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Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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einer Technik, er beruht auf Gefühlen, so wie man auf ganz bestimmte Art den Pinsel über die Leinwand führt, und wenn man sich nicht auf die Kraft und den Fluss des Lebens einstimmt, verschwindet der Stil. Hemingways Stil weichte gegen Ende seines Lebens immer mehr auf, aber nur, weil er nicht aufpasste und sich von anderen zu viel gefallen ließ. Gegeben hat er uns mehr als genug. Neulich Abend war ein unbedeutender Dichter bei mir. Er ist klug und gebildet und lässt sich von den Ladies aushalten, woran man sieht, dass er was kann. Er ist ein gestandenes Mannsbild, etwas füllig inzwischen, sieht belesen aus und hat immer so schwarze Notizbücher bei sich, aus denen er einem vorliest. Der Junge sagte also neulich zu mir: »Bukowski, ich kann schreiben wie du, aber du kannst nicht schreiben wie ich.« Ich habe ihm nicht geantwortet, weil er die Selbstverherrlichung braucht, aber in Wirklichkeit denkt er nur, er kann schreiben wie ich. Genie könnte die Fähigkeit sein, Tiefsinniges in einfachen Worten zu sagen, oder etwas Einfaches eben noch einfacher. Wenn ihr übrigens wissen wollt, woran man einen unbedeutenden Dichter erkennt, das ist einer, der eine Party schmeißt oder schmeißen lässt, wenn sein Buch erscheint.
    Hemingway hat Stierkämpfe besucht, um Form, Sinn, Mut und Scheitern und den Weg kennenzulernen. Ich sehe mir aus dem gleichen Grund Boxkämpfe und Pferderennen an. Das gibt so ein Gefühl in den Handgelenken, den Schultern und den Schläfen. Man sieht zu und registriert alles auf eine Art, die in die Zeile, die Form, den Akt und den Fakt und das Flair übergeht, ins Gassigehen und die schmutzigen Höschen unterm Bett und in den Sound der Schreibmaschine, vor der du sitzt, das ist der Sound schlechthin, der größte Sound der Welt, wenn du es auf deine Art schreibst, so wie es sein soll, und dagegen zählt keine schöne Frau und nichts, was du malen oder bildhauern könntest, zählt dagegen; das ist die endgültige Kunst, dies Hinschreiben des Wortes, da kann man Heldenmut beweisen, denn es ist das beste Glücksspiel aller Zeiten, und nicht viele gewinnen dabei.
    Jemand hat mich gefragt: »Bukowski, wenn du einen Schreibkurs abhieltest, was würdest du den Leuten aufgeben?« – »Ich würde sie auf die Rennbahn schicken, und sie müssten auf jedes Rennen fünf Dollar wetten«, war meine Antwort. Der Arsch hielt das für einen Witz. Die Menschen verstehen sich aufs Lügen und Betrügen und darauf, sich nicht festzulegen. Wer Schriftsteller werden will, muss in eine Situation gebracht werden, aus der er sich nicht mit billigen oder schmutzigen Tricks rausmanövrieren kann. Deshalb sind Grüppchen auf Partys so widerwärtig: Ihr ganzer Neid, ihre Kleingeistigkeit und Falschheit treten zutage. Wenn du wissen willst, wer deine Freunde sind, hast du zwei Möglichkeiten – lad sie zu einer Party ein, oder geh in den Knast. Du wirst schnell merken, dass du keine Freunde hast.
    Wenn du meinst, ich komme hier vom Thema ab, fass dich an die Titten oder die Eier oder tu’s bei jemand anderem. Hier passt alles zusammen.
    Und da ich (ohne etwas davon gesehen zu haben) annehmen muss, dass es in diesem Heft Lob und Kritik für mich gibt, erlaube ich mir ein paar Worte zu den kleinen Zeitschriften, wenn es auch sein kann, dass ich mich woanders schon dazu geäußert habe – wenigstens nach ein paar Flaschen Bier. Kleine Zeitschriften sind unnütze Verewiger unnützen Talents. In den zwanziger und dreißiger Jahren gab es nicht allzu viele kleine Blätter. Eine kleine Zeitschrift war ein Ereignis, kein Unglück. Die Namen, die da auftauchten, bahnten sich ihren Weg in die Literaturgeschichte, das heißt, sie fingen da an und stiegen auf, aus ihnen wurde was. Es folgten Bücher, Romane, was weiß ich. Heute fangen die meisten Leute in den Alternativblättern klein an und bleiben klein. Ausnahmen gibt es immer. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass mir Truman Capote zum ersten Mal in der kleinen Zeitschrift Decade begegnet ist und dass ich dachte, das ist mal einer, der Schwung, Stil und eine ganz eigene Kraft hat. Aber ob es euch gefällt oder nicht, grundsätzlich bringen die großen Illustrierten viel Niveauvolleres als die kleinen Blätter – und zwar vor allem Prosa . Jeder Schafskopf in den Vereinigten Staaten drückt unzählige nichtsnutzige Gedichte ab. Und eine ganze Menge davon erscheinen in den kleinen Blättern und in Kleinverlagen. Tralala, die nächste Ausgabe. Her mit der Subvention, wir machen

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