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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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setzte sich aufrecht hin. Da waren Durchschläge von all seinen Anrufen, außerdem einer wegen einer Taufe, einer von einer Gemeinderatssitzung und dort, über zwei Querspalten gekritzelt, eine ausführliche Notiz, die er auf Clares Schreibtisch nicht gesehen hatte.
    Er hielt die Kladde auf Armeslänge von sich und legte den Kopf schief, um den Text entziffern zu können. Ein Treffen mit Kristen McWhorter, oben in den Bergen? Er schloss die Augen, um sich den beschriebenen Weg zu vergegenwärtigen. Irgendwo in der Nähe von Tenant oder Buck Mountain? Westlich vom Lake Lucerne. Wo immer diese Hütte lag, es war eine verteufelte Strecke für Clares Wagen. Russ brach die Nachricht irgendeiner Frau, die über ihren Sohn sprach, mittendrin ab und wählte die Nummer des Reviers. »Harlene? Sie müssen mir einen Anschluss raussuchen, den von Kristen McWhorter. Steht in jeder der beiden McWhorter-Akten.«
    Während er wartete, zog er die Striche unter dem Wort Dringend! nach. In dieses hochglanzlackierte Stück Schrott reinspringen und in die Berge fahren, ohne auch nur eine Sekunde an die Konsequenzen zu denken – das war typisch Clare. Irgendjemand musste ihr mal beibringen, erst zu denken und dann zu handeln.
    »Chief?« Harlene ratterte Kristens Telefonnummer herunter. »Kann ich sonst noch irgendwie helfen?«
    »Nein. Ich versuche, Reverend Fergusson aufzutreiben. Hier in der Kirche ist sie nicht. Wenn sie anruft, stellen Sie bitte auf jeden Fall fest, wie ich sie erreichen kann.«
    »Geht klar.«
    Er legte auf und wählte sofort Kristens Nummer. Es klingelte einmal. Zweimal. Dreimal.
    »Ja, bitte?«
    »Kristen? Hier Chief Van Alstyne.«
    »Lieber Gott. Was ist denn jetzt schon wieder? Gibt’s was Neues?«
    »Nein. Kristen, haben Sie heute Reverend Fergusson angerufen und sie gebeten, sich mit Ihnen und Ihrer Mutter in der Berghütte eines Cousins zu treffen? Irgendwo beim Tenant Mountain?«
    Sekundenlange Sprachlosigkeit. Dann: »Tut mir leid. Was? Meine Cousins hausen in Wohnwagen, Chief, nicht in Berghütten. Und ich habe seit vorgestern nicht mit Clare gesprochen. Was ist denn los?«
    Russ’ Unbehagen wurde zu eindeutiger, eisiger Angst. »Ich melde mich später noch mal.«
    »Können Sie –«
    Er ließ den Hörer auf die Gabel fallen und rieb sich die Stirn mit der Faust. Die Frage, wer Clare in die Wildnis der Adirondacks gelockt hatte, würde er hintanstellen müssen. Viel wichtiger war, was sie dort erwartete.
    Russ riss den gelben Durchschlag aus dem Heft und verließ eilig das Pfarrbüro. Während er den Motor startete und aus dem winzigen Parkplatz hinausfuhr, gab er einen Funkspruch an Harlene durch. »Zehn-fünfzig-sieben an Zehn-fünfzehn. Bitte kommen.«
    »Zehn-fünfzig-sieben, hier Zentrale. Ich höre.«
    »Harlene, ich will, dass Sie Tim und Duane rufen. Sie sollen sich um den Verkehr kümmern. Irgendjemand, der sich als Kristen McWhorter ausgab, hat Reverend Fergusson in die Berge gelockt.« Er las Harlene mit zusammengekniffenen Augen die Wegbeschreibung vor. »Ich fahre ihr hinterher. Komme jetzt ins Revier zurück, um diesen Wagen gegen meinen Pick-up zu tauschen. Der bewältigt die Straßen dort oben besser.« Er verlangsamte und bog links in die Main Street ab.
    »Soll ich Verstärkung schicken?«
    Stirnrunzelnd betrachtete Russ das Schneetreiben. »Nein. Ich fürchte, wir sind zu knapp mit Personal. Das schaffe ich schon allein. Zehn-fünfzig-sieben Ende.«
    Er hängte das Mikro ein und fuhr auf den Polizeiparkplatz. Sein Transporter stand hinten und war bereits von einer Schneedecke überzogen. Russ stellte den Motor ab, stieg aus dem Streifenwagen, öffnete den Kofferraum. Einem verschlossenen Sicherheitsbehälter entnahm er das Gewehr und eine Packung Munition. Er ließ die Patronenkammern aufspringen: alle geladen.
    Er legte Gewehr und Munition auf den Rücksitz des Pickup, bevor er startete. Mit einem ermutigenden Brüllen erwachte der Motor zum Leben und lief warm, während Russ den trockenen Pulverschnee von Fenstern und Scheinwerfern fegte. Als sich Russ ins Fahrerhaus hangelte, arbeitete bereits das Warmluftgebläse. Er warf seine Handschuhe auf das gelbe Durchschlagsblatt, legte den Rückwärtsgang ein und verließ den Parkplatz. Der Allradantrieb bewährte sich in dem festgefahrenen Schnee.
    Gemessen an den Straßenverhältnissen kam Russ zügig voran. Auf der Route 9 war starker Verkehr, wie er prophezeit hatte. Einkaufsbummler fuhren Richtung Heimat zum Abendessen; andere kamen

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