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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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wie?«
    Durel knetete seine eiskalte Stirn. »Meine Freundin hatte Geburtstag«, erklärte er entschuldigend, bemerkte aber an Laurents Miene sofort, welch alte Wunde seine Worte aufgerissen hatten. Schnell versuchte er seinen Kollegen mit einer Frage abzulenken. »Darf ich fahren?«
    Laurent öffnete eine der Glasflurtüren des alten Polizeigebäudes und ging als Erster hindurch.
    »Nein«, antwortete er schroff.
    Durel lächelte verschmitzt, während er zu ihm aufschloss.
    »Hätte ja sein können«, murmelte er, während sie das Treppenhaus hinuntergingen.
    »Das wäre dann wohl der zweite Wunsch an die Fee gewesen.«
    Laurent hatte geahnt, dass es mit den beiden Touristen noch mehr Ärger geben würde. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, sie ausgerechnet in der Sorbonne wieder zu treffen. Seit den letzten Bizutage-Unfällen, den bizarren Aufnahmeriten der neuen Studenten, hatte es dort seit Jahren keine Todesfälle mehr gegeben. Und nun auf einmal ein Säureanschlag? Genau in dem Augenblick, als diese beiden Ausländer in der Universität herumliefen? Was hatten sie im Magazin zu suchen, zu dem eigentlich nur Angestellte Zutritt hatten? Die Sache gefiel ihm nicht.
    Er wollte sich zunächst in dem Magazin ein Bild von dem Tathergang machen, aber seine Kollegen von der Spurensicherung hatten den Raum noch nicht freigegeben. Also ging er hinaus auf den großen Innenhof, wo Karen und Mansfield in dem offenen Arkadengang auf Holzbänken saßen und sich erholten.
    »Sie schon wieder, Monsieur le Commissaire?« In Mansfields Stimme klang leichter Spott, während er sich mit einem Taschentuch übers Gesicht fuhr.
    »Ja, ich bin auch begeistert, Sie wieder zu sehen, Monsieur Mansfield. Madame«, er nickte Karen leicht zu. »Geht es Ihnen gut, oder brauchen Sie noch etwas von den Sanitätern?«
    »Nein.« Karen lächelte matt. »Uns ist nichts geschehen. Wissen Sie vielleicht, was mit dem Bibliothekar ist?«
    »Nein, leider nicht, aber mein Kollege Durel spricht gerade mit dem Arzt. Vielleicht kann er gleich mehr dazu sagen.« Er sah von einem zum anderen und versuchte in ihren Gesichtern zu lesen. »Wie konnte es zu diesem Anschlag kommen?«
    Karens Kopf fuhr hoch. »Anschlag?«
    »Madame, diese Menge Salzsäure wird sich wohl kaum von selbst in der Schublade gebildet haben.«
    Mansfield legte das Taschentuch über die Augen. »Es war also doch Salzsäure«, murmelte er, aber Laurent hatte gute Ohren.
    »Sie wussten es?«
    »Ich ahnte es. Der Geruch kam mir bekannt vor.«
    »Soso, dann ahnten Sie vielleicht auch, dass sich die Salzsäure genau in der Schublade befand, die Sie sich ansehen wollten?«
    Karen bekam ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. »Und was ist mit den Unterlagen passiert?«
    Es irritierte Laurent, dass sie sich anscheinend mehr Gedanken über die Unterlagen als über ihre Gesundheit machte.
    »Soweit ich weiß, wurden drei Schubladen in Mitleidenschaft gezogen, darunter auch diejenige, die Sie sich ansehen wollten. Sie müssen damit rechnen, dass alle darin vorhandenen Unterlagen zerstört wurden oder unbrauchbar geworden sind.«
    Karen wurde schwindlig. Die Kapelle der Sorbonne verschwamm vor ihren Augen.
    »Karen?«
    Sie blinzelte und versuchte dem leichten Schwindel zu widerstehen. »Ich … es geht mir gut … es geht mir gut«, flüsterte sie. »Es … es geht schon wieder.« Sie lächelte entschuldigend. »Können wir vielleicht ins Hotel zurückfahren, Michael?«
    Er nickte. »Selbstverständlich. Oder haben Sie noch Fragen an uns, Kommissar?«
    Laurent wären ohne Probleme tausend Fragen eingefallen, aber er brachte es nicht übers Herz, die beiden aufzuhalten. Er wusste selbst nicht, warum. Vielleicht wurde er langsam alt.
    »Nein. Im Augenblick können Sie mir auch nicht weiterhelfen. Wenn mir noch Fragen einfallen, weiß ich, wo ich Sie finde. Oder haben Sie inzwischen das Hotel gewechselt?«
    Mansfield, Karen und der Kommissar gingen über den Hof. »Jetzt, da Sie danach fragen – Madame Alexandre wohnt im Augenblick auch im Vernet.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen wollen …«
    Über ihnen sah der Rektor aus seinem Bürofenster auf die drei Menschen im Hof hinunter. Eine tiefe Sorgenfalte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen.
    »Ist Monsieur Tillier ernsthaft verletzt?«
    Escard stand in respektvoller Entfernung hinter ihm und zuckte mit den Schultern.
    »Wir wissen es nicht genau. Der Arzt meinte, es könne sich um leichte Verätzungen der

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