Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)
und unvorsichtig ich auch gewesen bin. Ich würde sagen, ein Dichter muss vorsichtig sein mit seiner Tätigkeit und mit seinem Schwanz und mit seinem Ego, wenn er sich länger als nur einen Augenblick halten will. Aber zu allererst kündigen Sie mal Ihr Kenyon-Review -Abo und kommen Sie her zu Ole , der Zeitschrift, die man nur mit zusammengekniffenen Augen lesen kann und die zum Lachen reizt, weil wir nichts von Rechtschreibung und Zeichensetzung verstehen. Sie werden sich trotzdem wohler fühlen. Sie werden 6 Kilo zunehmen und anfangen, mit Ihrer Schwester oder der Frau Ihres besten Freundes zu schlafen. Beinah alles ist möglich.
Sogar, dass dieser Beitrag endet.
Sehen Sie?
Zur Verteidigung einer bestimmten Art von Gedichten, einer bestimmten Art zu leben, eines bestimmten blutdurchströmten Lebewesens, das eines Tages sterben wird
Einige von uns haben sicher kein leichtes Spiel, denn wir wissen, was für eine Farce die meisten Beerdigungen, die meisten Menschenleben und die meisten Lebensmöglichkeiten sind. Wir sind umgeben von Toten, die Machtstellungen innehaben, denn um an diese Macht zu gelangen, muss man erst sterben. Die Toten sind leicht zu finden – sie sind überall um uns; das Schwierige ist, die Lebenden zu finden. Sehen Sie sich den Ersten an, der Ihnen auf dem Gehsteig über den Weg läuft – die Augen sind farblos, der Gang holprig, unbeholfen, unschön, sogar die Haare auf dem Kopf scheinen zu kränkeln. Dazu kommen noch viele andere Zeichen des Todes – man spürt zum Beispiel die Strahlung , die Toten geben wirklich Strahlen ab, den Gestank der toten Seele, bei dem einem das Essen hochkommen kann, wenn man sich ihm zu lange aussetzt.
Das Leben finden und bis zum Tod dranbleiben
das ist das Problem
in unsrer feigen, brutalen Pappnasengesellschaft
sagte die Katze
und sprang rückwärts über ihren
Arsch.
In den Künsten haben wir einige gute Lehrer gehabt. Und ein paar schlechte. Aber in der Geschichte der Völker durch die Jahrhunderte waren die Führer, unsere politischen Führer, immer schlechte Lehrer, und jetzt haben sie uns fast in eine Sackgasse getrieben. Unsere Staatenlenker sind zwangsläufig gemein, engstirnig und dumm … denn um die toten Massen zu führen, müssen unsere so genannten Führer tote Wörter gebrauchen und tote Möglichkeiten predigen (und eine davon ist der Krieg), sonst dringen sie nicht zu den toten Köpfen durch. Weil sich die Geschichte so bienenstockartig aufbaut, hat sie uns nichts als Blut, Folter und Müll hinterlassen – selbst jetzt, nach fast zweitausend Jahren halbchristlicher Kultur, sind die Straßen voll von Säufern, Armen und Hungerleidern, von Mördern und Polizei und Vereinsamten, und die Neugeborenen werden mittenrein geschubst in den immergleichen Scheiß – die Gesellschaft.
Ich weiß nicht, ob die Welt jemals zu retten ist; dazu bedürfte es einer ungeheuren und schier unmöglichen Kehrtwende. Wenn wir sie aber nicht retten können, sollten wir wenigstens wissen, wie sie ist, wo wir stehen. Weltretter gibt es zuhauf. Man findet fast so viele Weltretter wie Tote. Und die meisten Weltretter sind leider auch tot. Sie haben irgendwie vergessen, sich selbst zu retten.
Womit wir jetzt mal wieder zu dem schmutzigen Wort GEDICHTE kommen. Also gut:
Die Verfasser von Gedichten sind als Mitglieder der noch bestehenden Gesellschaft zwangsläufig in genau dem Maß ein Abbild dieser Gesellschaft, in dem sie sich auf sie einlassen, in ihr mitmischen. Das heißt, wenn sie $$$$-mäßig in dieser Gesellschaft gut dastehen, unterstützen sie sie zwangsläufig mit ihrer Poesie, oder sie sind, falls sie die Geschichte oder die Gesellschaft nicht gutheißen, link genug oder schlau genug, darüber kein Wort zu verlieren. Meistens befassen sich ihre Gedichte dann sehr feinsinnig mit Nichtigkeiten. Ein ödes, schmutziges Spielchen. Die meisten unserer schlechten und auch akzeptablen Gedichte werden von Englischprofessoren an vom Staat, von den Reichen und von der Wirtschaft geförderten Universitäten geschrieben. Das sind gewissenhafte Lehrer, die gewissenhafte Menschen heranzüchten sollen, die das Spiel der Oberen am Laufen halten, während den Unteren, den Unwichtigen unter den Menschen und Völkern, das Fell abgezogen wird. Dieses Spiel läuft mit voller Unterstützung der höheren Kulturchargen … bis auf die erbitterten kleinen Hahnenkämpfe, die sie untereinander austragen.
Wer auch nur einen Funken Verstand im Kopf und Gefühl im
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