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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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… ich hab noch nie an ’nem Mordfall gearbeitet.«
    »An einem Mordfall?« Clare schaute zum Wasser hinab. »Dann wurde sie also getötet?«
    »Sieht so aus«, erwiderte Russ.
    Clare berührte ihn am Arm: dicker Handschuh auf dickem Parka. »Irgendwelche eindeutigen Hinweise auf den Fahrer des Autos?«, fragte sie.
    Russ schüttelte den Kopf. »Null. Möglich, dass er die Leiche die Böschung runtergeworfen hat, damit sie im Kill landen und vielleicht für ein Weilchen verschwinden würde. Oder er geriet mit dem Mädchen in Streit, während sie beide hier standen, er haut ihr eine rein, sie fällt die Böschung hinunter, und er bekommt Panik und flieht.«
    Clare schüttelte den Kopf. »Lieber Gott.« Sie zitterte. »Stellen Sie sich vor, dort unten zu liegen, außerstande, sich zu rühren oder sich selbst zu helfen, und zusehen zu müssen, wie die Scheinwerfer verschwinden …«
    »Schluss damit. Denken Sie nicht zu viel darüber nach«, unterbrach Russ. »Bis zum Bericht des Leichenbeschauers wissen wir gar nichts. Fangen Sie nicht mit Vermutungen an, sonst machen Sie sich nur selbst verrückt.«
    Sie blickte zu ihm auf. »Sprechen Sie da aus Erfahrung?«
    »Ich spreche aus Erfahrung«, bestätigte er. Sie starrten beide in die Dunkelheit des Flussufers. Unmöglich, von hier aus zu bestimmen, was Felsen, was Schatten und was Wasser war. »Da ist noch etwas«, sagte Russ.
    »Was?«
    »Ich denke, dieser Mord könnte in Zusammenhang mit dem Baby stehen, das Sie gefunden haben.«
    »Wie! Weshalb, um Himmels willen, kommen Sie –«
    »Weil ich hier zwei ungewöhnliche, unerklärliche Ereignisse kurz hintereinander habe. Ein Mädchen setzt ein Baby aus. Jetzt entdecken wir eine Mädchenleiche. Wir sind nicht in New York City, wo man Neugeborene in Mülltonnen steckt und jede Woche zwei unbekannte Mädchenleichen auftauchen. Das hier ist meine kleine Stadt. So was passiert hier nicht.« Clare warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. Er breitete tief frustriert seine Arme aus. »Ich meine, natürlich kommt so was vor – ist ja offensichtlich –, aber, verdammt noch mal, ich krieg dabei ’ne Gänsehaut. Und mein Gehirn gibt mir zu verstehen, dass ich die Augen offen halten soll.«
    Von weiter oben rief jemand: »Hallo.« Ein Beamter der State Trooper, eingepackt bis zu den Ohren und mit dem charakteristischen Hut über einer Sturmhaube, stand oben am Weg. Er hatte eine schwere Kiste bei sich. »Chief Van Alstyne?«
    »Ja, hier«, rief Russ zurück. »Kevin, geh hoch und hilf.« Flynn sprang behende hinauf und half, die Kiste den Abhang herabzutragen. Beim Chief angekommen, setzten die beiden Männer ihre Last ab, auf der mit Schablonenschrift »Spurensicherung NYSP« stand, und der Beamte der State Trooper zog einen Handschuh aus, um Russ zu begrüßen.
    »Sergeant Hayes«, stellte er sich vor. »Womit kann ich Ihnen helfen, Chief?«
    »Hauptsächlich brauchen wir Fotos, von hier, wo die Reifenspuren enden« – sorgfältig in seine alten Stiefelabdrücke tretend, führte Russ den Techniker zu der betreffenden Stelle – »und hier, wo sie hingefallen ist oder gekämpft hat, und von dem Hang …« Er deutete die Böschung hinab, wo die Leiche lag. Hayes nickte. »Dann ziehen wir sie so schnell wie möglich an Land, damit diese Jungs dort sie ins Leichenschauhaus bringen können und unser Doktor sich das Ganze mal ansieht.«
    Hayes öffnete die Zubehörkiste und begann, Lampen und Kamerateile herauszukramen. Russ zog Clare beiseite. »Nehmen Sie meine Schlüssel und gehen Sie zum Wagen zurück«, sagte er. »Wenigstens einer von uns muss nicht frieren. Ich würde Sie auch von Kevin heimfahren lassen, aber vielleicht brauche ich ihn hier …«
    Clare schüttelte den Kopf. »Ich bleibe lieber. Zumindest, bis Sie das Mädchen raufbringen. Ich werde sie zum Rettungswagen begleiten.«
    »Das ist wirklich nicht nötig.«
    »Ich weiß, dass Sie es nicht für nötig halten. Aber ich.«
    Er betrachtete Clare einen nachdenklichen Moment lang. Der rötliche Schein der Leuchtkerzen, der quer über ihr Gesicht fiel, glich dem Farbenspiel eines Sonnenuntergangs.
    Russ lächelte schwach. »Ich glaube, mir gefällt Ihre Art zu arbeiten, Reverend.« Clare zuckte mit den Schultern und sah weg, weil ihr besondere Anerkennung peinlich war, wenn sie nur das Richtige tat. »Na schön«, sagte er. »Halten Sie sich ein bisschen im Hintergrund und passen Sie auf, dass Ihre Füße nicht erfrieren.«

    Als Sergeant Hayes schließlich sämtliche

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