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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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oder doch ein realexistierender französischer Nebenbuhler. Und mit dem Bigbird als Geschenk tat sich auf einmal die einzigartige Möglichkeit auf, die Antworten darauf zu bekommen, ohne vielleicht noch tagelang und völlig verunsichert auf den erlösenden Anruf von ihr zu warten.
    Sein Plan sah folgende Schritte vor: Er würde am späteren Abend mit dem Bigbird nach Köln fahren, wo Annabelles Vater wohnte und wo garantiert auch seine Party stieg, denn Herr Kreuzer, so hieß er, hatte ein großes Haus auf großem Grund und feierte oft und sehr gerne bei sich daheim. Selbstverständlich würde Billy ihm dann auch gratulieren und dabei sogar eine gute Flasche Wein überreichen. Das war das Mindeste. Es war immerhin sein Sechzigster, und Billy nicht mal eingeladen. Da reichten ein warmer Händedruck und ein kekkes »Herzlichen Glückwunsch, Schwiegerpapa. Tut mir leid, daß ich es erst jetzt schaffe«, nicht aus. Herr Kreuzer war ein harter Brocken. Da durfte es schon etwas Besonderes sein. Unter 30 Mark die Flasche machte man sich da schnell zum Idioten.
    Billy würde also wahrscheinlich einen Italiener kaufen. Oder einen Südafrikaner, wenn es in Bad Münstereifel so etwas überhaupt gab. Ein Franzose schied aus aktuellem Anlaß aus. Und wenn er sich mit der Pulle unterm Arm erfolgreich auf der Feier eingeschlichen hätte, so ging sein Plan weiter, würde er sich seine immer noch geliebte Annabelle schnappen, um ihr draußen im Mondschein den Bigbird zu schenken. Ganz ruhig und entspannt. Einfach so und als Dank für all die Geduld, die sie mit ihm hatte. Und dann, das wußte er, würde sich alles offenbaren. In einem einzigen, magischen Moment. Wenn er ihr den Bigbird schenkte, würdeer die Wahrheit in ihren Augen sehen. Fingen sie an zu leuchten, war alles in Ordnung. Und wenn nicht? Darüber würde er nachdenken, wenn es soweit war.

Tag der offenen Tür.
    Der Trödler hatte schon geschlossen. »Montag bis Freitag meistens, Samstag von 10 – 12. Manchmal aber auch nicht«, stand auf dem Schild, das in der Tür hing, und Billy verfluchte die Welt, als er das las. Für einen Augenblick. Bis er bemerkte, daß zwar geschlossen war, sich aber jemand im Laden befand. In der hinteren linken Ecke in einem Lehnstuhl, neben dem eine Stehleuchte stand, saß ein alter Mann und war in eine Zeitung vertieft. Billy wunderte sich noch, daß es die ›International Herald Tribune‹ war, als er vorsichtig an die Tür klopfte.
    Der Mann bewegte sich nicht.
    Billy klopfte ein zweites Mal. Diesmal schon etwas energischer.
    Keine Reaktion.
    Dann drückte er die Klingel. Oft und kurz hintereinander.
    »Keiner da«, rief der Mann grimmig, als Billy nicht aufhören wollte, ohne von der Zeitung aufzublicken.
    »Entschuldigung, aber ich muß Sie sprechen«, rief Billy durch die Scheibe.
    »Keiner muß gesprochen werden«, rief der alte Mann zurück.
    Billy klopfte noch einmal.
    »Ich würde Sie nicht stören, wenn ich keinen Grund dazu hätte.«
    Der Mann interessierte sich immer noch nicht.
    »Es geht um den Bigbird«, rief Billy schließlich und wurde plötzlich ungemütlich laut. »Und es ist verdammt wichtig für mich, ja? Also hören Sie endlich auf, so stur zu sein, und geben mir eine Chance. Bitte.«
    Das half. Der alte Mann nahm seine Zeitung runter und schaute Billy von seinem Stuhl aus einen Moment lang intensiv an. Dann stand er auf und kam mit Filzpantoffeln an den Füßen zur Tür. Dazu trug er einen dunkelgrünen Dreiteiler aus Tweed, ein hellblaues Hemd mit Manschettenknöpfen und ein Halstuch aus roter Seide. Eine goldene Taschenuhr hatte er auch.
    »Mit diesem Ton werden Sie da draußen wohl verhungern müssen«, sagte er streng und fixierte Billys Augen.
    »Tut mir leid«, sagte Billy.
    »Sie wollen also wissen, was mein Vogel kostet, ja? Und Sie denken wahrscheinlich, Sie könnten mich mit Ihrem Interesse beeindrucken. Aber das tun Sie nicht, junger Mann. Jeder, der hier vorbeikommt, will nämlich wissen, was der Bigbird kostet. Und trotzdem steht er schon sieben Jahre hier. Ist das nicht komisch?«
    »Ich will nicht wissen, was er kostet«, sagte Billy darauf. »Ich will ihn kaufen.«
    Das überraschte den alten Mann scheinbar. Im guten Sinne. Mit einem Mal entspannten sich seine Gesichtszüge, und er war plötzlich bester Dinge.
    »Sie sind mir vielleicht einer«, lachte er los. »Warum sagen Sie das nicht gleich? Ein einziger Satz kann alles ändern, nicht wahr? Kommen Sie rein, kommen Sie rein. Ich habe schon die

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