meines jedenfalls nicht. Ich weiß, dass der Präsident Schweres zu tragen hat. Sie haben ganz recht, ich war vor Ort, als Mimi ermordet wurde, und das werde ich nicht so leicht vergessen. Aber dieses Machwerk hier ist von meinen politischen Zielen Lichtjahre entfernt, und das hätte der Präsident auch gewusst, wenn er sich die Mühe gemacht hätte, mich zuerst zu fragen.« Das klang wie ein Ultimatum des Justizministers. Wesley war hochgradig beunruhigt.
»Wenn wir dieses Programm präsentieren, bekommen wir auf keinen Fall acht Jahre Zeit«, sagte Wesley, erhob sich und ging zur Mahagonianrichte, über der ein Gemälde hing, dasJohn F. Kennedy zeigte. Jansen hatte es neben der amerikanischen Flagge aufhängen lassen. Wesley schenkte sich aus der Thermoskanne eine Tasse Kaffee ein. Das war die fünfte, seit er am Morgen aufgestanden war, und seine Hände zitterten längst. »Verflucht noch mal!« Er bereute sofort, dass ihm das herausgerutscht war. »Politik heißt doch, seine Ziele mit einer gewissen Raffinesse zu verfolgen. Aber dieser Vorschlag ist so, als würde man in aller Öffentlichkeit die Hosen runterlassen. Das ist stillos und ohne jedes politische Gespür und sieht dem Präsidenten, wie ich ihn kenne, überhaupt nicht ähnlich. Was zur Hölle ist bloß in ihn gefahren? Der rechte Flügel unserer eigenen Partei wird sich brüskiert fühlen, ganz zu schweigen von unseren wirklichen Widersachern, dem gesamten republikanischen Flügel, sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus. Nicht einen Monat werden wir nach der Veröffentlichung dieses Papiers überleben, wenn Sie mich fragen. Diese Regierung wurde mit der höchsten Stimmenanzahl in der amerikanischen Geschichte gewählt – und jetzt bringt sie sich selbst um Kopf und Kragen. Alle, die wir auf unserem Weg hierher aus dem Rennen geworfen haben, werden sich die Hände reiben, wenn dieser Vorschlag oder auch nur Teile davon an die Öffentlichkeit gelangen. Die Republikaner werden vor Freude jubeln.«
»Da stimme ich voll und ganz zu!« Das älteste Mitglied der Regierung, Verteidigungsminister Wayne Henderson, runzelte die Stirn. Er meldete sich kaum je zu Wort, und was er sagte, war selten besonders originell, aber als Stimmungsbarometer für die politischen Tendenzen war er unschlagbar. Wenn Henderson etwas äußerte, dachten Millionen von Amerikanern dasselbe. »Der Präsident ist viel zu weit gegangen. Wenn man dieses Programm umsetzen will, wird das Milliarden kosten und das Land wirtschaftlich um mindestens dreißig Jahre zurückwerfen«, brummte er. »Hier ist die Rede von quasi-diktatorischen Methoden sowie von Ausgaben ineiner Größenordnung, die das Land gar nicht bewältigen kann. Die Menschen werden empört und wütend reagieren. Und zu Recht. Das hier ist schließlich Amerika. Unser Land ist das Ursprungsland der Demokratie, wenn ich daran erinnern darf. Kein verdammter Ölstaat irgendwo in der Wüste. Der Kongress muss dafürstimmen und der Wähler letzten Endes auch.«
»Denken Sie gerade an Ihren eigenen Verteidigungshaushalt, Wayne?« Sunderland blickte ihn forschend an.
»So ein Unsinn! Natürlich nicht. Ich denke daran, was das unser Land insgesamt kosten wird. An die Einkommenseinbußen in der Industrie und an die Mehrausgaben in der Gefangenenfürsorge und im Sozialwesen. Und dann denke ich an die vielen Lobbygruppen, die mit Zähnen und Klauen für mehr Freiheit des einzelnen Bürgers kämpfen, und daran, wie irrsinnig unangenehm die werden können, wenn man auch nur ein einziges der bestehenden Rechte ankratzt. Aber hier kratzen wir nicht ein bisschen, Thomas, darüber sind Sie sich doch im Klaren? Hier kratzen wir, dass es blutet. Ich kann da einfach nicht mitmachen. Sollen wir abstimmen?«
»Okay, Wayne!« Sunderlands Stimme klang gefasst, das musste Wesley ihm lassen, aber er war kreidebleich vor Wut. Jetzt sprach nicht der Stabschef, sondern der deformierte Bürokrat, der immer hinter Sunderlands Fassade lauerte. Jansens persönlicher Speichellecker. »Ich glaube, nächstes Mal sollten Sie das Papier etwas gründlicher lesen, denn Ihre Einschätzung der Ausgaben sind das genaue Gegenteil von dem, was
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