Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
bekannte Männer und Frauen mit Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss konfrontiert. Nach wenigen Tagen intensiver Untersuchungen hatte man etliche Kongressabgeordnete unter Hausarrest gestellt. Man warf ihnen vor, an Plänen beteiligt gewesen zu sein, den Präsidenten und seine Regierung zu stürzen.
Anfangs hatte man noch geglaubt, Arrest und Anschuldigungen würden schnell wieder aufgehoben. Aber die Politiker blieben isoliert, und trotz wütender Proteste sämtlicher politischen Institutionen änderte sich nichts. Die Bombendrohungen gegen den Kongress und einen Teil seiner Mitglieder existierten nun mal, und das sowie Andeutungen von Verschwörungen reichten dem Präsidenten, um den Kongress vorübergehend zu suspendieren. Damit hatte er das Land unter seiner Kontrolle. Die FEMA, der Verteidigungsminister und sein Stab standen hinter ihm und folglich auch das Militär. Das Sicherheitsministerium hielt Polizei und FBI auf dem Laufenden, und binnen weniger Stunden überschwemmten Uniformierte die Straßen. Die Prozedur folgte akkurat einer Reihe präsidentieller Dekrete, die der FEMA schon seit Jahren als Arbeitsgrundlage dienten. Nur hatte niemand geglaubt, dass sie je in einem solchen Umfang zur Anwendung kommen würden.
John Bugatti war zu Ohren gekommen, dass viele der demokratisch gewählten Repräsentanten um ihre Sicherheit fürchteten und etliche das Land bereits verlassen hatten. Als das Hauptquartier der Demokraten bombardiert wurde und unzählige Kongressabgeordnete und Beamte umkamen, wurde der Rest der Abgeordneten kurzerhand außer Landes gebracht.
In den darauf folgenden Tagen hatten viele von Johns Kollegen ihren Arbeitsplatz verloren. Als Erstes machten die Beamtendes Sicherheitsministeriums Fox TV dicht, dann waren ABC und CBS dran. Der Umfang einiger der größten Zeitungen des Landes wurde bis auf wenige Seiten reduziert. Überall sah man qualifizierte Leute auf der Straße mit dem Notebook unterm Arm, die von einer Sekunde auf die andere ihren Schreibtisch hatten räumen müssen. Einige waren wie gelähmt, andere waren wütend. Alle hatten Angst. Was machte man in einer solchen Situation? Die Weltgeschichte jüngeren Datums war voller ähnlicher Beispiele, und trotzdem schien niemand zu wissen, was zu tun war. Diese Männer und Frauen des Wortes waren wie verstummt. John kannte viele Journalisten, die sich als Hüter der Meinungsfreiheit verstanden hatten und deren Gedanken jetzt nur noch darum kreisten, wie sie die Hypothek für ihr Haus abtragen konnten.
Mit John verhielt es sich anders, aber er war auch in einer anderen Situation. Unter den Mitarbeitern der NBC hatte man ordentlich aufgeräumt, die Programmstruktur war bearbeitet – und genehmigt – worden. Das hatten sie Alastair Hopkins zu verdanken. Nur: Hatten sie unter den Bedingungen etwas Wichtiges weiterzugeben? Was sollte John dazu beitragen?
John fürchtete sich eigentlich vor nichts, er wusste, dass ihm ohnehin nicht mehr viel Zeit blieb. Ohne Danny hätten ihn HIV und jetzt Aids längst kleingekriegt. Die Behandlung wirkte, aber die ständige Müdigkeit und das Gefühl der Ohnmacht zehrten an ihm. Nein, abgesehen davon, dass die Krankheit ihn schwächte und er sich um Danny sorgte, fürchtete er sich vor nichts. Und er hatte sich vorgenommen, das auch zu zeigen.
Direkt hinter ihm schoben sich die Demonstranten immer stärker in Richtung Absperrung. Er hörte ihre Verwünschungen, er roch ihren Schweiß, spürte ihren Atem. Sie drängten bis ganz nach vorn, sie wollten um jeden Preis gehört werden.
Er wedelte mit den Armen, um die Aufmerksamkeit eines der Soldaten an der Straßensperre zu erregen, aber der Mann beachtete ihn überhaupt nicht. »Hallo Sie«, rief er. »PressesprecherBarefoot schickt in wenigen Minuten jemanden, um mich zu holen. Können Sie mich bis dahin nicht innerhalb der Absperrung warten lassen? Auf dieser Seite ist es nicht besonders angenehm.« Um zu beweisen, dass er unbewaffnet war, öffnete er seine Jacke und zeigte das Futter.
Der Soldat sah nur starr auf Johns Hände und richtete sein Maschinengewehr darauf. »Weg von der Absperrung!«, kommandierte er, ohne John in die Augen zu sehen.
»Weg? Wie soll das denn gehen?«, gab er zurück, während ein junger Mann hinter ihm nach seinem Arm griff, um nicht umgestoßen zu werden. Nicht mehr lange, und die Menge wäre nicht mehr zu kontrollieren, Bugatti hatte das schon erlebt, und dann lag plötzlich jemand am Boden und stand nie wieder
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