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Das Weihnachtshaus

Das Weihnachtshaus

Titel: Das Weihnachtshaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jones Gunn
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hingen. Die Schals waren mit goldenen Kordeln zur Seite gebunden und bildeten einen passenden Rahmen für den Blick auf die makellose schneebedeckte Welt da draußen. Was dem Raum noch fehlte, war ein Feuer im Kamin, das Wärme ausstrahlte. Das wäre dann das perfekte Motiv für eine Weihnachtskarte.
    Ein zärtlicher und zugleich trauriger Gedanke kam mir in den Sinn. Dieses Mal ging es nicht um meine Mutter oder um meinen Vater oder um meine Vergangenheit. Es ging um meine Zukunft. Eines Tages wollte ich heiraten. Ich wollte eine Tochter haben. Ich wollte, dass sie ihren Vater kannte und dass sie ein gutes, enges Verhältnis zu ihm hatte. Ich wünschte, dass ich meine Tochter eines Tages hierherbringen könnte in dieses Haus, in diesen Raum, an einem Weihnachtsmorgen. Ich wollte, dass sie dieses Wunder erlebte.
    Eine leise Traurigkeit trübte meinen Wunsch, denn ich gehörte nicht hierher. Das war nicht mein Platz, und das war nicht meine Welt, von der ich träumen konnte.
    Und trotzdem war ich hier. Allen Widrigkeiten zum Trotz war ich hier. Am Weihnachtstag. Bei meiner Familie, bei meiner richtigen Familie, obwohl sie es nicht wussten. In meinem Herzen kannte ich diesen Ort; diese Menschen gehörten zu mir. Und ich wusste nicht, wem ich dafür danken sollte. Wie war ich nur hierhergelangt?
    Es waren so viele Zufälle im Spiel gewesen. Wenn es wirklich einen himmlischen Vater für uns alle gab, wie Doralee bis zum Schluss behauptet hatte, dann hatte er beschlossen, den Weihnachtsmann für mich zu spielen und mich mit dem Wissen zu beschenken, wer mein Vater war.
    Wie ich so Hand in Hand mit Julia in diesem Raum voller bunter Geschenke, voller Wärme und Licht stand, war mir der Gedanke nicht mehr fremd, an Gott zu glauben, so wie ein Kind an den Weihnachtsmann glaubt.
    Ich dachte an die Zeile von Andrew in der Aufführung – «Nur herein, nur herein, und lerne mich besser kennen, mein Freund» – und sah mich als zitternden Scrooge, wie er auf der Türschwelle vor dem Geist dieser Weihnacht stand. Dieses Geschenk hatte sich mir eröffnet, doch ich konnte es nicht annehmen. Ich konnte nicht eintreten. Ich war nicht an der Reihe.
    Julia sah zu mir hoch, nun mit einem ganz anderen «Ooh!»-Ausdruck im Gesicht. Jetzt schien sie ausdrücken zu wollen, dass sie etwas vergessen hatte.
    «Unsere Strümpfe», sagte sie. «Ich habe nicht nach meinen Strümpfen geschaut!»
    Mein Blick wanderte zum Kamin. Dort hingen keine Strümpfe. Es war das Einzige, was in diesem weihnachtlichen Idyll fehlte.
    «Du hast recht. Am Kamin hängen keine Strümpfe. Vielleicht hat der Nikolaus, ich meine, der Weihnachtsmann, dieses Jahr vergessen, sie zu bringen.»
    «Du bist dumm! Der Weihnachtsmann hängt unsere Strümpfe nicht ans Feuer. Er hängt sie an unseren Bettpfosten.»
    «Oh. Dann lass uns hochgehen und nachsehen, ob der Weihnachtsmann daran gedacht hat, einen Strumpf an dein Bett zu hängen.»
    «Nein. Ich habe einen Strumpf da hingehängt.» Julia strafte mich mit einem Blick, der ausdrückte, dass ich wohl von gar nichts eine Ahnung hätte. «Der Weihnachtsmann kommt und steckt Süßigkeiten in meinen Strumpf. Ich hoffe, ich bekomme dieses Jahr einen Lion-Riegel. Die esse ich am liebsten. Magst du Lion-Riegel?»
    «Ich weiß nicht, ich glaube, ich habe noch nie einen Lion-Riegel gegessen.»
    An ihrem erstaunten Gesichtsausdruck las ich ab, dass sie dachte, ich käme vom Jupiter, denn der Jupiter war wohl der einzige Ort des Universums, wo es keine Lion-Riegel gab.
    «Wenn der Weihnachtsmann keinen Lion-Riegel in deinen Strumpf gesteckt hat, aber in meinen zwei, dann geb ich dir einen ab», sagte Julia.
    Ich streichelte ihre weiche Wange und flüsterte: «Danke.»
    Gemeinsam gingen wir wieder nach oben und machten dabei mehr Lärm als vorhin. Julia rannte zu ihrem Zimmer. Ich folgte ihr, war aber immer noch nicht sicher, ob ich eine wilde kleine Traditionsbrecherin dabei unterstützte, sich im Haushalt der Whitcombes auszutoben.
    Als Julia die Tür zu ihrem Zimmer aufstieß und glücklich aufquiekte, wusste ich, dass der Weihnachtsmann ihren Strumpf gefüllt hatte. Ich hörte auch, wie sich eine andere Schlafzimmertür zum Flur öffnete.
    Da ich davon ausging, dass ihr Bruder oder ihre Eltern aufgestanden waren, schlüpfte ich in mein Gästezimmer zurück und schloss die Tür. Ich wollte nicht im Weg sein.
    Überrascht stellte ich fest, dass der Weihnachtsmann auch in meinem Raum gewesen war, während ich mich mit Julia unten

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