Das Weinen der Engel (German Edition)
umfasste den Griff seiner Waffe fester. Er brauchte freie Schussbahn. Nur einen präzisen Schuss, und Santos wäre auf der Stelle tot. Doch wenn er Lark vor sich als Deckung hielt, hatte Dev kaum eine Chance.
Er presste die Lippen aufeinander. „Lassen Sie sie gehen, Santos. Oder Sie sind ein toter Mann.“
„Sagen Sie mir, wo ich das Kind finde, dann lasse ich sie gehen.“
Das war eine Lüge, und beide wussten es. Santos war ein Killer. Er war hier, um sich zu rächen.
Er wollte Rache und das kleine Mädchen. Dev konnte sich nur im Entferntesten vorstellen, welche kranken Fantasien diesen Mann antrieben.
Santos hob die Pistole und presste die Mündung an Larks Schläfe. „Wenn Sie Ihre Lady lebend haben wollen, dann legen Sie Ihre Waffe auf den Boden und sagen mir, wo das Mädchen ist.“
Devs Handflächen wurden feucht. Santos würde abdrücken, da hatte er keine Zweifel.
Er atmete tief durch, dann sah er Larks Blick, las eine stille Botschaft, bemerkte die leichte Bewegung ihres Beins. Als Santos einen kurzen Augenblick unaufmerksam war und sich auf Dev konzentrierte, trat sie mit voller Wucht gegen sein Knie, sodass er aus der Balance geriet und den Griff lockerte. Sofort warf sie sich zu Boden und rollte sich aus der Schusslinie.
Dev schoss, direkt ins Herz, die zweite Kugel traf Santos zwischen den Augen und riss ihn von den Beinen. Er fiel nach hinten. Schnell robbte Lark sich von ihm weg, Dev lief zu ihm, die Waffe weiter auf Santos Herz gerichtet.
Die beiden Schüsse waren genau gezielt gewesen. Santos war tot.
Lark rappelte sich auf und warf sich in seine Arme. „Alles okay, Baby?“
Sie nickte.
„Bleib dicht hinter mir. Ich muss mich um den anderen Mann kümmern.“ Vorsichtig bewegte er sich durch die Parkebene, Lark dicht hinter ihm. Der andere Angreifer lag in einer immer größer werdenden Blutlache auf dem Boden. Ein Lateinamerikaner, schätzungsweise Anfang zwanzig, dreißig Pfund Übergewicht. Er trug eine L.A.-Lakers-Jacke, und er atmete noch.
„Ruf 911 an“, sagte Dev zu Lark, während er sich neben den jungen Latino kniete. Wahrscheinlich ein Gangmitglied, das man angeheuert hatte. Dev kickte die Waffe des Jungen beiseite und öffnete dessen Jacke. Der Schuss hatte sein Herz verfehlt und war in die obere rechte Brust eingedrungen.
Langsam öffnete der junge Mann die Augen. „Ich wollte … Sie nicht töten. Ich sollte … Sie nur ablenken.“
„Das ist dir allerdings gelungen. Du wirst jetzt auch eine Weile durch einen langen Gefängnisaufenthalt abgelenkt.“
Der Junge stöhnte und hob den Kopf, sah an sich hinunter auf all das Blut. Er verdrehte die Augen, und sein Kopf sackte zurück auf den Betonboden.
Dev schüttelte den Kopf und wandte sich um. „Es ist vorbei“, sagte er zu Lark. „Santos ist tot, und der hier stellt keine Bedrohung dar. Er wurde wohl nur für diesen Job angeheuert – und hat ihn verpfuscht.“
Sie nickte nur schweigend.
Dev legte seinen Finger unter ihr Kinn. „Du warst großartig. Ich wusste nicht mehr weiter, und du hast uns beiden den Hintern gerettet.“
Sie lächelte zittrig. „Ich liebe dich so sehr“, sagte sie unter Tränen.
Dev zog sie fest an sich. „Ich kann es nicht erwarten, dich zu heiraten.“ Jetzt, nachdem er diese Entscheidung getroffen hatte, konnte er kaum glauben, dass er so lange dafür gebraucht hatte.
Das Heulen der Sirenen durchbrach die Stille.
Lark lächelte ihn an. „Ich denke, heute Nacht wird das aber nichts mehr.“
Dev lachte. Heute Nacht vielleicht nicht, dachte er. Doch morgen würden sie sich auf den Weg nach Norden machen. Sie rannten nicht mehr vor der Vergangenheit davon, sondern gingen gemeinsam in eine helle, sonnige Zukunft.
Er warf Lark einen schelmischen Blick zu und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, in Wyoming die erforderlichen Papiere für eine Hochzeit zusammenzubekommen.
EPILOG
W ind Canyon, Wyoming
Zehn Tage später
Jackson hatte seinen Bruder noch nie so glücklich gesehen. Nicht mal, als sie noch Kinder gewesen waren.
Besonders nicht, als sie noch Kinder gewesen waren.
Als der Jüngste hatte Dev eine Mutter gebraucht. Doch sie war immer betrunken gewesen. Gewöhnlich schlief sie dann auf dem Sofa im heruntergekommenen winzigen Wohnzimmer ihres Hauses neben der Bahnstrecke. Auf der Highschool hatte er immer Ärger gehabt und war auf dem besten Wege gewesen, ein Sozialfall ohne Zukunft zu werden.
So wie sie alle.
Heute, an Devs Hochzeitstag, gab es keine
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