Das weiße Grab
fündig werden, natürlich nur, wenn der Betroffene einverstanden ist.«
»Ich mache das sofort.«
»Lass den Unsinn, du kannst nicht alles sofort machen. Das steht an dritter Stelle auf der Prioritätenliste. Jetzt ist ohnehin keiner zu Hause. War das alles?«
Arne Pedersen sah ihn mit hängendem Kopf an. Ihm war klar, dass jetzt nicht die Zeit für Lobeshymnen war, dass ihm aber auch noch Vorwürfe gemacht werden würden, hatte er nicht gedacht.
»Nein, das war’s.«
»Dann weißt du ja, was du zu tun hast.«
Der Rest des Vormittages verging Schlag auf Schlag, doch der Mann, den das ganze Land suchte, wurde nicht aufgespürt. Konrad Simonsen zeigte keine Regung, als Arne Pedersens Verdacht sich als wahr erwies und sie sowohl in seinem Haus als auch bei Arne Pedersen und der Comtesse eine ganze Reihe von winzigen Mikrophonen samt einem dazugehörigen Zentralempfänger fanden, der alle Aufnahmen über das Handynetz an einen Server in England übermittelte. Vermutlich befanden sich diese Mikrophone bereits seit seiner Grönlandreise in seinem Haus. Auch am Nachmittag, als der Fall eine neue und deutlich persönlichere Wendung nahm, ließ Konrad Simonsen sich nicht von spontanen menschlichen Reaktionen ablenken, was man über seine beiden Mitarbeiter Arne Pedersen und Poul Troulsen allerdings nicht sagen konnte, die mit panisch aufgerissenen Augen in sein Büro stürmten. Konrad Simonsen unterbrach sein Telefonat, indem er einfach den Hörer auflegte. Innerlich hatte er sich bereits darauf eingestellt, dass Jeanette Hvidts Leiche gefunden worden war. Poul Troulsens Worte rissen ihn aber sogleich aus seinem Irrglauben: »Er hat Pauline!«
Mit einem Mal stand die Zeit still, als wollte die Botschaft nicht in Konrad Simonsens Kopf vordringen.
»Erzähl«, sagte er schließlich.
Arne Pedersen begann zu weinen, so dass Poul Troulsen die Aufgabe zukam, alles zu erklären.
»Wir konnten sie nicht erreichen, so dass die Tontechniker – die sind übrigens vom Geheimdienst – zu ihr gefahren sind. Ihr Auto steht mit offener Tür in der Einfahrt, ein Fenster in ihrem Haus ist eingeschlagen, und von ihr fehlt jede Spur. Außerdem liegt ihre Katze neben dem Auto.«
»Wie neben dem Auto, das musst du erklären.«
»Tot, den Kopf in einer Plastikfolie.«
»Er hat die Katze erstickt? Das kann doch nicht wahr sein!«
»Ist es auch nicht …, nicht ganz.«
»Mann, dann drück dich verständlich aus!«
Poul Troulsen musste sich zusammenreißen, wobei Konrad Simonsens Wut nicht gerade hilfreich war.
»Er hat ihr das Genick gebrochen und ihr danach erst die Folie um den Kopf gewickelt. Die Folie stammt vermutlich aus Paulines Küche. Sie sind gerade dabei, Fingerabdrücke zu nehmen, es macht aber den Anschein, als wäre er überall in ihrem Haus gewesen.«
Noch nie war es Konrad Simonsen so schwergefallen, eine Frage zu stellen. Trotzdem gelang es ihm, nicht laut zu werden.
»Wissen wir, wie es ihr geht? Ist sie tot?«
»Nein, es sieht eher danach aus, als hätte er sie mitgenommen, aber etwas Genaues wissen wir nicht. Die Hunde sind angefordert.«
»Ihre Katze hieß Gorm«, sagte Arne Pedersen plötzlich.
Die absurde Äußerung war eher an ihn selbst gerichtet. Konrad Simonsen warf ihm einen Blick zu und befahl dann: »Poul, du fährst zu Paulines Haus und übernimmst das Kommando. Egal, ob das Geheimdienstleute sind oder nicht. Dein Wort gilt. Sorg dafür, dass die Techniker dir Zutritt gewähren, auch wenn sie jammern, dass du den Tatort verunreinigst, und mit Melsing drohen. Der Zeitdruck ist in diesem Moment viel entscheidender als die Beweise. Hast du verstanden? Ich brauche dir ja wohl nicht zu erklären, dass das der wichtigste Job deiner ganzen Karriere ist. Wenn Entschlüsse gefällt werden müssen, dann tu das, und zwar schnell. Ich stehe hinter dir, was du auch tust. Verstanden?«
»Ja.«
»Arne hat heute Morgen ein paar gute Leute an die Telefone gesetzt, um die eingehenden Hinweise zu filtern, die nimmst du allesamt mit.«
»Okay.«
»Wenn Pauline lebt, kommt es einzig und allein auf die Zeit an.«
»Wenn Entführungsopfer nicht im Laufe eines Tages gefunden werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie …«
»Ja, ja, ja … jetzt mach dich schon auf die Socken!«
Poul Troulsen eilte aus dem Büro, und Konrad Simonsen wandte sich Arne Pedersen zu.
»Arne, du solltest nach Hause gehen, aber vorher suche ich dir noch jemanden, mit dem du reden kannst.«
»Einen Psychologen? Ich bin
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