Das weisse Kaenguruh
steht die Verräterin. Frag sie ruhig. Sie ist an allem schuld. Nur sie. Sie hat alles zerstört. Und ich Vollidiot liebe sie auch noch. Immer noch. Das ist es ja, verdammt.«
»Ganz ruhig, Billy. Es ist alles in Ordnung. Ich bin ja hier.« »Gar nichts ist in Ordnung. Es ist Krieg, Florian. Krieg. Krieg. Krieg …«
Billy schrie weiter und Florian verstand immer noch nicht, worum es eigentlich ging. Deshalb ließ er seinen besten Freund erst einmal sitzen, stand auf, nahm Annabelle bei der Hand und ging mit ihr ein paar Schritte die Straße runter.
»Würdest du mir jetzt bitte mal erklären, was hier überhaupt los ist?« fragte er sie, als sie weit genug weg waren.
»Ich wollte es nicht, okay? Ich wollte das alles nicht. Jedenfalls nicht so. Das mußt du mir glauben«, sagte Annabelle und fing leise an zu weinen.
»Er ist einfach hier aufgekreuzt. Und plötzlich ist er total abgedreht und hat angefangen, sich mit den Gästen zu prügeln …«
Dann wischte sie sich die Tränen von der Backe und erzählte Florian, was in den letzten zwei Stunden passiert war.
Bühne frei.
Billy hatte natürlich sofort kapiert, was abging, als er mit Annabelle vor dem Klo stand und dann auf einmal dieser Pierre auftauchte. Er war Anfang Mitte vierzig, sah äußerst wohl aus und trug sein roséfarbenes Hemd zum blauen Seidenanzug offen, so daß man seine beachtliche Brustbehaarung sehen konnte, in der sich ein präpotentes Goldamulett verfangenhatte, das ihm an einer – ebenfalls goldenen – Panzerkette um den Hals baumelte. Und als er seine Hand um ihre Schulter legte, kam auch noch der passende Bandring mit Rubin und zwei Brillis zum Vorschein. Er steckte am kleinen Finger seiner linken Hand, und darüber tickte eine Pasha von Cartier. Und spätestens, als Billy die braunen Wildlederslipper mit den aufgestickten Lilien an seinen Füßen sah und das Wort »Papillon« hörte, wußte er Bescheid. Die beiden hatten etwas miteinander, und dieses Etwas spielte nicht in seiner Kaste.
Die folgende Aussprache mit Annabelle brachte dann die endgültige Bestätigung. Sie gab den Vorfall zu und erklärte dabei auch gleich die Beziehung mit Billy für beendet. Sie liebe ihn eben nicht mehr, ganz einfach, und es täte ihr natürlich auch leid, daß es so gelaufen sei, aber da könne man eben nichts mehr machen, und da helfe jetzt auch kein Lamentieren mehr, denn das letzte halbe Jahr habe halt einiges verändert und sie sich schließlich auch weiterentwickelt, und das müsse er doch irgendwie und bitte verstehen.
Es war die übliche Leier, und selbst, als Billy ihr den Bigbird zeigte, wurde es nicht romantischer als beim Einkaufen im Supermarkt. Alles in allem dauerte es nur knapp fünfzehn Minuten, dann war das Thema durch und jede Hoffnung tot. Und als sie ihm zum Schluß dann auch noch sagte, daß er gerne noch dableiben könne, für die Party, und daß sie sich darüber hinaus wünschen würde, daß sie trotzdem Freunde blieben, und zwar »ganz, ganz dicke Freunde«, wußte Billy sofort, mit welchen Mitteln er seinen Schmerz bekämpfen mußte. Er brauchte Zigaretten und Alkohol. Auf der Stelle und in großen Mengen.
Sein Rückfall war bedingungslos, und er begann mit einem Besuch an der Tankstelle. Kaum war das Gespräch mit Annabelle (und damit die Beziehung) zu Ende, setzte er sich in sein Auto und brauste davon. Geschockt, mit aufgerissenem Mundund Vollgas. Für etwas anderes war ihr Vorschlag auch viel zu absurd gewesen. Als ob man nach einer solchen Aktion einfach weiterfeiern könnte. Allein schon die Idee von wegen »Laß uns Freunde bleiben«. So ein Scheißdreck, dachte sich Billy da und bog mit quietschenden Reifen um die Ecke. Er konnte es nicht fassen. Was dachte sich die blöde Schlampe eigentlich? Erst betrog sie ihn, dann machte sie mit ein paar billigen Sätzen Schluß, und zum Dank dafür sollte er auch noch so tun, als ob nichts gewesen sei.
»Freunde bleiben?« hatte er sie noch gefragt, bevor er zum Auto gegangen war. »Das ist nicht dein Ernst, oder? Scheiße, Annabelle, weißt du was? Vergiß es einfach.« Damit hatte er sie stehengelassen und war keine fünf Sekunden später auch schon weg.
Als er zur ersten Tankstelle kam, die er finden konnte, stand er immer noch unter Schock. Er fühlte sich leer und geprügelt, erniedrigt und verarscht. Sein Auftritt auf der Party war das Worst-case-Szenario gewesen, soviel stand fest, und die ursprüngliche Zuversicht, mit der er nach Köln gefahren war, hatte sich
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