Das weisse Kaenguruh
existentiell.
»Ich habe das durchgerechnet«, sagte Billy und zog an. »Wenn ich am Material spare, dann reichen vier. Locker, echt. Ich mach einfach viel selbst. Und für den Rest, den ich nichtkann, suche ich mir einen, der das schwarz macht. Dann sind vier mehr als genug.«
»Ich glaube, da machst du dir was vor«, konterte Florian. »Meine Alten, ja, die hatten letztens einen Italiener da. Der hat bei uns das obere Bad neu gemacht. Du weißt schon, das mit den ätzenden kackbraunen Kacheln überall. Mein Vater hat am Ende dreieinhalb Steine auf den Tisch gelegt. Dreieinhalb verdammte Steine, verstehst du? Nur für ein Bad. Und der Italiener war nicht mal teuer. Teuer ist das Material. Und glaube ja nicht, wir hätten jetzt überall Marmor und goldene Wasserhähne. Alles mittlere Qualität ist das. Alles vom OBI. Nur die Wanne ist ein bißchen geil. Die ist rund und hat einen eingebauten Whirlpool.«
»Genauso eine brauche ich auch«, sagte Billy.
»Aber nicht für vier. Vergiß es.«
»Wetten?« Billy trank sein Bier mit einem großen Zug leer. »Wobei eins klar ist. Man darf natürlich nicht zu OBI gehen.«
»Und wohin dann?« wollte Florian wissen.
»Na, auf die Baustellen der Umgebung. Wohin sonst?« antwortete Billy grinsend.
Florian brauchte ein bißchen. Dabei war Billys Plan eigentlich selbsterklärend. Er war ein Anarchist mit Abitur, im Moment. Und wenn man gerade renovierte, so wie er, bediente man sich am besten auf der Baustelle. Denn gebaut wurde ja überall, wie Billy Florian erklärte. Er müsse nur mal die Augen aufmachen. »Und überhaupt … denn mal ehrlich … was ist denn schon dabei?« Diebstahl war das, okay. Das sah er natürlich ein. Aber das war nur die eine Wahrheit, behauptete er anschließend und wurde schnell grundsätzlich. Sie würden schließlich nicht beim sozialen Wohnungsbau klauen gehen, sondern nur die teuersten Paläste der reichsten Ärsche ausplündern. »Ehrenwort!« versprach er und gab seinem besten Freund noch ein weiteres Bier in die Hand und zwei Top-Argumente mit auf den Weg. »Weil den Reichen, denen machtdas gar nichts aus. Die sind so und so versichert. Außerdem ist es für einen guten Zweck, capisce?«
Florian ging kurz in sich, kratzte sich am Kopf, riß das frische Bier auf und fing dann ebenfalls an zu grinsen.
»Wir fahren also besoffen durch die Gegend und beklauen die Reichen. Brandschatzen wir auch?«
»Tun wir nicht«, sagte Billy, um danach noch ein kleines Mißverständnis aufzuklären. »Wir sind übrigens auch nicht besoffen.«
»Ach nicht? Und warum nicht?« wollte Florian wissen. »Seit wir uns kennen, sind wir besoffen.«
»Vergiß es. Beim Klauen muß man nüchtern sein. Ich fahr doch nicht hackenbreit durch die Nacht, eine geklaute Badewanne hinten drin und zwei Sack Zement, und laß mich von den Bullen ficken.«
»Aber genau deswegen müssen wir besoffen sein.«
»Weswegen?«
»Wegen den Bullen«, sagte Florian. »Dann können sie uns nämlich gar nichts mehr. Ich habe da letztens einen Bericht gesehen, da hat einer seine Frau erschossen. Mitten in den Kopf. Fünf Schüsse. Aber jetzt kommt’s. In den Knast mußte er nicht. Die haben ihn einfach freigesprochen. Wegen Unzurechnungsfähigkeit. Nur, weil er sich vorher richtig besoffen hat. Geil, was?«
Florian schaute Billy an und streckte seine Flasche zum Anstoßen nach vorne.
»Du weißt genau, daß ich nicht fahre, wenn ich was getrunken habe. Ich bin noch in der Probezeit.«
Jetzt dachte Florian kurz nach.
»Dann kiffen wir eben«, sagte er nach einer kleinen Pause. »Das machen wir eh viel zu selten.«
Billy warf einen unsicheren Blick nach links.
»Wird man da auch freigesprochen?« fragte er.
»Bestimmt.«
Bauen & Klauen.
Billy kam auf dem letzten seiner Raubzüge mit seinem besten Freund Florian fast ums Leben und in die Zeitung kamen die beiden auch. »Diebstahlserie auf Baustellen« lautete die Schlagzeile im ›Rhein-Sieg-Anzeiger‹ und die Kritik war vernichtend. Aber da war es schon lange zu spät. Die Polizei hatte nie wirklich eine Chance gehabt. Die Ermittlungen waren noch nicht einmal richtig in Gang gekommen, da waren Billy und Florian schon wieder untergetaucht. Es dauerte gerade mal zehn Tage, bis sie alles zusammengerafft hatten, was auf Billys Liste stand. Er hatte alles genau geplant. Es war das erste krumme Ding seines Lebens gewesen, und dafür lief es erstaunlich geschmeidig.
Allein die Badewanne wäre ihm um ein Haar zum Verhängnis
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