Das weiße Amulett
und verbarg ihr Gesicht an seiner breiten Brust.
Er tätschelte liebevoll ihren Kopf und musste selbst mit den Tränen kämpfen.
»Ich weiß, mein Kind. Aber Sie konnten es nicht verhindern. Ich kenne meinen Jungen schon einige Jahre länger als Sie und muss sagen, er ist ein ausgesprochener Dickkopf. Er hat glücklicherweise viel von seiner Mom, aber das hat er leider von mir geerbt. Das, was geschehen ist, musste geschehen. Mein Junge hat nur das gemacht, was er für richtig hielt.« Mansfield senior sah zum Fenster hinaus.
»Und bei Gott, es war richtig, Karen.«
»Woher kennen Sie meinen Namen?«
Michael Mansfield senior musste lächeln, als er sich daran erinnerte, wie warm die Stimme seines Sohnes vor einigen Wochen geklungen hatte, als er am Telefon von Karen sprach.
»Michael hat mir einiges über Sie erzählt. Und er hat sehr gut von Ihnen gesprochen, Karen.« Er nahm ihren Kopf in seine Hände und sah sie eindringlich an. »Michael war schon einmal dem Tode sehr nahe. Es ist noch nicht lange her, keine fünf Jahre, als er bei einer Razzia von mehreren Kugeln getroffen wurde. Er hat es damals überlebt, und verdammt noch mal, er ist mein Sohn, er wird es auch diesmal überleben.«
Karen erkannte, wie dieser Mann versuchte stark zu sein und ihr Halt geben wollte, obwohl er der Vater war, der seinen schwer verletzten Sohn hier besuchte. Seinen einzigen Sohn.
Sie wischte sich die Tränen weg. »Er … er darf nicht sterben, Mr Mansfield. Ich habe noch Schulden bei ihm.«
Mansfield senior sah sie verwirrt an. »Schulden? Bei meinem Sohn?«
»Ja, tausend Euro. Ich muss sie ihm unbedingt zurückzahlen.«
»Sicher, Karen. Michael wird das mit Ihnen klären. Sagen Sie, wo ist eigentlich Ihr Zimmer?« Er nahm ihren Arm und führte sie den Gang entlang.
»Sie sind mir nicht böse?«, fragte sie zögernd.
»Natürlich nicht, mein Kind.«
»Aber wenn ich nicht in Paris gewesen wäre, wäre das alles nicht passiert.«
»Dann aber vielleicht in New York.«
»Wie bitte?«
»Oder sonst wo. Sehen Sie, mein Junge ist Polizist. Anfangs war ich krank vor Angst. Jeder Tag war eine Qual, weil ich dachte, jeder Anruf würde mir eine schlechte Nachricht bringen. Doch dann sah ich, wie glücklich mein Junge in seinem Beruf war. Er konnte anderen Menschen helfen und Verbrechen aufklären. Das wollte er schon immer, schon als kleiner Junge. Verbrecher zu jagen war immer sein Ziel gewesen. Und bei Gott, er hat mit seiner Hartnäckigkeit so manchen zur Strecke gebracht. Eines Tages war es dann vorbei mit meiner Angst, denn ich wusste, dass er das tat, was ihm am wichtigsten war. Ich wollte aus ihm einen Geschäftsmann machen, damit er einmal meinen Platz einnimmt. Aber Michael ist kein Kaufmann. Ich wollte es nicht wahrhaben und ihn zwingen, doch ich hätte es besser wissen müssen. Er ließ sich nicht zwingen.«
Karen sah zu ihm auf. »Er ist aus demselben Holz wie Sie.«
Mansfield senior lächelte und nickte zustimmend.
»Wissen Sie, er hat das Herz auf dem rechten Fleck, aber es dauerte lange, bis ich das erkannte. Wir bekämpften uns viele Jahre, doch ganz gleich, was ich auch tat, er tat immer nur das, was er für richtig hielt. Er wurde Polizist, und irgendwann akzeptierte ich seine Wahl. Das Erbe seines Vaters und Großvaters … unsere Familiengeschichte interessierte ihn nicht. Das war sehr schwer für mich, aber er war tatsächlich bereit, alles aufzugeben. Und ich wollte ihn nicht verlieren.« Mansfield senior schluckte. »Aber dann kamen in letzter Zeit diese Anschuldigungen gegen ihn auf, und ich befürchtete, seine Abenteuerlust hätte ihn blind gemacht.« Er fasste sich an die Stirn. »Dabei war ich es, der blind war. Ich strich ihm seine monatlichen Gelder und hoffte ihn zur Vernunft zu bringen. Dabei tat ich ihm schreckliches Unrecht. Und seine Kollegen fingen an über ihn zu reden, da er trotzdem noch viel Geld hatte, doch sie wussten nicht, dass er über das Erbe seiner Mutter verfügte, die ihm mehrere Millionen hinterließ. Sie starb, als er zehn Jahre alt war.« Er wischte sich ein paar Tränen weg. »Wissen Sie, Karen, Michael ist glücklich als Polizist, und wenn ich Sie so betrachte, bin ich froh, dass er sich meinem Willen widersetzt hat.«
Karen sah ihn unglücklich an. Ihre Stimme bebte. »Mr Mansfield, ohne Michael wäre ich tot.«
»Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. So wie ich hörte, haben Sie sich selber wehren können.«
Sie nickte kraftlos, als sie sich an den Augenblick auf
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