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Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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nichts weiter als die im Vertrag vereinbarten $ 500 Vorschuss. Vier oder fünf Briefe von mir blieben unbeantwortet. Dafür bekam ich zehn Belegexemplare, 8 broschiert, 2 Hardcover. Schön gemachte Bücher, aber keine Dollars. Mir fiel ein, wie kleinlich ich es immer gefunden hatte, wenn Schriftsteller über ihre Verleger meckerten; bessere Schriftsteller als ich – Céline zum Beispiel. Jetzt verstand ich Céline – sowohl als Künstler wie als Meckerpott und Geldeintreiber. Ich betrank mich und schrieb einen unsterblichen 10-Seiten-Brief. Ich erläuterte meine Position als Mensch und Schriftsteller – ich schiss, aß, trank, rauchte, fickte, zerriss Bettlaken mit den Zehennägeln, fuhr ein 11 Jahre altes Auto, schaffte die Mülltonnen raus, spielte mit den Brüsten der Vermieterin, onanierte, war ein Feigling und ein Alkoholiker, verachtete das Fernsehen, hasste Baseball, Football, Basketball, war nicht homosexuell, hegte keine große Bewunderung für Hemingway, wusste, dass ich beinah, aber nicht ganz unsterblich war, mochte klassische Musik, hatte noch nie Eishockey gesehen, und einmal war mir der große Herausgeber Whit Burnett begegnet, der Entdecker von Saroyan und Bukowski, auf einer Straße in New York war er mir begegnet, dieser große Zeitschriftenmann, und so weiter und so fort … und dann ging ich langsam in die Offensive, ich wurde aggressiv, und da ich aus Deutschland und Hollywood und Los Angeles stamme, fiel es mir leicht, immer aggressiver zu werden, bis ich tobte, bis ich ihnen drohte, in den Flieger nach Deutschland zu steigen und ihnen AUGE IN AUGE GEGENÜBERZUTRETEN – AUGE IN AUGE, jawohl – habt Ihr KAPIERT, Ihr widerlichen, feigen Triefnasen? DIE ENTFERNUNG SCHÜTZT EUCH VOR BUKOWSKI NICHT!!! Wenn ich keinen Zaster sah, würde es Tote geben. So einfach war das. Ehrenwort. Ich war Deutscher. Andernacher von Geburt. Ich hatte es drauf. Wetten? Meine Herren, ich gebe Ihnen drei Wochen Zeit, mir in wahrer, barer Münze zu antworten. Danach ist Schluss. Da können Sie sich schützen, wie Sie wollen. Et cetera pp. Herzlich, Ihr Charles Bukowski …
    Der Scheck kam innerhalb einer Woche. Keine Ahnung, wie sie das so schnell hingekriegt haben. Offenbar haben sie alles, was in meinen Stories steht, für wahr gehalten. Dabei ist es nur dreiviertelwahr. Erfindung vermischt mit Wahrheit ergibt Kunst. Jedenfalls haben sie gezahlt …
    Schwierig sind auch die Professoren. Die Professoren klopfen auch an. Sie sind zwar heute schon besser als früher, aber es fehlt ihnen irgendwie an Takt. Sie knacken dir ein Bier aus dem mitgebrachten Sixpack und sagen: »Ich behandle Sie in meinem Seminar über neue amerikanische Literatur. Das erregt ganz schön Aufsehen.«
    Was soll ein Schriftsteller darauf antworten? Zumal ein Schriftsteller, dessen bestes, bei einem Underground-Verlag erschienenes Buch sich nur sechstausend Mal verkauft hat? Mailer würde mir nicht mal ins Gesicht spucken, obwohl ich besser schreibe als er. Also nimmt man das Bier und schweigt, trinkt es und denkt, runter damit, nach dem zweiten geht’s dir vielleicht schon besser. Blaue Segel im Sonnenuntergang.
    Dazu kommen dann die Miesmacher, diese unkreativen Leute, die nur von dem Wunsch beseelt sind, dich untergehen zu sehen, die deinen vorzeitigen Untergang förmlich fordern, damit es ihnen besser geht. Auch sie erscheinen unaufgefordert mit ihren kostbaren kleinen Sixpacks und messen deine Atemfrequenz und reden von deiner Beerdigung, wer die Laudatio halten wird, wer was sagen wird, wer den linken Sarggriff hält, was die alle wirklich von dir denken. Und die Frauen, ach Gott, die Frauen, die stellen einen dann erst richtig bloß … keine Seele, jeden Abend Prügel, hat mir den Hintern mit der Stachelpeitsche versohlt, auf Partys durfte ich nicht reden, ein furchtbar eifersüchtiger Mensch, kleinlich, voller Ängste, geizig, hat sich jeden Morgen vor dem Frühstück einen runtergeholt, Frösche gequält …
    Die schlimmsten Miesmacher können überhaupt nicht schreiben. Du gibst ihnen Kraft mit der geballten Energie dessen, was du schreibst, und das bewundern sie, aber gerade weil du ihnen Einsicht geschenkt hast, weiden sie sich an deinem Untergang. Tot umfallen wäre ihnen zu glatt. Sie möchten lieber sehen, wie aus dir langsam ein Schwachkopf wird, der sich von oben bis unten besabbert … Deine dunkelste Nacht wäre ihre Sternstunde. Aber sicher kennen wir sie alle, diese Reimdrechsler, diese Schleimer, diese

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