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Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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eigene Gesundheit zu achten. Das Mädchen und ich hatten Karten für getrennte Plätze. Ich zeigte ihr, wo sie hinmusste, und ging zur Bar hinüber. Die Preise waren annehmbar. Ich nahm zwei schnelle Drinks, holte meinen Ticketabschnitt raus, nahm ihn in die Hand und ging auf den Lärm zu. Ein dicker Typ, der zu viel billigen Wein intus hatte, kam auf mich zugerannt und sagte mir, seine Brieftasche sei ihm gestohlen worden. Ich setzte ihm leicht den Ellbogen in den Wanst, und er krümmte sich und fing an zu kotzen.
    Ich suchte meinen Tribünenabschnitt und meine Reihe. Es war helldunkelhell und überlaut. Der Platzanweiser schrie mir zu, wo mein Platz war, aber ich hörte nichts und ließ ihn mit einer Handbewegung stehen. Ich setzte mich auf die Stufen und zündete mir eine Zigarette an. Mick war da unten in einer Art Schlafanzug mit um die Fußgelenke gebundenen Schnürchen. Ron Wood war der neue Rhythmusgitarrist, den sie für Mick Taylor geholt hatten; Billy Preston hämmerte am Keyboard drauflos; Keith Richards spielte Leadgitarre, und er und Ron setzten federnde Höhen auf ihre gegenseitigen Akkorde, wobei Keith die solidere Basis hatte und einen simplen Grundriff durchzog, den Ron jederzeit aufgreifen und zurückspielen konnte. Charlie Watts am Schlagzeug schien Spaß zu haben, ging aber stark nach links und kippte immer mehr ab. Bill Wyman am Bass war der Vollprofi, der das Ganze im verdammten Thames-Forum zusammenhielt.
    Das Stück endete, und der Platzanweiser sagte mir, mein Platz sei auf der anderen Seite von Reihe N. Die nächste Nummer fing an. Ich ging nach oben und auf die andere Seite. Alle Plätze waren besetzt. Ich hockte mich neben Reihe N hin und sah Mick bei der Arbeit zu. Er strahlte Vornehmheit, Eleganz und eine gewisse Verzweiflung aus, wobei die Kraft aber noch zu spüren war: Scheiße, ich hol euch hier raus, Kinder.
    Dann kam eine Frau mit dicken Schenkeln die Stufen runter und streifte mich mit der Hüfte am Kopf. Eine Platzanweiserin. Muschi, wuschi, doppeltes Glück. Ich zeigte ihr meinen Kartenabschnitt. Sie jagte den Jungen vom letzten Platz weg. Mit schlechtem Gewissen setzte ich mich da hin. Von der Bühnenmitte ragte ein riesiger Luftballonschwanz auf, mindestens zwanzig Meter hoch. Der Rock rockte, der Schwanz rockte mit.
    Diese Generation liebt Schwänze. In der nächsten Generation werden wir riesige Muschis zu sehen bekommen, mit Typen, die in sie eintauchen wie in Swimmingpools und rotweißblau und golden überglitzert 6 Meilen nördlich von Redondo Beach wieder rauskommen.
    Jedenfalls packte Mick diesen Schwanz unten am Schaft (worauf das Geschrei deutlich anstieg), und dann bog Mick diesen großen Schwanz zur Bühne hin, und dann kroch er (in Echtzeit) darauf entlang und bewegte sich auf die Nille zu, und immer näher und näher kam er ihr, und dann packte er die Nille.
    Die Reaktion war symphonisch und mehr.
    Das nächste Stück fing an. Der Typ neben mir legte wieder los. Der Mann rockte und wippte und rockte und rollte und flappte und rotierte und ruckelte ohne Rücksicht auf Verluste. Er kannte und liebte seine Musik. Ein Insekt des inneren Beats. Jeder Hit war für ihn der Hit. Zu unterscheiden gab es für ihn nichts. So jemanden erwischte ich immer.
    Ich ging in der Bar noch was trinken, und nachdem ich den Jungen wieder von meinem 12-Dollar-50-Platz verscheucht hatte, war Mick dran; er hatte den Fuß in einen Bügel gestellt und ein Seil ergriffen, und schon schwang er in einem weiten Bogen über den Köpfen der Zuschauer hin und her, und es sah nicht allzu sicher aus, wie er da hin und her schwang. Ich weiß nicht, auf was er war, aber ich hörte erst auf, um seinen bisexuellen Arsch und die Köpfe unter ihm zu bangen, als sie ihn wieder reinholten.
    Danach schlaffte Mick ab, beschloss den Schlafanzug zu wechseln und schickte Billy Preston raus, der sich grinsend bemühte, die Show zu übernehmen und es auch beinah schaffte, er war unverbraucht und voller Pep, Schweiß und Elan, er wollte Jag den Helden vergessen machen und versuchte es auf nette Art mit einem schwarz übermalten irischen Jig. Ich mochte ihn direkt, aber es war klar, dass er nicht das Ganze abschließen konnte, und man kann sich denken, dass das auch Mick klar war, während er sich hinter der Bühne Achselhöhlen, Arsch und Hirn mit nassem Eis kühlte. Mick kam raus und löste Preston ab. Sie wackelten mit den Hintern und küssten sich beinah. Jemand warf einen Packen Feuerwerkskörper ins

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