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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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wegen ihrer Eltern. Die gehörten wirklich nicht zu Gottes bravsten Kindern. Ich sage wohl nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass sie beide durch und durch kriminell waren. Ihr Haus war so etwas wie ein Umschlagplatz für alle möglichen Schmuggel- und Hehlerwaren. Vor allem Zigaretten, aber auch Schmuck, Hi-Fi-Anlagen, Hasch und noch vieles mehr. Außerdem hatte Rikke sich schon in jungen Jahren ein Kind andrehen lassen, und …, ich meine, damals waren ja nicht alle sonderlich tolerant, was so etwas angeht.«
    Er hielt die Hand abwehrend in die Höhe und fuhr fort: »Sie konnte auch belästigt worden sein, das weiß ich, aber es läuft ja nicht immer so, wie der Pastor es von der Kanzel predigt. Die meisten waren damals wohl der Meinung, dass dieser Überfall eigentlich eine Drohung gegen die Eltern war, die Folge irgendeiner Auseinandersetzung im kriminellen Milieu, in die gesetzestreue Bürger sich nicht einmischen sollten. Einige behaupteten sogar, Rikke hätte das Ganze nur erfunden, um sich interessant zu machen.«
    »Wie alt war sie bei diesem Überfall?«
    »Etwa Mitte zwanzig, glaube ich.«
    »War sie auch kriminell?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Auch wenn das viele glaubten, weil sie noch zu Hause in dieser Räuberhöhle wohnte. Aber sie hatte ein Kind, und finanziell war es sicher nicht so leicht für sie, auf eigenen Beinen zu stehen. Zu Hause wohnte sie gratis, das muss man dem alten Schuft lassen, zu seinen Kindern war er immer anständig.«
    »Wie ist sie ihm damals entkommen, bei dem Überfall?«
    »Ich glaube, sie hatte irgendwann die Chance wegzulaufen. Sie hat damals übrigens keine Sekunde daran gezweifelt, dass dieser Mann sie umbringen wollte. Er hatte ein Grab für sie ausgehoben und verhielt sich vollkommen verrückt.«
    »Und sie kannte ihn nicht?«
    »Das ist genau das Seltsame an diesem Fall und wohl auch der Grund dafür, warum so viele ihr nicht geglaubt haben. Sie hat nämlich behauptet, er habe eine Maske getragen.«
    »Eine Maske?«
    »Ja, das hat sie gesagt. Inzwischen glaube ich ihr übrigens jedes Wort. Sie hat sich hier nämlich mittlerweile einen glaubwürdigen Ruf aufgebaut. Sie wurde Buchhändlerin und arbeitet in der Gemeinde – wirklich eine ehrenhafte Mitbürgerin –, und an ihrer Geschichte hat sie die ganze Zeit über festgehalten. Die Maske hat sie wie ein Gespenst beschrieben, mit schwarzen Tüchern an den Seiten des Gesichts, wie bei so einem ägyptischen Prinzen, nur eben nicht in Weiß. Aber das können Sie sie später ja noch selbst fragen.«
    Arne Pedersen war verwirrt.
    »Lebt sie noch?«
    »Ja, aber sicher.«
    Er gab wieder ein ansteckendes Lachen von sich.
    »Sie fragen sich jetzt sicher, warum Sie dann hier sitzen und mit mir reden, doch dafür gibt es eine Erklärung. Aber warten wir damit noch, wir sind noch nicht fertig mit dem Jahr 1977 , die Sache hatte nämlich ein Nachspiel. Ein paar Wochen nach dem Überfall – Rikke war inzwischen wieder einigermaßen auf dem Damm – begann ein fremder Mann um sie herumzuschwänzeln. Damals war das hier noch ein richtiges Dorf, in dem die Leute aufeinander aufpassten, so dass das Gerücht schnell die Runde machte. Und der Mann konnte bald kaum mehr vor die Tür gehen, ohne dass ihn jemand beobachtete. Trotzdem wohnte er über ein halbes Jahr im Gasthaus, wie auch immer er das finanzieren konnte. Ein paarmal schaffte er es trotzdem, sich all den Blicken zu entziehen, und manchmal wurde er dann in Kikhavn gesichtet. Rikke war überzeugt davon, dass das der Mann war, der sie überfallen hatte, aber wegen der Maske konnte sie den Täter nicht beschreiben, so dass wir keine Handhabe hatten, einzugreifen. Natürlich galten für ihren Vater diese Regeln nicht, und irgendwann hat er ihm eine heftige Abreibung verpasst, so dass der Mann in die Ambulanz musste.«
    »Und, hat das geholfen?«
    »Nicht im Geringsten. Innerhalb kürzester Zeit lungerte der wieder hier rum. Er hat nichts Strafbares gemacht, aber trotzdem fand es niemand sonderlich angenehm, dass er hier war. Außerdem fürchteten wir, dass Rikkes Vater beim nächsten Mal noch schwereres Geschütz auffuhr, so dass wir es dann mit einem Gewaltverbrechen zu tun haben würden. Aber eines Tages war der Spuk zu Ende, und diesen Tag habe ich aus nächster Nähe miterlebt. Rikke hatte nämlich den Entschluss gefasst, sich die Haare ganz kurz schneiden zu lassen, und das hat dieser Typ wirklich nicht verkraftet. Er lief fast Amok, als er das mitbekam, stürmte in den

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