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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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hätten sich eingebuddelt, sich zugedeckt. Sich wahrscheinlich was ausgedacht, um Feuer zu machen. Mit Tannennadeln und ’nem Kaugummipapier.«
    Sie stieß einen trockenen Laut aus, irgendwas zwischen Lachen und Schluchzen. Jetzt konnte er seinen Wagen deutlich erkennen. »Los, lassen Sie sich von mir tragen.« Er hob sie auf die Arme und drückte sie stöhnend vor Anstrengung an seine Schulter. »Mein Gott, haben Sie etwa Blei in der Hose?« Sie gab das gleiche Geräusch wie vorher von sich, nur klang es diesmal mehr nach einem Lachen.
    Am Wagen angekommen, öffnete er zuerst die Beifahrertür, half Clare hinein und kletterte dann selbst hinter das Steuer. Fast hätte er das Gewehr wieder auf den Rücksitz gelegt; nach kurzer Überlegung schob er es mit der Mündung nach unten neben die Tür – griffbereit. Er startete den Motor und schaltete die Innenlampe ein. Dann kramte er hinten nach seinen zwei Reservedecken. »Okay, Clare, jetzt raus aus den nassen Sachen.«
    Sie nickte ruckartig, zog die durchnässten Handschuhe aus und ließ sie auf den Boden fallen, bekam aber den Druckknopf und den Reißverschluss an ihrem Hals nicht auf. »Meine Finger«, sagte sie.
    »Wir müssen uns zuerst Ihre Füße ansehen.« Er hob ihre eisverkrusteten Stiefeletten an und legte sie sich auf den Schoß. »Wie, zum Teufel, haben Sie die so nass gemacht?« Die Schnürsenkel waren nicht aufzukriegen. Er öffnete das Handschuhfach und zog sein Messer heraus.
    »Ich … bin durch ’nen Bach gelaufen. Der schnellste … Weg zu der Stelle, wo ich … ihm auflauern wollte.« Sie schlotterte, während er ihre Schnürsenkel durchschnitt, herunterfallen ließ und ihr mit sanften Bewegungen den Stiefel auszog. »Mir ist so … kalt …«
    Er richtete das Warmluftgebläse auf sie, das bereits mit voller Kraft arbeitete. Behutsam schälte er ihr die Socken von den Füßen und zog die Luft ein, als er die weißlichen Flecken auf der blau verfärbten Haut sah. Mein Gott. Wie konnte sie in diesem Zustand noch durch den Wald laufen? Das Fleisch fühlte sich unter seinen Händen wie schwerer, kalter Ton an. »Oh, Clare«, sagte er.
    »Ist es schlimm?« Er sah sie an. »Sagen Sie mir die Wahrheit, Russ.«
    »Anscheinend sind es keine Erfrierungen, aber wir werden Ihre Füße in kühlem Wasser einweichen und sie langsam auf Körpertemperatur bringen müssen. Los jetzt, runter mit den Hosen da.« Er probierte es vorsichtig, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr den steifen, nassen Drillich von den Beinen zu zerren. Sie schnappte bei jedem Ruck nach Luft. »Tut mir leid, tut mir echt leid, Clare.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, geht schon. Es brennt. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder?«
    »Ja. Das bedeutet, dass das Blut wieder zirkuliert.« Die Haut ihrer Beine war erschreckend kalt und blass, aber auch dort gab es keine Anzeichen für Erfrierungen. Er hüllte Clare von den Füßen bis zur Taille in eine seiner Wolldecken ein. »Es wird höllisch wehtun, wenn die Durchblutung wieder in Gang kommt. So wie bei ’nem eingeschlafenen Bein, nur viel, viel schlimmer.« Ihre Beine weiterhin auf seinem Schoß, machte er sich an Knöpfen und Reißverschluss von Clares Parka zu schaffen. Ihr Rollkragenpulli darunter war trocken. Er legte ihr die zweite Decke um den Oberkörper und rieb ihre Hände zwischen den seinen warm. »Wie fühlen die sich an?«
    »Kalt. So wie der Rest von mir.«
    »Können Sie das hier spüren?« Er strich mit seinen Fingerspitzen leicht über die Innenseite ihrer Hand.
    Sie sah ihn an. Ihre Augen waren groß und dunkel, und ihre Finger krümmten sich. »Ja«, flüsterte sie. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber wieder. Sie hob ihre freie Hand, als wollte sie seine Wange streicheln, ließ sie dann jedoch sinken. »Ich bin so froh, dass Sie da sind«, sagte Clare. Sie blinzelte die Tränen in ihren Augen weg. »Ich war so blöd gestern Abend. Tut mir leid. Sie hatten Recht – Recht mit allem.«
    Er senkte seinen Blick auf ihre Hand, legte die andere Hand dazu und begann, beide energisch zu reiben. »Kann sein. Aber ich hätte nicht so ein dickköpfiges Arschloch sein sollen.« Er lächelte sie an. »Und ich hatte nicht in allem Recht. Die ballistische Untersuchung der Waffe war negativ. Wir warten immer noch auf die Ergebnisse der Haar-und Faserproben aus den beiden Wagen.« Er betrachtete Clares außergewöhnliches Gesicht. Es war von tiefen Kratzern durchzogen, von Schnee und Kälte aufgerissen

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